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Newsroom – Attila Albert

KI frisst Verlage: Das düstere Szenario des „Atlantic“

KI frisst Verlage: Das düstere Szenario des „Atlantic“ Übersicht mit KI: Neue Funktion in der Google-Suche (Foto: Google)

Droht Verlagen das totale Aus durch KI? Ein Essay im „Atlantic“ zeichnet ein düsteres Szenario, wie Google und Chatbots den Medien unbemerkt den Traffic abgraben – und was das für ihre Zukunft bedeutet.

München – Eine ernüchternde Prognose zur Zukunft klassischer Verlage stellt das US-Magazin „The Atlantic“ in einem ausführlichen Essay. Unter der Überschrift „Das Ende des Publishings, wie wir es kennen“ diagnostiziert es einen (erneuten) Frontalangriff des Silicon Valley auf die Medien und fasst die wichtigsten Konsequenzen des KI-Booms zusammen.

 

So hätten die KI-Zusammenfassungen in der Google-Suche bereits jetzt, das heißt vor dem vollständigen Rollout, laut Erhebungen zu mehr als 34 Prozent Traffic-Verlust geführt. Die KI würde sich dabei auch an News hinter der Paywall bedienen, um Anfragen möglichst aktuell zu beantworten, und den Stil von Autoren imitieren. Jeder vierte Nutzer in den USA würde bereits die automatisch formulierten Antworten von KI-Chatbots – basierend auf den Inhalten anderer – statt der klassischen Internetsuche bevorzugt verwenden.

 

Links in KI-Zusammenfassungen werden laut „The Atlantic“ kaum geklickt; dieser Traffic sei anfangs bereits minimal gewesen und inzwischen sogar rückläufig. Das weist darauf hin, dass den KI-Zusammenfassungen ein hohes Vertrauen entgegengebracht wird und sie mehrheitlich als ausreichend betrachtet werden. Für die Verlage bedeute das, dass sie sich auf ein Szenario vorbereiten müssten, in dem über Suchmaschinen gar kein Traffic mehr kommt – und über soziale Medien nur noch, wenn dafür bezahlt wird.

 

Auch Mediengründungen des Internetzeitalters, optimiert auf Online-Reichweite, müssten nun feststellen, dass sie aus der Zeit gefallen sind. „The Atlantic“ nennt den „Business Insider“ als ein Beispiel und bringt kürzliche Entlassungen mit dem Traffic-Verlust durch KI-Chatbots in Verbindung. Buchverlage, vor allem für Sach- und Lehrbücher, müssten ebenso einen wesentlichen Umsatzverlust durch KI-Zusammenfassungen befürchten. Die (in den USA mindestens 72) Lizenzverträge mit KI-Anbietern seien aufgrund der begrenzten Verhandlungsmacht der Verlage wenig lukrativ. So würden für die KI-Nutzung eines Sachbuchs umgerechnet nur wenige hundert Euro bezahlt, und wer das ablehne, müsse erleben, dass es dann eben ohne Lizenzvertrag genutzt werde.

 

Das Magazin berichtet von mindestens zwölf Klagen von 20 Verlagen gegen KI-Anbieter. Aber Rechtsmittel seien wenig effektiv, wie die Vergangenheit gezeigt habe, und eventuell erst zu spät wirksam. „Die Welt verändert sich rasant, vielleicht sogar unwiderruflich. Die Institutionen, die die freie Presse unseres Landes bilden, kämpfen um ihr Überleben“, lautet das Fazit des Atlantic. Teilen der klassischen Medien werde durch KI das finanziell sowieso immer bescheidene Online-Geschäftsmodell entzogen. Die Anbieter der KI-Anwendungen würden das teilnahmslos betrachten, einige hielten die klassischen Medien ohnehin für überlebt. General-Interest- und Reichweitenmodelle seien damit eventuell nicht mehr zukunftsfähig, während inhaltliche Spezialisten mit Abo-Modellen profitieren könnten.