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Medien für Millennials − Die Jungen lesen mobil Von Andreas Heimann, dpa

Die Jungen lesen anders. Sie greifen seltener zur Zeitung und legen dafür das Smartphone kaum aus der Hand. Über alle möglichen Themen informieren sie sich mobil. Was heißt das für die Medien?

Berlin (dpa) − Ihre Stars sind auf YouTube. Sie haben schon lange keinen Brief mehr geschrieben. Und morgens greifen Millennials nicht mehr automatisch zur Zeitung − sondern zum Smartphone. Für viele Medien wird diese junge Zielgruppe immer interessanter. „Was wollen die Millennials − und wo informieren sie sich?“, lautete entsprechend die zentrale Frage bei einer Konferenz zu diesem Thema, zu der am Dienstag der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in Berlin eingeladen hatte. 

 

Die Zielgruppe rückt in den Fokus, wie die vom BDZV in Auftrag gegebene Studie „Trends der Zeitungsbranche 2016“ zeigt: 70 Prozent der Verlage gaben darin an, die Einführung neuer Jugendprodukte zu planen. Aber wer sind „die Jüngeren“? „Alle reden darüber, jeder nennt sie anders“, sagte BDZV-Sprecherin Anja Pasquay. Die Bezeichnung Millennials hat sich inzwischen etabliert. „Gemeint sind die Digital Natives, die heute 15 bis 35 Jahre alt sind.“

„In ihrer Mediensozialisation unterscheiden sich die Millennials gravierend von denen, die 20 Jahre älter sind“, sagte Leif Kramp, Medienwissenschaftler an der Universität Bremen. „Traditionelle Medien wie Fernsehen oder Zeitung verlieren für sie an Bedeutung zugunsten digitaler Medienangebote. Und vor allem soziale Medien spielen für sie eine große Rolle.“ Gerade bei den jüngeren Millennials sei „Messaging“ ein wichtiges Thema, das Kommunizieren über Dienste wie WhatsApp.

„Die direkte Kommunikation in Gruppen hat für sie einen enormen Stellenwert“, sagte Kramp. Und gerade für die Jüngeren seien sämtliche Formen bewegter Bilder im Netz faszinierend. Für manche von ihnen sei YouTube-Star LeFloid eine ähnliche Bezugsperson wie für Ältere der frühere „Tagesthemen“-Moderator Hanns Joachim Friedrichs.

Für den Journalismus sieht Kramp durchaus Chancen: „Es wird noch lange Zeitungen geben“, sagte er. Hinzu kommen viele andere Wege, Leser und User zu erreichen. „Es gab nie ein größeres journalistisches Publikum als heute.“

Darauf setzt beispielsweise Gerold Riedmann, Chefredakteur der „Vorarlberger Nachrichten“ in Österreich. Sein Verlag hat mit „Vol.at“ ein Nachrichtenportal entwickelt, das bei der Zielgruppe ausgesprochen beliebt ist: „Die Hälfte unserer Nutzer sind Millennials“, sagte er. Riedmann setzt erfolgreich auf Social Media und auf bewegte Bilder − ein Voting über die eingereichten Videos von Abiturklassen zum Beispiel wurde zum Klickrenner.

In Deutschland ist allein seit dem Sommer eine Reihe neuer Projekte gestartet, oft Ableger etablierter Medien oder Nachrichtenportale. Dazu gehörten etwa „Orange“ vom „Handelsblatt“, „Byou“ von „bild.de“, „Bnow“ von „bunte.de“, „bento“ von „Spiegel online“ oder „ze.tt“ von „Zeit online“, zählte Leif Kramp auf. „Die Zahl ist selbst im internationalen Vergleich erstaunlich.“

Sebastian Horn (31) ist „ze.tt“-Redaktionsleiter. Die Zielgruppe, die er vor Augen hat, ist „zwischen Schulabschluss und erstem Jobwechsel“. Was interessiert die? „Wir haben uns Leute vorgestellt, die zusammen in einer WG leben“, sagte Horn. Und alle Themen, die da für Gesprächsstoff sorgen, kommen auch für „ze.tt“ infrage: „Nachhaltigkeit, Vegetarismus, wie komme ich mit Stress im Alltag klar, wie verbringe ich meine Freizeit?“

Dass die Jüngeren an Politik kein Interesse hätten, glaubt er nicht: „Wir widmen uns auch den großen Debatten und haben etwa zum Flüchtlingsthema viel gemacht.“ Aber eben nicht die geopolitischen Analysen, sondern zum Beispiel einen Bericht darüber, was man tun kann, um Flüchtlingen zu helfen. „Das ist eine Generation, die etwas verändern will“, sagte Horn.

Ein wichtiger Unterschied zwischen „ze.tt“ und etablierten Medien: „Wir betrachten unsere Facebookseite als unsere zweite Homepage. Und wir sind gestartet, um unser Publikum über soziale Medien und mobile Geräte zu erreichen.“ Inzwischen kommen auch bei „ze.tt“ mehr als 50 Prozent der Nutzer über Social Media auf die Seite. „Und wir wollen Geschichten so erzählen, dass Menschen sie in ihrer WhatsApp-Gruppe teilen“, sagte Horn.

Ein ganz zentraler Punkt, betonte Anne Jacobsen, Medienwissenschaftlerin aus dem norwegischen Bergen: „Sharing ist super wichtig für Millennials. Es ist für viele von ihnen so, als ob etwas nicht passiert wäre, wenn sie es nicht auf Facebook oder Twitter posten.“ Letztlich seien für den Erfolg aber nicht die Plattformen entscheidend, sondern die Inhalte. „Es ist die Geschichte, die zählt“, sagte Jacobsen. Das sieht auch Anja Pasquay so: «Eine gute Story ist eine gute Story − egal, ob digital oder im Print.»