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Früherer Kieler Oberbürgermeister Otto Kelling: "Susanne Gaschke muss gehen"

Erstmals äußert sich der frühere Kieler Oberbürgermeister Otto Kelling zum Steuer-Deal in Kiel. Im Mittelpunkt dort: die frühere "Zeit"-Redakteurin Susanne Gaschke, seit knapp einem Jahr Oberbürgermeisterin in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt.

Kiel - Profiliert als das kritischste Blatt in der gesamten Diskussion um eine Steuererleichterung des Kieler Augenarztes Prof. Detlef Uthoff (statt 7,8 Millionen Euro soll er nun noch 4,1 Millionen Euro bezahlen) haben sich die Redakteure der "Kieler Nachrichten".

Ein Lehrstück für die Lehrbücher, Lokaljournalismus, wie er sein muss - zupackend, direkt und ohne falsche Zurückhaltung.

 

Blick auf das Kieler Rathaus. Foto: Landeshauptstadt Kiel / Sven Meier

 

Doch kann man nur erahnen, wie schwierig es der Redaktion der "KN" gefallen sein muss, in den vergangenen Wochen immer wieder kritisch zu berichten. Susanne Gaschke ist ein journalistisches Eigengewächs der "Kieler Nachrichten", sie hat dort volontiert, kennt die Kollegen vor Ort.

Nur, so heißt es aus der Redaktion, habe sich Gaschke in der Annahme vertan, dass die Redaktion ihre kritische Distanz zur Politik aufgibt, weil sie jetzt im Rathaus die Fäden in der Hand hält.

Aber Gaschke sei jetzt nun einmal Politikerin und nicht mehr Kollegin, sie sitze auf der anderen Seite des Tisches.

Lesen Sie hier die gesamten Hintergründe zu dem Kieler Steuer-Deal bei den Kieler Nachrichten

Noch setzen die Kieler Politiker darauf, dass Susanne Gaschke sich ein Abwahlverfahren erspart, ihre Fehler einsieht und diese Woche zurücktritt.

Das empfiehlt ihr auch Otto Kelling. Der frühere Oberbürgermeister Kiels ist in den 1990er Jahren an internen SPD-Querelen in Kiel gescheitert.

Kelling, der heute als Unternehmer erfolgreich arbeitet, äußert sich nur selten zu Vorgängen im hohen Norden: "Ich trauere der Zeit in Kiel keineswegs nach, im Gegenteil: ich bin heilfroh einer Hölle von Intrigen und Verrat heil entkommen zu sein."

Otto Kelling kann sich noch gut an die Demütigungen in den Berichten erinnern, die "kaltherzig und teuflisch" gewesen seien, an die Kritik aus den eigenen Reihen, an die Durchstechereien an die Medien, um seine Arbeit zu diskreditieren.

Die aktuelle Affäre in Kiel verfolge er mit Interesse. Für Susanne Gaschke, die den Wechsel von der "Zeit" in die Verwaltungsspitze einer Großstadt, ihrer Heimat, wagte, und schon nach einem Jahr scheiterte, gebe es nur eine Lösung: "Sie muss zurücktreten", so Otto Kelling.

Während von "Lübecker Nachrichten", "Rheinische Post", "Welt", "taz", "FAZ", "Bild" bis zum "Spiegel" der Kieler Steuer-Deal immer wieder kritisch betrachtet wird und der Rücktritt von Susanne Gaschke als unvermeidlich beschrieben wird, hält sich "Die Zeit" mit solchen Urteilen zurück.

Am Montag möchte Susanne Gaschke nach einem Bandscheibenvorfall wieder ins Kieler Rathaus zurückkehren. In der kommende Woche will die profilierte Journalistin, deren Wechsel in die Politik als gescheitert beurteilt werden kann, erklären, ob sie weiterhin Erste Bürgerin Kiels bleiben möchte.

Oder zurücktritt.

Bülend Ürük