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Offener Brief: "Warum Google nicht so objektiv ist, wie es scheint"

In einem Offenen Brief, der in zahlreichen Tageszeitungen in Europa derzeit veröffentlicht wird, kämpfen die Medien gegen die Übermacht von Google.

Salzburg - Newsroom.de dokumentiert den Brief hier in voller Länge.

Die Suche im Netz ist längst unverzichtbarer Teil des täglichen Lebens. Verbraucher suchen online nach Flügen und den Abfahrtszeiten von Zügen, nach Kinoprogrammen, Nachrichten, Filmen und Musik, nach dem besten Preis für eine Fotokamera, nach Stellenangeboten, Wohnungen, Urlaubszielen oder Versicherungsverträgen – kurz: nach allem und jedem.

 


"Warum Google nicht so objektiv ist, wie es scheint": In einem Offenen Brief, der in zahlreichen europäischen Medien erscheint, wehren sich Europas Medien und machen Druck auf die Politik.

 

• „Googeln“ wird mittlerweile als Synonym für „suchen“ verwendet. Jede Sekunde verarbeitet Google durchschnittlich mehr als 40.000 Suchanfragen, das sind täglich etwa 3,5 Milliarden Suchanfragen und 1,2 Billionen pro Jahr weltweit. Eine beeindruckende Leistung, die Google den Nutzern zur Verfügung stellt. Doch welche Auswirkungen hat diese Leistung auf die indexierten Webseiten konkurrierender Unternehmen, auf die europäischen Verbraucher und die Gesellschaft als solche?

• Google ist das Tor zum Internet. Es ist daher von grundlegender Bedeutung, dass den Internetnutzern die relevantesten Ergebnisse ihrer Suchanfragen angezeigt werden – und dass diese Ergebnisse auf einem Auswahlmechanismus beruhen, der für alle Webseiten gleichermaßen gilt, auch für Googles eigene Angebote. Das ist jedoch nicht der Fall: Googles Suchergebnisse sind nicht das Resultat eines „neutralen“ Auswahlmechanismus. Google listet seine eigenen Ergebnisse ganz nach oben, obwohl sie längst nicht immer zu den relevantesten Antworten auf die Suchanfrage gehören. Dieses Vorgehen schadet dem Verbraucher.

• Die Internet-Suche bei Google ist mit einem massiven Interessenskonflikt des Unternehmens verbunden: Mit einem Marktanteil von über 90 Prozent in den EU- Mitgliedstaaten betreibt Google die Suchmaschine als Quasi-Monopolist. Gleichzeitig dringt Google in neue Geschäftsfelder vor und erstreckt das Angebot auf ein multimediales Inhalteportal, Preisvergleichsseiten, Landkarten und weitere kommerzielle Dienste in benachbarten Märkten. Hier steht Google in direkter Konkurrenz zu zahlreichen innovativen Unternehmen, die unter anderen von den Unterzeichnern vertreten werden. Die Folge: Google bevorzugt systematisch die eigenen Angebote in den Suchergebnissen – so werden Verbrauchern die relevantesten Ergebnisse vorenthalten und Wettbewerber benachteiligt.

• Seit 2010 haben sich Beschwerdeführer aus vielen EU-Mitgliedstaaten mit ihren Bedenken offiziell an die Europäische Kommission gewandt. Zu ihnen gehören die Verbände der spanischen und deutschen Verleger (AEDE, VDZ und BDZV), Unternehmen aller Art und Größe innerhalb der Europäischen Union sowie der Europäische Verbraucherverband (BEUC), der die Interessen von Millionen europäischer Verbraucher vertritt.

• In den vergangenen vier Jahren hat sich die Europäische Kommission mit dem komplexen Sachverhalt befasst und Ermittlungen eingeleitet. Als Reaktion hat Google der Kommission Verpflichtungszusagen angeboten, um das Verfahren zu beenden. Keine dieser Zusagen würde die Wettbewerbsbedenken ausräumen. In vielerlei Hinsicht würden sie Googles Marktdominanz sogar verfestigen und den Wettbewerb noch weiter verzerren. Nationale Akteure und Europäische Institutionen müssen entscheiden, wie sie mit diesem wichtigen Thema umgehen. Was muss getan werden und wie sollte die Politik reagieren?

• Wir appellieren an die Mitglieder der nationalen Parlamente, des Europäischen Parlaments, der Regierungen der Mitgliedstaaten sowie an den Präsidenten und die Mitglieder der Europäischen Kommission: Nehmen Sie sich Zeit, um die Bedenken der europäischen Verbraucherorganisationen und Unternehmen in Bezug auf die von Google vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen zu prüfen.

Beenden Sie die Bevorzugung eigener kommerzieller Produkte und Dienste durch den Quasi-Monopolisten. Nehmen Sie den vorgeschlagenen Vergleich nicht an. Es geht um den Schutz von Innovation und fairem Wettbewerb zugunsten der europäischen Verbraucher und Unternehmer. Wir regen eine öffentliche Debatte über Transparenz und Fairness im Internet an.

Francine Cunningham

ENPA Executive Director

Max von Abendroth

EMMA Executive Director

Thierry Orsoni

Secrétaire Général OIP