Politik
Bülend Ürük, Chefredakteur Oberauer Verlag

Was kosten die Social-Media-Kanäle der Bundesregierung?

Was kosten die Social-Media-Kanäle der Bundesregierung? Der Twitter-Auftritt von Regierungssprecher Steffen Seibert

Auf verschiedenen Social-Media-Kanälen informiert die Bundesregierung über ihre Arbeit. Ein eigenes Social-Media-Team im Bundespressamt betreut mehrere Accounts, unter anderem auf Facebook, Youtube, Twitter, Instagram und Flickr. Jetzt wollen die Bündnisgrünen im Bundestag unter anderem wissen, was die Bundesregierung für ihre Social Media Kanäle denn so zahlt. Von Bülend Ürük.

Grundsätzlich, machen die Abgeordneten Konstantin von Notz, Tabea Rößner, Renate Künast, Franziska Brantner, Nicole Maisch, Claudia Roth (Augsburg), Katja Dörner, Ulle Schauws, Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Katja Keul, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Hans-Christian Ströbele sowie die Grünen-Fraktion in ihrer Kleinen Anfrage deutlich, stehe die "Legitimation und Legitimität von Öffentlichkeitsarbeit der Exekutive" außer Frage. Auch sei zu begrüßen, wenn "staatliche Stellen die vielfältigen Chancen von Digitalisierung und Neuen Medien hinsichtlich eines verstärkten Austauschs mit den Bürgerinnen und Bürgern nutzen." Hierauf habe unter anderem auch die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Internet und digitale Gesellschaft" der 17. Wahlperiode wiederholt aufmerksam gemacht. Jedoch dürfe die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung keinen übermäßigen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung nehmen. Daher würden sich verschiedene Fragen bezüglich der Aktivitäten der Bundesregierung in den Sozialen Medien stellen.

 

Newsroom.de dokumentiert die Fragen der Grünen-Fraktion:


1. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten im Social Media Team des Bundespresseamtes insgesamt?


2. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten in Social Media Teams der einzelnen Bundesministerien (bitte nach Ministerien aufschlüsseln), und wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Bundesministerien in das Bundespresseamt abgeordnet?


3. Wurde das Social Media Team des Bundespresseamtes gänzlich neu gegründet, oder wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Arbeitseinheiten zusammengezogen?


4. Sind diese Stellen ausschließlich im Bundespresseamt angesiedelt, und gibt es darüber hinaus weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, beispielsweise im Bundeskanzleramt?


5. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten im Social Media Team der Bundesregierung


a) für die Einrichtung und Betreuung des Facebook-Accounts der Bundesregierung,


b) für die Einrichtung und Betreuung des Youtube-Accounts der Bundesregierung,


c) für die Einrichtung und Betreuung des Flickr-Accounts der Bundesregierung,


d) für die Einrichtung und Betreuung des Instagram-Accounts der Bundesregierung,


e) für die Einrichtung und Betreuung des Twitter-Accounts von Regierungssprecher Steffen Seibert,


f) für die Einrichtung und Betreuung des Twitter-Kanals der deutschen G7-Präsidentschaft?


6. Nach welchen Kriterien der beruflichen Qualifikation wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Social Media Teams des Bundespresseamts ausgewählt, und in welchem Angestelltenverhältnis sind sie beschäftigt?


7. Wird der Twitter-Account von Regierungssprecher Seibert ausschließlich von ihm selbst betreut? Falls nein, wie viele Personen betreuen den Account zusätzlich, und auf welche Weise werden die von ihnen geposteten Beiträge kenntlich gemacht?


8. Wie hoch ist das Budget für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung insgesamt?


9. Wie hoch ist das Budget für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung auf Social Media Kanälen?


10. Wurde im Vorfeld der Einrichtung des Social Media Teams des Bundespresseamtes eine Social Media Strategie entworfen? Wenn ja, durch wen, und zu welchen exakten Kosten?


11. Welche Kosten sind bislang für die Erstellung und Betreuung der Social Media Kanäle der Bundesregierung insgesamt angefallen?


12. Welche Kosten sind bislang


a) für die Einrichtung und Betreuung des Facebook-Accounts der Bundesregierung,


b) für die Einrichtung und Betreuung des Youtube-Accounts der Bundesregierung,


c) für die Einrichtung und Betreuung des Flickr-Accounts der Bundesregierung,


d) für die Einrichtung und Betreuung des Instagram-Accounts der Bundesregierung,


e) für die Einrichtung und Betreuung des Twitter-Accounts von Regierungssprecher Steffen Seibert,

 

f) für die Einrichtung und Betreuung des Twitter-Kanals der deutschen G7-Präsidentschaft angefallen?

 

13. Gibt es eine bestimmte Zielgruppe, an die sich die Social Media Aktivitäten der Bundesregierung insbesondere richtet, beispielsweise Kinder oder Jugendliche oder junge Erwachsene einer bestimmten Altersklasse?


14. Wird die Social Media Strategie der Bundesregierung regelmäßig aktualisiert? Falls ja, in welchen Intervallen, und durch wen?


15. Welche internen Kriterien gibt es darüber, welche Angebote der sozialen Medien durch die Bundesregierung bedient werden und welche nicht? Gibt es hierzu eine regelmäßige Evaluation, und wenn nein, warum nicht?


16. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die Frage verfassungsrechtlich umstritten ist, ob das Internet (zumindest bezüglich bestimmter Kriterien wie der Regelmäßigkeit des Angebots, den Adressatenkreis etc.) als Rundfunk im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) einzuordnen ist, und wie bewertet die Bundesregierung einen möglichen Konflikt ihrer Online-Aktivität mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Staatsferne des Rundfunks, beispielsweise bei nachrichtlich gehaltenen Beiträgen des Regierungssprechers über die Reisen von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel?


17. Hat die Bundesregierung bezüglich ihrer unterschiedlichen Aktivitäten in den Sozialen Netzwerken juristisch prüfen lassen, ob das Betreiben entsprechender Angebote verfassungsrechtlichen Vorgaben und Grundsätzen der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit der Exekutive, vor allem vor dem Hintergrund regelmäßiger inhaltlicher Bewertungen eigener politischer Handlungen, entspricht? Falls ja, was war das Ergebnis dieser Überprüfung? Falls nein, warum nicht?


18. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Schwelle einer zu staatsnahen Berichterstattung auf den Social Media Kanälen der Bundesregierung nicht überschritten wird, vor allem hinsichtlich der regelmäßigen inhaltlichen Bewertungen eigener politischer Handlungen? Findet eine diesbezügliche, regelmäßige Evaluierung statt? Falls ja, durch wen? Falls nein, warum nicht?


19. Wieviele Posts werden im Namen der Bundesregierung durchschnittlich monatlich gepostet (bitte aufgeschlüsselt nach einzelnen Kanälen)?


20. Wie hat sich die Zahl der "Follower" der Bundesregierung seit Start der einzelnen Kanäle entwickelt (bitte Angaben zu Nutzerzahlen bei Start und heute, aufgeschlüsselt nach einzelnen Kanälen)?


21. Welche Einnahmen hat die Bundesregierung durch ihre Präsenz in den Sozialen Netzwerken bisher generiert, und was geschieht mit diesen Einnahmen?


22. Welche Bundesministerien betreiben nach Kenntnis der Bundesregierung eigene Social Media Accounts (bitte aufgeschlüsselt nach Ministerien und einzelnen Social Media Kanälen)?


23. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in den Bundesministerien und in den nachgeordneten Behörden für die Sozialen Medien zuständig?


24. Erfolgen im Vorfeld eines Postings im Namen der Bundesregierung Abstimmungen zwischen verschiedenen Ministerien? Falls ja, wie sieht das Prozedere konkret aus?


25. Inwieweit fließen Ergebnisse von Meinungsumfragen in die Arbeit des Social Media Teams des Bundespresseamtes ein?


26. Kommt es vor, dass Inhalte von anderen Personen als den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundespresseamtes erstellt und im Namen der Bundesregierung gepostet werden? Falls ja, von wem? 


27. Ist es Mitarbeitern des Social Media Teams erlaubt, eigenständig Postings im Namen der Bundesregierung zu tätigen, oder gilt beispielsweise ein "Vier-Augen-Prinzip"?


28. Nach welchen Kriterien werden die Social Media Kanäle, insbesondere der Facebook-Auftritt der Bundesregierung, moderiert?


29. Wer hat die „Netiquette" auf der Facebook-Seite der Bundesregierung verfasst?


30. Wer nimmt nach welchen Kriterien die Bewertung vor, ob es sich bei auf den Seiten der Bundesregierung geposteten Inhalten um


a) "gewaltverherrlichende, diskriminierende, rassistische, fremdenfeindliche, sexistische, menschenverachtende oder verfassungsfeindliche Beiträge",

 

b) "Beleidigungen oder solche Inhalte, die Persönlichkeitsrechte, Rechte Dritter oder Urheberrechte verletzen",


c) "Spam und Werbung" handelt, und durch wen werden diese Inhalte ggf. gelöscht?


31. Wer nimmt vor dem Hintergrund, dass sich die Bundesregierung das Recht vorbehält, "Äußerungen und Beiträge, die gegen geltendes Recht verstoßen, zu löschen", diese Prüfung und ggf. anschließende Löschungen vor? Gibt es hierfür ein standardisiertes Prozedere? Falls ja, wie sieht dieses aus?


32. Werden Inhalte, bei denen nach Prüfung angenommen wird, dass sie Straftatbestände erfüllen, vor Löschung an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet? Falls ja, wie häufig kam dies bis heute vor, und in wie vielen Fällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet? Falls nein, warum nicht?


33. Wie viele Kommentare wurde bislang aus welchem Grund gelöscht (bitte Aufschlüsselung), und findet eine Evaluierung bezüglich gelöschter Inhalte statt?


34. Gibt es eine Instanz, die Beschwerden gegen vorgenommene Löschungen überprüft? Falls ja, welche? Falls nein, warum nicht?


35. Wie begründet die Bundesregierung, dass nach Information der Fragesteller englische Kommentare durch die Moderatoren zugelassen, Kommentare in anderen Sprachen jedoch gelöscht werden?


36. Nach welchen Kriterien werden die Inhalte und Kommentare anderer Nutzerinnen und Nutzer durch das Social Media Team des Bundespresseamts "geliked", geteilt oder "retweetet"?


37. Nach welchen Kriterien folgen, abonnieren bzw. liken die einzelnen Mitglieder des Social Media Teams des Bundespresseamts anderen Angeboten?


38. Bei wem liegt das Urheberrecht der auf den Social Media Kanälen der Bundesregierung geposteten Inhalte?


39. Gab oder gibt es auf Seiten der Bundesregierung Überlegungen, die auf den Social Media Kanälen der Bundesregierung verbreiteten Inhalte unter freie Lizenzen zu stellen? Falls ja, welche Überlegungen führten letztendlich dazu, dass dies nicht getan wird? Falls nein, warum nicht?


40. Inwieweit hält die Bundesregierung den Datenschutz in den Sozialen Netzwerken, in denen entsprechende Angebote durch sie vorgehalten werden für ausreichend, und sieht die Bundesregierung nicht einen Widerspruch im Be- treiben eigener Accounts vor dem Hintergrund, dass sich in der Vergangenheit mehrere Bundesminister mit Hinweis auf einen mangelnden Datenschutz wiederholt in Offenen Briefen an die Betreiber gewendet und die Beachtung grundlegender Datenschutzstandards und ein sehr viel rigoroseres Entfernen klar strafbarer Inhalte angemahnt haben, ohne dass dies bislang zu tatsächlichen Konsequenzen geführt hätte?

 

Die Antworten der Bundesregierung dürften mit Sicherheit auch in den deutschen Redaktionen für großes Interesse sorgen.

 

Bülend Ürük