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Wie "tazgate" von den "szleaks" ablenkt

Derbe Worte findet eine „taz“-Kolumnistin für einen Autoren der „Welt“, der den Namen eines Kollegen nennt, der möglicherweise einen Keylogger in der „taz“-Redaktion eingesetzt hat. Von Bülend Ürük.

Berlin - Auch das hat es so noch nicht gegeben, sogar der Redaktionsleiter von „Zapp“ bemüht sich um eine Erklärung, warum das ARD-Medienmagazin den Namen des Journalisten unbedingt nennt.

Gedöns mit der Unschuldsvermutung“ hat Silke Burmester ihre Kolumne „Die Kriegsreporterin“ betitelt. Hier kritisiert sie nicht nur mit deutlichen Worten die „taz“-Chefredaktion, sondern knöpft sich auch den „Welt“-Journalisten Robin Alexander vor.

Burmester schreibt unter anderem: „„Bislang“, um mit Herrn Alexander zu sprechen, „ist eine Täterschaft keineswegs erwiesen“. Aber das ist egal, ich weiß es ja. Und weil ich es weiß, schreibe ich es als Tatsachenbehauptung auf. „Unschuldsvermutung“ ist nämlich ein Gedönsbegriff, dem man keine Beachtung zu schenken braucht.

So nämlich agierte Robin Alexander letzten Freitag, als er in der Welt einen Artikel über den Spion in der taz schrieb, der zuvor mit der Veröffentlichung heimlich erzeugter Kollegengespräche im Internet sein fehlendes Bewusstsein für Unrecht unter Beweis gestellt hatte. Einfach den Namen in die Welt setzen, die Beweise für die Behauptung fallen später vom Himmel.“

Robin Alexander antwortet in der „Welt“: "tazgate" – und worum es eigentlich geht.“ Für Alexander steht fest, dass der Name des Journalisten auf jeden Fall genannt werden musste. Alexander begründet die Nennung des Namens des „taz“-Redakteurs damit, dass er in der Woche den Skandal bei der „Süddeutschen Zeitung“ aufgedeckt habe: „Weil die Geschichte von "tazgate" und "szleaks" nicht zu trennen ist, kann man sie nicht vollständig erzählen ohne den Namen. Wer es doch tut, erzählt nur die halbe Geschichte und lässt sie so unerklärlich erscheinen“, schreibt Robin Alexander.

„Die Sache mit dem Namen“ nennt es dagegen Steffen Eßbach. Der Redaktionsleiter von „Zapp“ schreibt, warum er immer noch zur Entscheidung steht, den Namen des „taz“-Investigativ-Reporters zu nennen. Eßbach begründet es in seiner Stellungnahme, die in der Sendung diese Woche nicht thematisiert wurde, unter anderem damit, dass Zapp auch in früheren Fällen wie beispielsweise bei der Berichterstattung über die frühere NDR-Fernsehspielchefin Doris Heinze einen vollen Namen genannt habe.

Vielleicht mag sich Herr Eßbach nicht erinnern, aber es gibt deutliche Unterschiede zu dem Fall Heinze. Der Fall der früheren NDR-Fernsehspielchefin war damals bereits intern ausermittelt - mit einem Quasi-Geständnis und Beweisen. Dann wurden die internen Unterlagen in die Öffentlichkeit durchgestochen. Ein beliebtes Vorgehen, um zu zeigen, wie hart der NDR in solchen Momenten vorgeht - aber auch, um von eigenen Fehlern abzulenken. Krisenregion pur.

Der Fall bei der „taz“ zeigt sich aber anders. Er befindet sich weiterhin im reinen Verdachtsstadium - eine Gegenrede liegt noch nicht vor. Hier zählt der Pressekodex, der von uns allen ja sonst immer wie eine Monstranz vor uns getragen wird.

Viele Medien missachten in diesem bedauerlichen und besorgniserregenden Fall die Gebote der Verdachtsberichterstattung systematisch. Niemand wendet sich dagegen. Die Ächtung greift um sich.

"tazgate" soll von "szleaks" ablenken

Zudem wird „tazgate“ auch offensichtlich dazu verwendet, um von den „szleaks“ abzulenken. „Zapp“ und andere Medien vermitteln mit der Kopplung von „tazgate“ und „szleaks" den Eindruck, dass das unterstellte Fehlverhalten des Autors in der taz gleichzeitig die Recherchen zur den SZ-Anzeigen-Praktiken eindunkelt, in Frage stellt, problematisch erscheinen lässt. Mit den harten, belegten Fakten beschäftigt sich das NDR Medienmagazin nicht. Kein Wunder - sie sind Teil des "PR-Verbundes" von SZ, NDR und (WDR).

Auffällig ist das Muster in der Berichterstattung - wenn die Medien selbst von Kritik betroffen sind, wächst der Rudelinstinkt, die Reihen werden geschlossen, der Balken im eigenen Auge nicht gesehen, aber der Splitter im Auge der anderen hochprojeziert.

Bülend Ürük