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Zukunftsmodell bei Zeitungen: ohne Tarif?

Gibt es eine Zukunft für den Manteltarifvertrag bei Tageszeitungen? Die Deutsche Journalisten-Union in ver.di will dafür kämpfen.

Berlin - „Wir legen es nicht auf Streik an, aber wir wollen etwas für unsere Mitglieder erreichen. Dafür sind wir bereit, Druck zu machen", warnt verdi-Verhandlungsführer Frank Weneke die Verleger. Aus Berlin berichtet Katrin Schwahlen.

Am 9. Oktober beginnt die dritte Verhandlungsrunde zwischen dem Bundesverband deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Gewerkschaft ver.di und dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV). „Die bisherigen Verhandlungen sind so aufregend wie immer, leider zäher als üblich“, meinte verdi-Verhandlungsführer Frank Werneke in einem Pressegespräch am gestrigen Dienstag.

Obwohl die Forderungen von ver.di und DJV seit Anfang März vorliegen würden, habe sich der BDZV bisher sehr unbeweglich gezeigt.

Mathematik statt Leistung

Der BDZV hatte beim zweiten Treffen im August ein Regionalisierungsmodell als Zukunftstarifvertrag vorgestellt. Danach gibt es keine einheitliche Gehaltsförderung mehr, stattdessen sollen die Gehälter nach wirtschaftlicher Situation des Verlags und regionaler Verbreitung der Zeitung differenziert festgelegt werden.

Außerdem wolle der BDZV automatische Gehaltserhöhungen (Stufensteigerungen) reduzieren sowie Jahresleistungen und Urlaubsgeld zusammenfassen und vom unternehmerischen Erfolg abhängig machen.

Die Gewerkschaften fordern, die Gehälter der rund 14.000 fest angestellten Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen um 5,5 bis sechs Prozent zu erhöhen. Diese Erhöhungen sind auch angestrebt für Volontär/innen sowie für die Honorare von Freien und Pauschalist/innen. Die Tarifverträge sollen künftig auch für die Journalistinnen und Journalisten gelten, die überwiegend für die Online- bzw. Mobilangebote der Zeitungsverlage arbeiten.

Ewiges Nachgeben

ver.di sieht keinen Anlass, am Manteltarifvertrag und der Gehaltsstruktur etwas zu ändern, solange es keine Gegenleistungen und Sicherheiten gibt. Zwar argumentiere der BDZV gerne mit „Tarifflucht“, doch man wisse aus Gesprächen, dass Verlage nicht nur aus wirtschaftlicher Not aus dem Zeitungsverbund ausgetreten seien, sondern weil sie mit der Verbandsarbeit unzufrieden waren. Mit einigen Verlagen habe ver.di anschließend Hausverträge verhandelt, die sich an dem Bundestarifvertrag anlehnen.

Zukunft Journalismus

Für ver.di-Tarifsekretär Matthias von Fintel spielen vor allem die Arbeitsbedingungen eine Rolle. „Der BDZV betrachtet die Redaktionen als Kostenfaktor. Die Leistungserwartung wird immer höher, die Leute müssen viel mehr arbeiten, es gibt einen starken Anstieg an psychischen und akuten Erkrankungen.“ Auch das müsse Verhandlungsthema sein.

Das journalistische Berufsfeld hat sich in den vergangenen Jahren gravierend geändert. Deswegen sei geboten, diese neuen Berufstätigkeiten ebenso in der Gehaltsstruktur abzubilden wie Weiterbildungen und Qualifikationen. „Bisher haben wir nach jedem Gespräch zum Flächentarifvertrag mit dem BDZV vereinbart, über diese Punkte zu reden. Dazu ist es nie gekommen. Der BDZV will diese Zukunftsthemen nicht angehen“, so von Fintel.

Allerdings habe der Verbund signalisiert, den Tarifgeltungsbereich auf Onlineredakteure zu erweitern. Das nütze allerdings nichts, wenn die Onlineredaktionen ausgegliedert würden. „ver.di ist überall damit konfrontiert, dass Zeitungsverlage immer mehr zerlegt und in tariffreie Zonen aufgeteilt werden.“ Deswegen versuche die Gewerkschaft, bei Hausverträgen Auslagerungsverbote durchzusetzen.

Streik: alternativlos?

Für das Treffen am 9. Oktober habe der BZDV zugesagt, einen durchformulierten Tarifvertrag vorzulegen. Zwar sei spürbar, dass die Verlage eine Eskalation verhindern wollen, „aber wenn es so lange dauert, bis Vorstellungen geäußert werden, schürt das schon Misstrauen“, resümierte Frank Werneke. „Wir legen es nicht auf Streik an, aber wir wollen etwas für unsere Mitglieder erreichen. Dafür sind wir bereit, Druck zu machen.“

Man erwarte auf konkrete Zahlen und keine abstrakten Formulierungen, fügte von Fintel hinzu. „Es ist unbefriedigend, dass das alles so lange dauert.“

Zwei Tage vor der Tariftreffen werden sich die Verhandlungsführer von ver.di und DJV zur Streikversammlung in Stuttgart treffen, um über Maßnahmen zu reden. Aussagen zum Streikausmaß gibt es bisher nicht.

Katrin Schwahlen