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Siemens-Chef Kleinfeld sichtlich bewegt bei seiner Pressekonferenz

Nach einem persönlichen Bekenntnis schmetterte er den Journalisten mehr als 45 Minuten eine Erfolgsmeldung nach der anderen aus allen Unternehmensbereichen entgegen.

München (ddp). Eigentlich müsste Klaus Kleinfeld an diesem Donnerstag über beide Ohren strahlen. Zumindest, wenn es nach den Zahlen geht, die er auf der Siemens-Halbjahreskonferenz in München präsentiert. Der Konzern steht blendend da, die Geschäftszahlen sind glänzend. Doch auf dem Podium sitzt ein müde wirkender Siemens-Chef, an dem die Strapazen der vergangenen Tage und Wochen nicht spurlos vorbei gegangen sind. Die Schmiergeldaffäre hat die Siemens-Welt ordentlich durcheinander gewirbelt. Am Mittwochabend warf Kleinfeld hin, seinen Vertrag als Siemens-Chef wollte der 49-Jährige nicht mehr verlängern.

Mit Ringen unter den Augen liest Kleinfeld äußerst nüchtern die vorgefertigten Abschiedsworte vor. Der Konzern und seine Mitarbeiter lägen ihm sehr am Herzen, deswegen bedaure er es, das Unternehmen zu verlassen, «das so ein wichtiger Teil meines Lebens in den letzten 20 Jahren war». Danach gibt es noch warme Worte für seinen früheren Ziehvater Heinrich von Pierer. Er sei betroffen und traurig, dass Pierer als Aufsichtsratschef zurückgetreten sei. Mit seiner Person habe er immer «Integrität und Vorbildlichkeit» verbunden. Er sei ihm «zu Dank verpflichtet», sagt Kleinfeld, immer noch nüchtern.

Danach schmettert Kleinfeld den Journalisten mehr als 45 Minuten eine Erfolgsmeldung nach der anderen aus allen Unternehmensbereichen entgegen. Der Gewinn im zweiten Quartal des Geschäftsjahres sei im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Drittel auf 1,3 Milliarden Euro gesteigert worden, der Umsatz habe um knapp zehn Prozent auf 20,6 Milliarden Euro zugelegt, das Ergebnis je Aktie sei um 37 Prozent auf 1,34 Euro geklettert. Kleinfeld müsste strahlen. Eigentlich.

Im April 2005 machte Kleinfeld bei der Halbjahreskonferenz in Lissabon eine - für einen Konzern-Manager - ungewöhnliche Aussage. Er verknüpfte seine ganz persönliche Zukunft als Vorstandschef an die Fortune des Unternehmens: «Ich stehe persönlich dafür ein, dass alle Unternehmensteile innerhalb der nächsten 18 bis 24 Monate auf Linie sind.» Die Tragik daran: Kleinfeld hat sein Ziel erreicht, der DAX-Konzern ist topfit - und trotzdem muss Kleinfeld gehen.

Dass er die Art und Weise, wie seine Karriere bei Siemens nun endet, doch nicht so einfach wegsteckt, zeigt sich, als die Fragen der Journalisten persönlicher werden. Sichtlich bewegt antwortet er auf die Frage, wann der Entschluss zum Rücktritt gereift sei: «Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, das können sie mir glauben.» Er stockt. Er schluckt. «So ist das halt.» Nein, zum Strahlen ist ihm nicht zumute - trotz guter Zahlen.

Dann fängt sich Kleinfeld wieder. Spult ab, was er abends zuvor schon mal gesagt hat. Um weiter an der Konzernspitze zu stehen, hätte er den Rückhalt aller Aufsichtsratsmitglieder gebraucht, sagt er. Bis Ende September wolle er «noch für das Unternehmen kämpfen». Falls sich vorher ein Nachfolger für ihn finde, gehe er natürlich auch früher. Kleinfeld sagt das ohne jede Regung. Doch dann kippt die Nüchternheit wieder für einige wenige Sekunden. Er hoffe, dass entstandene Freundschaften erhalten blieben.

Ob er vielleicht bald wieder als Manager ins Ausland gehen wolle, fragt ihn ein Journalist. Kleinfeld antwortet wie so oft an diesem Donnerstag in gängigen Floskeln. Er habe noch keine konkreten Pläne. Es sei «noch nichts in Stein gemeißelt». Jetzt wolle er erst einmal seine Familie wiedersehen. Und am Wochenende einen Waldlauf machen.