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Abschied von Pressevielfalt: "NRZ" und "Rheinische Post" kuscheln am Niederrhein

In ihrem Bestreben, Tageszeitungen möglichst ohne lästige und kostspielige Journalisten zu veröffentlichen und dafür von Abonnenten und Anzeigenkunden teuer bezahlen zu lassen, hat die Funke Mediengruppe in der in Düsseldorf beheimateten Rheinischen Post Mediengruppe einen weiteren, gleichgesinnten Partner gefunden. Der letzte große Konkurrent im Verbreitungsgebiet der Funke Mediengruppe hat sich für eine Kooperation entschieden. Von Bülend Ürük.

Berlin - Als „Krake“ wurde die frühere WAZ Mediengruppe immer wieder bezeichnet. Doch nie war die Bezeichnung so richtig wie heute. Die Manager der Funke Medien schicken ihre Tageszeitungen in Nordrhein-Westfalen in Kooperationen, vermählen die Blätter mit Marktbegleitern, die früher nicht nur undenkbar gewesen wären. Diese Entscheidungen sind auch Zeichen von einer geballten Unfähigkeit, ein Medienhaus aus eigener Kraft aus einer von Eigentümern selbstverursachten Krise zu führen.

Die Stärke des Lokalen besteht in den Augen von Deutschlands Medienmanagern offenbar einzig nur noch darin, Synergien zu heben, möglichst unauffällig, möglichst ohne Aufhebens; damit während der Fußball-Weltmeisterschaft die Nachricht der Zusammenarbeit möglichst untergeht, werden die Medien generös eine Stunde vor dem USA-Spiel informiert.

Die wirtschaftlichen Notwendigkeiten schlagen die journalistische Unabhängigkeit der Zeitungen, die Austauschbarkeit, bislang ein beliebtes Markenzeichen der überregionalen Berichterstattung der Online-Auftritte der Tageszeitungen, erhält Einzug auf den Lokalseiten.

Schon in den nächsten Wochen sollen die „Neue Rhein Zeitung“ und die „Rheinische Post“ Artikel im Lokalen austauschen, in Essen und Düsseldorf sprechen die Pressestellen von „Agenturprinzip“. So stellt der dominierende Partner am Ort als Zulieferer seine Artikel dem kleineren Partner zur Verfügung. Der soll ergänzen, das Material in sein Layout heben, einen eigenen Kommentar schreiben. Ein Bericht - zwei Versionen - was schon bei den eigenen Zeitungen der Funke Mediengruppe (neben NRZ auch „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“, „Westfälische Rundschau“, „Westfalenpost“, „Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung“) leidlich funktioniert, erlebt mit der wirtschaftlich starken „Rheinischen Post“ eine Renaissance.

Der Alptraum jedes Lokaljournalisten kehrt zurück: Er wird zukünftig die Namen der Konkurrenz im eigenen Blatt lesen müssen.

Betroffen von der journalistischen Zusammenarbeit sind die Lokalredaktionen am Niederrhein, in Duisburg und in der Landeshauptstadt Düsseldorf.

Ein „schönes“ neues Wort haben die Pressestellen von Jakob Funke und Rheinische Post ebenfalls erfunden: Profilredaktionen. Dort arbeiten dann die Kollegen, die zu WAZ-Zeiten die Lokalseiten „branden“ sollten, den Seiten also zukünftig den „NRZ“- bzw. „RP“-Geruch verpassen sollen.

In welcher Form in den Redaktionen eingespart wird, ob es direkt zum Start oder nach einem halben oder einem Jahr der Fall sein wird, bleibt vorerst unklar.

Die Funke Mediengruppe, die in ihrem langen Bestehen als führendes Zeitungshaus in Nordrhein-Westfalen viele Kämpfe ausfechten musste, hat in den vergangenen Monaten alle Mitbewerber von Rang als Kooperationspartner auf die eine oder andere Weise für sich gewinnen können. So sind die in Dortmund erscheinenden „Ruhr Nachrichten“, der Verlag Rubens („Hellweger Anzeiger“, Unna) oder das Medienhaus Bauer in Marl („Recklinghäuser Zeitung“, „Dattelner Morgenpost“) über die Medienkombi NRW, als Lieferant von Lokalseiten oder als Erwerber von Titelrechten an der lokalen Ausgabe von „Westfälische Rundschau“ bzw. „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ mit den Erben Jakob Funkes verbunden.

Nach der Entscheidung von Verleger Dr. Karl Hans Arnold, mit Funke-Matriarchin Petra Grotkamp eine Symbiose auf lokal-journalistischer Ebene einzugehen, sind echte Mitbewerber von Jakob Funke nur noch mit der Lupe im Verbreitungsgebiet von Kleve bis ins Sauerland zu finden.

Da ist einmal die strotzgesunde „Siegener Zeitung“, die sich weiterhin im Besitz der Gründerfamilien Vorländer und Rothmaler befindet und deren Eigentümer kein großes Interesse verspüren, in irgendeiner Form den Funke-Erben entgegenzukommen. Und dann wäre da noch das Lippstädter Lokalblatt „Der Patriot“, das im beschaulichen Rüthen im Kreis Soest den Funke-Titeln die Stirn bietet.

Bülend Ürük