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"Bild" kommt in 3D - der Rest wartet ab

"Wir versprechen: Diese Ausgabe wird KULT", kündigte das Boulevardblatt in seiner Freitagsausgabe an.

Berlin (dpa) - Kino in 3D kennt inzwischen fast jeder: Der Zuschauer setzt sich eine Brille auf und schon ist alles zum Anfassen. An diesem Samstag erscheint mit der "Bild" erstmals eine überregionale Tageszeitung von der ersten bis zur letzten Seite in 3D-Optik mit beigelegter Brille. "Wir versprechen: Diese Ausgabe wird KULT", kündigte das Boulevardblatt in seiner Freitagsausgabe an. Der Rest der Branche verfolgt das Experiment erst einmal aus der Distanz. Ein paar Zeitungen haben schon dreidimensionale Erfahrungen gemacht.

"Wir haben vor zwei oder drei Jahren mal München und die Alpen in dreidimensionalen Fotos gezeigt und auch Brillen beigelegt", erinnerte sich der stellvertretende Chefredakteur der Münchner "Abendzeitung", Georg Thanscheidt. Spannend sei vor allem die Herausforderung des Drucks gewesen. "Es hat aber ganz gut funktioniert", sagte Thanscheidt zu dem damaligen und wohl eher spielerisch gemeinten Experiment. Aktuelle Pläne für eine "Abendzeitung" in 3D gebe es indes nicht.

Leser der "Berliner Zeitung" konnten am Mittwoch ihre Zeitung durch die Spezial-Brille anschauen. Auf dem Titel und in einer 24- seitigen Beilage gab es Anzeigen und Bilder in 3D.

Eine Springer-Sprecherin ergänzte zu den weiteren Plänen bei anderen Print-Objekten des Konzerns: "Es ist natürlich ein Experiment, und wir schauen, wie es ankommt." Wie und ob die Technik weiter verwendet wird, ist demnach noch offen. "Natürlich ist es ein spannendes Projekt."

Andere Zeitungen sehen die dreidimensionale Entwicklung eher mit Skepsis. "Ich war auch ehrlich gesagt etwas amüsiert, dass nun etwas wieder in Mode gerät, was ich aus meiner Kindheit kenne", sagte Chefredakteur Hans-Werner Kilz von der "Süddeutschen Zeitung". "Ich wünsche viel Glück bei der Erneuerung." Gleichwohl müsse man Trends und Versuche im Auge behalten und sehen, was bleibe. Bei den 3D-Filmen indes seien die Zuschauer bislang ja weniger begeistert, sagte Kilz.

Der "Kölner Express" plant keine 3-D-Optik, gleiches gilt für die "Stuttgarter Zeitung" und das "Hamburger Abendblatt". Auch im "Spiegel"-Verlag gibt es keine Pläne. Die Münchner Boulevardzeitung "tz" bleibt nach Angaben von Chefredakteur Rudolf Bögel ebenfalls vorerst zweidimensional. Zunächst wolle er sich ansehen, wie so etwas wirke - und sich dann gegebenenfalls Gedanken machen, ob und wie das eigene Blatt in das Thema einsteige. "Meine Brille liegt schon bereit", sagte Bögel mit Blick auf die geplante 3D-Ausgabe der "Bild"-Zeitung am Freitag.

Die deutsche Werbewirtschaft ist grundsätzlich für 3D-Anzeigen offen. Entscheidend dafür, dass diese Werbeform von den Zeitungslesern auch akzeptiert werde, sei das redaktionelle Umfeld, sagte der Sprecher des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), Volker Nickel. Kein Leser werde sich 3D-Brillen aufsetzen, nur um Anzeigen zu lesen.

Der Berliner Trendforscher Roman Weishäupl hob anlässlich der neuen 3D-Experimente einiger Zeitungen die Innovationskraft der Printindustrie hervor. Im vergangenen halben Jahr komme in den Verlagen wieder neuer Mut auf, sagte Weishäupl im Deutschlandradio Kultur. Die Branche habe aber mit dem Druck einer erweiterten Realität oder druckbarer Elektronik viele Möglichkeiten. Man könne in Zeitschriften Videos einbetten oder beim Blättern Jingles abspielen. Auch Ess- oder Riechpapier biete neue Perspektiven, sagte Weishäupl.