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"Elle"-Chefredakteurin: Wir haben Mütter und Töchter als Leserinnen

Der Burda Verlag hat zum Jubiläum ein fast 500 Seiten dickes Blatt produziert.

München (dpa) - Seit 25 Jahren gibt es die deutsche Ausgabe der Frauenzeitschrift "Elle". Am 21. September 1988 ging der Ableger des französischen Titels an den Start. Der Burda Verlag hat zum Jubiläum ein fast 500 Seiten dickes Blatt produziert. Eine stabile Auflage von rund 200 000 Exemplaren pro Monat sei in einem nicht einfachen Printmarkt Anlass zur Freude, sagt Chefredakteurin Sabine Nedelchev (46). Sie hatte vor rund 20 Jahren bei der "Elle" als Volontärin begonnen und führt das Magazin seit 2002. Aus ihrer Sicht ist das Internet keine Bedrohung für die gedruckte "Elle". Im Interview mit der dpa: Sabine Nedelchev.

Frage: "Elle" gibt es ein Vierteljahrhundert, welche Veränderungen bemerken Sie an den Frauen über die Jahre?

Antwort: In den vergangenen Jahren hat eine bestimmte Haltung, die aus den 80er und 90er Jahren kam, abgenommen: eine stark selbstbezogene, hedonistische und auch stark shopping-orientierte Haltung. Heute definiert sich das, was Luxus ist, anders. Luxus bedeutet nicht, zu zeigen, dass man reicher und damit besser ist und sich mit teuren Dingen von anderen differenziert. Über diese Veränderung bin ich froh.

Frage: Die verkaufte Auflage der "Elle" liegt recht stabil um die 200 000 Stück pro Monat...

Antwort: I knock on wood (Ich klopfe auf Holz). Ja, wir bleiben stabil in einem hartumkämpften Markt. In unserem Segment haben wir tatsächlich stark die Nase vorn. Ich messe es aber auch daran, wie gut wir im Markt bei den Werbetreibenden ankommen. Etwa bei der Mode- und der High-End-Beauty-Branche - auch da liegen wir weit vorne.

Frage: Wie schafft Ihr Blatt das?

Antwort: Wir hatten bei "Elle" immer das große Glück, dass wir sowohl die Mütter als auch deren Töchter als Leserinnen haben. Das ist auf der einen Seite eine Herausforderung, weil man immer darauf achten muss, beide Bedürfnisse zu bedienen, und trotzdem eine Handschrift behält. Es ist ganz wichtig, dass sich beide ernst genommen und gleichermaßen angesprochen fühlen.

Frage: In den Verlagsangaben heißt es, die Leserinnen seien im Kern zwischen Mitte 20 und Ende 40.

Antwort: Als Chefredakteurin fühle ich die Seele des Magazins und würde das ungern in Zahlen ausdrücken. Ich weiß, es gibt "Elle"- Leserinnen zwischen 60 und 70 - das ist vielleicht unsere obere Spitze. Aber wir haben auch Frauen, die sind zwischen 15 und 25 Jahre alt.

Frage: Wie gewinnen Sie Ihren Leserinnen-Nachwuchs?

Antwort: Indem wir die Themen, die junge Frauen umtreiben, nicht vernachlässigen. Das heißt, dass viel Digitales rein muss, dass auch Sex und viele Psycho-Themen behandelt werden.

Frage: Wie meinen Sie das, in die Zeitschrift muss Digitales rein?

Antwort: Wir verweisen im Heft immer wieder auf die besten Online-Shops oder in welchen Blogs man sich den neuen Vintage-Look anschauen kann. Und natürlich haben wir mit "elle.de" auch ein eigenes Online-Portal.

Frage: "Elle" gibt es weltweit in mehr als 40 Ausgaben, setzen Sie eher auf eine Linie oder auf nationale Besonderheiten?

Antwort: Es gibt ganz klare nationale Besonderheiten. Im Vergleich zu anderen internationalen Netzwerken sind wir eines, das am wenigsten homogen ist, was ich auch als Erfolgsrezept empfinde. Ein Teil des Erfolgs der "Elle" ist, dass es eine große Freiheit für nationale Themen gibt. Eine Frau in Brasilien hat einfach ein ganz anderes Temperament und eine andere Art, Farben zu sehen, als eine Frau in Deutschland.

Frage: Wie geht es in Zukunft weiter? Pessimisten glauben, dass irgendwann nur noch online gelesen wird.

Antwort: Daran glaube ich nicht. Wir spüren sogar ziemlich deutlich, dass ganz viele Frauen dieses Haptische wollen, das Magazin zum Anfassen, und sich damit zum Wochenende auf die Couch zurückziehen können. Große Bilderstrecken zu haben, etwas, was in Ruhe geschehen kann, was nicht verbunden ist mit Onlinesein - diese Sehnsucht nimmt sogar eher zu. Dass man riesige Auflagenzuwächse hat, davon kann man träumen. Seine Träume soll man aber nicht aufgeben.

Von Petra Kaminsky