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Forum Lokaljournalismus: Vom Experiment bis zur Meinungsstärke

Lokalzeitungen suchen ihre Leser zunehmend im Netz. Auf lokalen Portalen berichten Reporter aus ihrer und über ihre Region. Doch Print sei nicht tot, machte Giovanni di Lorenzo Mut.

Hamburg (dpa) - Qualitätsjournalismus, digitale Trends, Finanzierungsfragen: Mit einer breiten Themenpalette haben sich Chefredakteure und Verlagsgeschäftsführer deutscher Zeitungen in Hamburg beim Forum Lokaljournalismus der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) beschäftigt. Der Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit", Giovanni di Lorenzo, forderte die Zeitungsmacher auf, "für Qualitätsjournalismus zu kämpfen und auch mal etwas auszuprobieren, statt aus Angst vor dem Tod Selbstmord zu begehen". Ein bpb-Vertreter forderte zu kritischem, vorausschauendem Journalismus auf. Das Forum fand am Donnerstag zum 21. Mal statt.

Chefredakteur di Lorenzo mahnte die Branche, Printprodukte nicht schlechtzureden. "Das Gerede vom Untergang ist einfach falsch." Ihm seien diese Horrorszenarien ein Gräuel. Die Wochenzeitung "Die Zeit" hat ihre Auflage kontinuierlich gesteigert und im ersten Quartal 2013 mit knapp 520 000 verkauften Exemplaren einen Spitzenwert erreicht.

In Printmedien komplexe Sachverhalte aufzuarbeiten und dem Leser Wissen zu vermitteln, sei entscheidend für das Überleben von Print. "Viele Leser identifizieren sich nach wie vor mit ihrem Blatt." Ein Stärke von Print sei, den öffentlichen Diskurs zu organisieren, sagte die Lorenzo. Er warnte vor einem "Hang zum Gleichklang" besonders in der politischen Berichterstattung.

Für die Meinungsbildung sind nach Auffassung des bpb-Fachbereichsleiters Multimedia, Thorsten Schilling, kritische Stimmen notwendig. "Eine antizipierende, suchende Haltung macht guten Journalismus in Umbruchzeiten aus", sagte Schilling. Kritik an Großprojekten wie dem neuen Stuttgarter Bahnhof oder dem Berliner Flughafen ist nach seiner Meinung viel zu spät laut geworden.

Der Chefredakteur des "Hamburger Abendblatts", Lars Haider, stellte mit Sportredakteur Dieter Matz den Internetblog "Matz ab - der HSV-Blog" vor. Fans kommentieren dort die Einschätzung des Fußball-Fachmanns. Zur angekündigten Rückkehr des Spielers Rafael van der Vaart zum Verein schnellten die Zahl der Einträge auf mehr als 1900 hoch. Und die im Blog gezeigte "Live-Sendung" nach einem HSV-Spiel habe bis zu 25 000 Zuschauer, berichtete Haider. Unterstützt werde das Portal von einer Hamburger Restaurant-Kette.

Verleger Andreas Moll berichtete über sein Kölner Stadtportal "www.meinesuedstadt.de". Es sei seit drei Jahren im Netz und erziele rund 60 000 Euro Jahresumsatz. Beschäftigt werden 20 freie Journalisten, die nach Molls Angaben derzeit 35 Euro pro Artikel verdienen. Für ihn sei es eine Herausforderung, neue Allianzen in der Verlagsbranche einzugehen, sagte Moll.