Print
DPA

WAZ steht vor Neubeginn mit Petra Grotkamp

Zwei widerstrebende Eigentümerclans, zwei Geschäftsführer: Die Firmenstruktur der WAZ Mediengruppe war in der Vergangenheit nicht immer gut fürs Geschäft. Jetzt hat der Großverlag erstmals eine Mehrheitsgesellschafterin und plant viel Neues.

Essen (dpa) - "Weg frei für eine neue WAZ-Ära", überschrieb der ausscheidende WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach die Pressemitteilung zu seinem Abschied. Ziemlich viel Euphorie für einen Manager, der geht. Doch Hombach ist überzeugt: Petra Grotkamp als neue Mehrheitsgesellschafterin mit 66,6 Prozent ist für den größten deutschen Regionalzeitungsverlag "eine große Chance in einer im Umbruch befindlichen Medienlandschaft".

Seit Jahren sinken bei den deutschen Zeitungen die Druckauflagen und vielfach die Anzeigenerlöse. Von diesem Trend blieb auch die WAZ-Mediengruppe nicht verschont. Der Umsatz schrumpfte allein von 2010 bis 2011 um rund 100 Millionen Euro auf 1,1 Milliarden Euro. Der international aktive Verlag mit dem Flaggschiff "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" fuhr jahrelang harte Sparrunden in den NRW-Redaktionen und zog sich in Osteuropa in Bulgarien und Rumänien aus dem Geschäft zurück. In Mazedonien steht der Verkauf von drei Zeitungen vor dem Abschluss.

Bei den nötigen Entscheidungen in einem rückläufigen Markt kämpfte der verzweigte Konzern - er hat 40 Zeitungen und über 100 Zeitschriften - dabei immer wieder mit seiner Eigentümerstruktur: Die Brost-Familie und der Funke-Clan besaßen bis Montagabend den Verlag zu gleichen Teilen. Entscheidungen von Tragweite waren nur im Einvernehmen der beiden Familien und ihrer Geschäftsführer Bodo Hombach (Brost) und Christian Nienhaus (Funke) möglich. "Man musste sich einig sein - und war es selten", schrieb die "Süddeutsche Zeitung".

Das soll nun mit dem Ausscheiden der Brost-Seite anders werden. Mit ihrer 66,6-Prozent-Mehrheit plant die neue Hauptgesellschafterin Petra Grotkamp auch eine Neupositionierung des Verlages, wie ein am Tag nach den Unterschriften veröffentlichtes "WAZ"-Interview bereits andeutet.

Der Verlag soll in Familienhand bleiben, sagt die neue Haupteigentümerin, aber er will sein Online-Geschäft deutlich ausbauen, machte Grotkamps Ehemann, der ehemalige WAZ-Geschäftsführer Günther Grotkamp, deutlich. An einer Neugestaltung des Internetauftritts "DerWesten.de", der die einzelnen Zeitungstitel deutlicher herausstellt, wird schon länger kräftig gearbeitet. In Vorbereitung ist laut Branchenkreisen daneben ein kompletter Relaunch der Zeitungstitel in NRW.

Voraussetzung bleibt aber die Einigkeit unter den Eigentümern. Petra Grotkamp hat zwar insgesamt die Mehrheit der Anteile, kann aber aufgrund der historisch gewachsenen Regelungen in der Funke Familien Gesellschaft (FFG) von den beiden Miteigentümern Stephan Holthoff-Pförtner und Renate Schubries zusammen überstimmt werden. Über diese Blockademöglichkeit der beiden Minderheitsgesellschafter werde kurzfristig geredet, heißt es aus dem Konzern. Denkbar sei eine Lösung mit einem Beirat, der die Minderheitsrechte wahrt, aber Unternehmensentscheidungen praktikabler macht.

Praktikabler, mit anderen Worten normaler soll es künftig auch im Spitzenmanagement zugehen: Zwei Alphatiere wie Nienhaus und Hombach ohne Aufgabenteilung nebeneinander an der Spitze - das erwartet kaum jemand im Verlag mehr. Hombachs Stelle werde wohl nicht neu besetzt. Stattdessen komme möglicherweise eine Geschäftsführung mit Ressorts wie in vielen anderen Verlagen.

Abschied von Vertrautem müssen die WAZ-Redakteure auch im Arbeitsumfeld nehmen: Das verschachtelte alte Verlagsgebäude wird aufgegeben, noch im nächsten Jahr will die Gruppe einen Neubau im Essener Univiertel beziehen.