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Hamburger Landgericht weist Klagen gegen Contergan-Film ab

Contergan-Herstellers Grünenthal und der frühere Opferanwalt im Contergan-Prozess hatten in zahlreichen Szenen des Films und des Drehbuchs eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte gesehen.

Hamburg (dpa) - Im langwierigen Rechtsstreit um den erfolgreich ausgestrahlten Contergan-Film des Westdeutschen Rundfunks (WDR) hat der Sender im Hauptsacheverfahren vorläufig gesiegt. Die Pressekammer des Hamburger Landgerichts wies am Freitag vier Klagen des Contergan-Herstellers Grünenthal und eines betroffenen Anwalts gegen den WDR und die Produktionsfirma Zeitsprung als unbegründet zurück, teilte das Gericht mit. Das Urteil hat aber noch keine Rechtskraft. Grünenthal will laut Presseerklärung erst die Urteilsbegründung prüfen und dann über weitere rechtliche Schritte entscheiden.

Der im November in der ARD gezeigte TV-Zweiteiler «Contergan» thematisiert den Skandal um das Schlafmittel Contergan, nach dessen Einnahme Tausende Frauen Ende der 50er-Jahre missgebildete Kinder geboren hatten. In der Auseinandersetzung um den Film des renommierten Regisseurs Adolf Winkelmann («Nordkurve», «Engelchen flieg») geht es letztlich um die Abwägung zwischen der Kunstfreiheit und dem Schutz von Persönlichkeitsrechten bei der Darstellung historischer Ereignisse.

Grünenthal und der frühere Opferanwalt im Contergan-Prozess hatten in zahlreichen Szenen des Films und des Drehbuchs eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte gesehen und mit einstweiligen Verfügungen beim Hamburger Landgericht seit Sommer 2006 die Ausstrahlung des Films zunächst verzögert. Das Hanseatische Oberlandgericht (OLG) hob die Verfügungen später weitgehend auf. Das Bundesverfassungsgericht ließ dann die Sendung noch vor einer endgültigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Films zu.

Grünenthal und der Anwalt verlangen jedoch im Hauptsacheverfahren weiter ein Verbot diverser Szenen. Das Landgericht wies die Klagen nun ab, weil es der Sichtweise des OLG aus dem Verfügungsverfahren «nicht mehr entgegentreten» wolle. Es sei unter anderem zu berücksichtigen, dass der WDR und Zeitsprung den Film geändert sowie einen Vor- und Nachspann angehängt hätten, um seinen fiktiven Gehalt deutlicher zu machen, hieß es.

Der WDR fühlt sich nach Worten von Intendantin Monika Piel in seiner Sichtweise bestätigt. «Historische Stoffe, wie eben dieser frühere Pharmaskandal, können und wollen wir weiterhin aufarbeiten», erklärte sie in einer Mitteilung des Senders. Zeitsprung-Geschäftsführer Michael Souvignier wertete das Urteil als «Sieg auf der ganzen Linie». «Wir freuen uns riesig», sagte er. Die Firma Grünenthal bedauerte dagegen in einer Presseerklärung die Entscheidung des Landgerichts. Der Film gebe «ein unzutreffendes Bild von den damaligen Vorgängen».