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"Max Rethow" und die Folgen: Presserat muss sich offiziell mit Gewerkschaftsblatt beschäftigen

Der Fall "Max Rethow" zieht weitere Kreise. Der Presserat muss nun offiziell über eine Beschwerde über die ethisch fragwürdige Arbeit des Gewerkschaftsorgans "Journalist" entscheiden.

Berlin - Wie der Presserat auf Newsroom.de-Anfrage bestätigte, liegt gegen den "Journalist" eine Beschwerde vor. Inzwischen steht auch fest, wer die Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht hat.

Tobias Fröhlich, Pressesprecher von Axel Springer, hat sich persönlich an den Presserat gewandt.

 

Tobias Fröhlich. Foto: Axel Springer

 

Gegenüber Newsroom.de erklärt Fröhlich: "Ja, ich kann Ihnen bestätigen, dass ich mich am 1. November 2013 beim Deutschen Presserat über den "Journalist" und das inakzeptable Rechercheverhalten im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Axel Springer und die Funke Mediengruppe beschwert habe."

Springer-Sprecher Tobias Fröhlich sieht in der "Journalist"-Berichterstattung einen Verstoß gegen den Pressekodex Ziffer 4, "weil der Beitrag unter falschen Namen recherchiert und veröffentlicht worden ist, ohne dass dafür irgendein sachlicher Grund erkennbar wäre."

Newsroom.de hatte zuerst über den ungewöhnlichen Fall berichtet, bei dem der "Journalist" sowohl Gesprächspartner als auch seine Leser angelogen hat.

Das Monatsmagazin hatte ein Stück über den Verkauf der Springer-Titel an die Funke Mediengruppe von dem Journalisten "Max Rethow" schreiben lassen und veröffentlicht.

Dem "Autor" verpasste die Redaktion sogar eine hübsche Vita: "Max Rethow ist freier Journalist. Er lebt in Köln und Berlin und schreibt vor allem über Medienthemen."

Dieser "Max Rethow" recherchierte, sprach mit verschiedenen Gesprächspartnern wie Springer-Sprecher Tobias Fröhlich oder Funke-Sprecher Gunther Fessen, hatte sogar eine eigene GMX-Email-Adresse und eine mobile Telefonnummer.

Auf Newsroom.de-Anfrage hatte die "Journalist"-Chefredaktion bestätigt, dass der Name "Max Rethow" ein Tarnname ist.

Dahinter verberge sich ein langjähriger Autor des "Journalist", der sich in Sachen Springer/Funke "hervorragend" auskenne: "Normalerweise schreibt der Autor unter seinem Klarnamen für den Journalist. In diesem Fall haben wir ein Pseudonym verwendet - um Autor und Informanten zu schützen", so die "Journalist"-Chefredaktion.

In seiner Beschwerde an den Deutschen Presserat argumentiert Tobias Fröhlich so: "Eine solche verdeckte Recherche ist nach der Spruchpraxis des Deutschen Presserates allenfalls dann gerechtfertigt, wenn damit Informationen von besonderem öffentlichen Interesse beschafft werden sollen, die auf andere Weise nicht zugänglich sind. Dass ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall."

Der Deutsche Journalisten-Verband, Herausgeber des "Journalist", wollte sich zu der Beschwerde beim Deutschen Presserat nicht erklären. DJV-Sprecher Hendrik Zörner sagte auf Newsroom.de-Anfrage: "Wir äußern uns grundsätzlich nicht im Vorfeld von Gremiensitzungen des Deutschen Presserates zu Beschwerden, die dort eingegangen sind."

Der Presserat wird von den vier Verleger- und Journalistenorganisationen - Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di - getragen.

Zu den Kernaufgaben des Deutschen Presserats gehört die Behandlung von Beschwerden über redaktionelle Veröffentlichungen und journalistische Verhaltensweisen auf der Basis des Pressekodex.

Bülend Ürük

 

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