Recht
AFP/Newsroom

Medienwächter prüfen mögliche Schleichwerbung zum Elterngeld

DJV-Chef Konken kritisiert scharf Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, die mit Radiobeiträgen "Propaganda" gemacht habe. Pikant: Der Verlag des DJV hatte über Jahre hinweg dieselbe Praxis betrieben.

Mainz (AFP/Newsroom) - Das Bundesfamilienministerium hat nach ARD-Recherchen fertig produzierte Berichte zum neu eingeführten Elterngeld im redaktionellen Teil von Zeitungen und Radiosendern platzieren lassen. Die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen prüfe nun den Verdacht unzulässiger politischer Werbung oder Schleichwerbung, berichtete das Magazin "Report Mainz" am Montag. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Michael Konken, nannte das Platzieren fertiger Beiträge dem Magazin gegenüber "Propaganda in bester Form". Das Familienministerium erklärte demnach, die Entscheidung über eine Veröffentlichung liege "ausschließlich in der Hoheit der Redaktionen selbst".

Demnach produzierte eine Hörfunkwerbefirma im Auftrag der Behörde sendefertige Radioberichte mit Kommentartext, Original-Tönen von Betroffenen und einer Stellungnahme von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Diese seien nach Angaben der Agentur mehr als 300 mal ausgestrahlt worden und hätten geschätzte 55 Millionen Hörer erreicht, berichtete "Report". Darüber hinaus seien im redaktionellen Teil mehrerer Wochenblätter und kleiner Lokalzeitungen komplett ausgearbeitete und bebilderte Artikel zum Thema Elterngeld platziert worden. Die Zeitungen hätten die Texte unverändert abgedruckt. Kritische Stimmen oder andere politische Meinungen hätten darin völlig gefehlt.

"Es kann einfach nicht sein, dass Steuergelder für derartige Zwecke eingesetzt werden, um Menschen zu manipulieren", sagte Konken. Er forderte das Familienministerium auf, diese Praxis zu beenden. "Die hier die Verantwortung tragen, die müsste man auch zur Rechenschaft ziehen", forderte der DJV-Vorsitzende. Sowohl unzulässige politische Werbung als auch Schleichwerbung sind laut Landesmedienanstalt NRW nach dem Rundfunkstaatsvertrag verboten.

Die Aufregung Konkens ist pikant. Thomas Rommerskirchen, der für den DJV das Gewerkschaftorgan "journalist" verlegt, ist Gründungsgeschäftsführer und Mehrheitseigentümer an einem Unternehmen mit dem Namen "MID Medien-Informations-Dienst GmbH" in Remagen. Dieses produziert gegen Bezahlung sendefertige Radio- und Fernsehbeiträge und bietet diese den Sendern an. In der Kundenliste ist auch der Deutsche Gewerkschaftsbund. Der DJV hatte bisher daran keinen Grund zur Beanstandung gesehen.