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Niederlage in erster Instanz: FAZ-Korrespondentin soll zurück nach Frankfurt

Bettina Schulz, seit 1991 Korrespondentin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ am Finanzplatz in London, hat den Prozess gegen ihren Arbeitgeber in erster Instanz verloren.

Frankfurt - Nach derzeitigem Stand wird die Mutter zweier schulpflichtiger Töchter ungeachtet ihres erst vor einem Jahr bis 2017 verlängerten Entsendungsvertrags zum 1. Juli dieses Jahres in die Frankfurter Zentrale abgezogen. So will es die FAZ.

Der Anwalt der Journalistin hatte argumentiert, die Rückholung sei eine unerlaubte Maßregelung, nachdem Schulz die Euro-Berichterstattung in dem von Herausgeber Holger Steltzner verantworteten Wirtschaftsteil kritisiert hatte.

Schulz soll nicht die Erste sein, die nach kritischen Äußerungen über den Wirtschaftsteil Konsequenzen fürchten muss. Aus Frankfurt ist von mindestens zwei weiteren Fällen aus der jüngeren Vergangenheit zu hören, in denen es zu Versetzungen innerhalb der Redaktion kam.

Eskaliert war die Auseinandersetzung zwischen Schulz und Steltzner im September vorigen Jahres.

Schulz störte sich an der ihrer Ansicht nach einseitig negativen Berichterstattung der FAZ zur Ankündigung der Europäischen Zentralbank, notfalls unbegrenzt Euro-Staatsanleihen zu kaufen. Mails wechselten. Steltzner wies die Kritik der Korrespondentin mit Formulierungen zurück, die arbeitsrechtlich hätten relevant werden können.

Daraufhin schickte Schulz eine Mail an alle Herausgeber, in der sie ihre inhaltliche Kritik an der Wirtschaftsberichterstattung detailliert aufbereitet hat. Wenige Tage später erhielt sie die von Werner d’Inka, dem derzeitigen Sprecher des Herausgebergremiums, unterschriebene Rückholung zum 1. Januar 2013. Daraufhin reichte Schulz Klage ein.

Bestrafung für Kritik

Noch liegt die Urteilsbegründung nicht vor, teilte das Frankfurter Arbeitsgericht am Montag mit. Am Freitag wurde lediglich der Tenor verlesen. Demnach scheint die FAZ-Strategie aufgegangen zu sein (Aktenzeichen 4CA 7004/12).

Nach der letzten Verhandlung im Februar hatte es so ausgesehen, als würde es zur Beweisaufnahme kommen. Die Richterin lud alle fünf Herausgeber als Zeugen vor. Mit Ihrer Hilfe wollte das Gericht die Umstände klären, die die FAZ dazu bewogen haben, Schulz zum 1. Januar aus London abzuziehen.

Sollte sie auf diese Weise für ihre Kritik an Steltzner bestraft werden, wie sie behauptet? Stand tatsächlich bereits ihr Nachfolger in London fest, wie mehrere Teilnehmer einer Redaktionskonferenz bestätigen? Oder ist die Rückholung Kostengründen geschuldet, wie die FAZ später argumentierte?

Keine Zeugenvernahme

Zu der Zeugenvernahme kam es nicht. An dem vom Gericht anberaumten Termin schienen alle Herausgeber verhindert zu sein, jedenfalls sagte einer nach dem anderen ab. Schließlich teilte die FAZ dem Gericht mit, auf der Rückholung zum 1. Januar 2013 nicht mehr zu bestehen. Damit entfiel die Prozessgrundlage.

Ungeachtet dessen erhielt Schulz ein neues Schreiben. Darin wird sie zum 1. Juli 2013 nach Frankfurt zurückbeordert.

Die Zeitung kann sich auf das berufen, was die Richterin schon beim gescheiterten Gütetermin im November vergangenen Jahres und nochmals bei der letzten Verhandlung am 9. April festgestellt hat: Einem Tendenzbetrieb wie der FAZ stehe es grundsätzlich frei, seine Mitarbeiter dort einzusetzen, wo er glaubt, die „geistig-ideelle Ausrichtung“ am besten zu verfolgen.

Und tatsächlich beteuerte die FAZ vor Gericht, das zweite Schreiben, mit dem sie ihre Korrespondentin in die Zentrale versetzen will, stünde in keinerlei Zusammenhang mit der ursprünglichen Auseinandersetzung zwischen Schulz und Herausgeber Steltzner. Folglich sei das auch nicht als Maßregelung zu verstehen.

Aus der Redaktion wird berichtet, Steltzner habe zuletzt jede direkte Kommunikation mit Schulz gemieden, auch über redaktionelle Alltagsbelange wie Artikelvorschläge.

Selbst zum traditionellen Jour fixe sei sie nicht eingeladen worden, wie aus einer Mail an mehrere FAZ-Redakteure hervorgeht. Darin beklagt Schulz die Umstände aus ihrer Sicht und schreibt, gern hätte sie den Jour fixe genutzt, um Steltzner zu fragen, welche interne Kritik an Kommentaren und nachrichtlichen Beiträgen überhaupt geübt werden dürfe – und ob denn auch die rein nachrichtliche Berichterstattung sowie die Argumente in erklärenden Stücken einer geistig-ideellen Linie zu folgen hätten.

Verhärtete Fronten

Die Fronten haben sich weiter verhärtet. Wie in dieser Situation eine weitere Zusammenarbeit, noch dazu auf engerem Raum in der Frankfurter Zentrale möglich sein soll, ist schwer vorzustellen. Eine Anfrage bei den Herausgebern der FAZ blieb zunächst unbeantwortet. Mit Verweis auf das laufende Verfahren wollte sich auch Bettina Schulz nicht zu dem Sachverhalt äußern.

Für sie scheint das Verfahren nach dem Urteil in erster Instanz offensichtlich noch nicht beendet zu sein.

Ulrike Simon