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Fernsehnachrichten im Wandel: ZDF-„heute“ gestern und morgen

Viel los bei den ZDF-News: Petra Gerster hörte mit 66 kürzlich auf, ihre Nachfolgerin startet in ein paar Tagen und Claus Kleber geht Ende 2021. Ab Montag hat „heute“ zudem ein neues Design. Der Tisch ist jetzt kleiner und die Uhr ohne Zeiger.

Mainz (dpa) − Gong! „Hier ist das Zweite Deutsche Fernsehen mit Nachrichten und Themen des Tages.“ So klang es Mitte der 60er Jahre mit einer Männerstimme fast noch im Wochenschau-Ton, wenn „heute“ im ZDF begann. Die Nachrichtensendung gibt es seit 1963, also seit es das zweite öffentlich-rechtliche Programm der Bundesrepublik überhaupt gibt − in Ergänzung zum Ersten Deutschen Fernsehen der ARD.

 

Innerhalb von fast 60 Jahren hat sich das „heute“-Erscheinungsbild zigmal verändert. Nun gibt es wieder eine Modernisierung.

 

Auffällige Neuerung: Künftig läutet eine Digitaluhr statt einer Zeigeruhr den Beginn der 19-Uhr-Sendung ein.

 

„Die ZDF-Nachrichtensendungen präsentieren sich ab Montag, 19. Juli, in neuem Design und aus einem technisch runderneuerten Studio“, verkündete das ZDF. Erstmals ist der neue Look um 19.00 Uhr zu sehen. Auch die Openings sind neu, die Musik sei deutlich überarbeitet worden. Das Grundthema bleibe, der Sound sei aber markanter.

 

Blau als Farbe der Sendungen bleibt bestimmend − je später die Sendung, desto dunkler der Ton. Auch der Globus als Symbol bleibe erhalten, allerdings neu in Linienschraffur.

 

Die 19-Uhr-Ausgabe wird im Wechsel von Barbara Hahlweg (52) und Christian Sievers (52) moderiert und ab 27. Juli auch von Jana Pareigis (40). Sie ist die Nachfolgerin von Petra Gerster (66), die sich nach fast 23 Jahren am 26. Mai von „heute“ verabschiedet hatte.

 

Prägende Gesichter der ZDF-Nachrichten waren früher zum Beispiel Claus Seibel (34 Jahre lang), Karl-Heinz Rudolph, Gerhard Klarner, Ulrike von Möllendorff, Rut Speer, Peter Hahne, Brigitte Bastgen, Katrin Müller oder Steffen Seibert, der dann aber 2010 Regierungssprecher von Angela Merkel wurde. Vor 50 Jahren (1971) war es übrigens das ZDF und nicht die ARD, wo man erstmals eine Frau die Männerdomäne Nachrichten präsentieren ließ: Wibke Bruhns. Das DDR-Fernsehen («Aktuelle Kamera») war da früher dran.

 

Die Hauptmoderation des seit 1978 existierenden Abendmagazins „heute-journal“ liegt bei Marietta Slomka (52) und Claus Kleber (65), der Ende 2021 aufhört. Als Vertreter agieren Christian Sievers und hin und wieder auch Bettina Schausten (56), die stellvertretende ZDF-Chefredakteurin und Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Aktuelles.

 

Beim „heute-journal“ gehörten zu den prägenden Gesichtern Journalisten wie Klaus Bresser, Dieter Kronzucker, Peter Voß, Ruprecht Eser, Alexander Niemetz, Wolf von Lojewski, Eberhard Piltz, Helmut Reitze, Klaus-Peter Siegloch und Maybrit Illner und natürlich seit fast 30 Jahren die Co-Moderatorin Gundula Gause.

 

Angesichts des neuen Interieurs gibt es diese Woche bestimmt wieder einige Irritationen. Der damalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender sagte 2009, als es im virtuellen Nachrichtenstudio auf dem Mainzer Lerchenberg losgegangen war: „Wenn in einem Wohnzimmer Sessel und Stühle verrückt werden und neue Bilder an die Wand kommen, dann ändert sich das ganze Wohngefühl.“ Nachrichtenstudios seien für viele Zuschauer ein zweites Wohnzimmer, deshalb emotionalisiere die Einrichtung viele Menschen.

 

In den vergangenen zwölf Jahren war vor allem der geschwungene, dreiflügelige Tisch mit den bis auf die Erde reichenden Tischplatten ein Hingucker. Er verschwindet nun zugunsten eines deutlich kleineren Tisches in L-Form. Er ist in Sachsen gebaut worden, seine Oberfläche besteht aus Nussbaum in Schichtholz-Optik.

 

Der Arbeitsplatz für die Moderatorinnen und Moderatoren ist ansonsten weiterhin eine „grüne Hölle“, wie es im TV-Jargon über das apfelgrüne Studio heißt. Ein Greenscreen (grüner Hintergrund) ist am besten für die per Computer eingespielten virtuellen Elemente geeignet.

 

Die Geschichte von ZDF-„heute“ ist vor allem im Vergleich zu den bis heute von im Schnitt mehr Leuten geguckten ARD-Nachrichten zu betrachten. Im Gegensatz zur „Tagesschau“ mit Sprechern, die beim NDR in Hamburg produziert wird, betonte das Zweite schon früh, einen Journalisten − also „Redakteur im Studio“ − zu haben.

 

Das ZDF-Nachrichtenstudio fand seinen Weg von den sogenannten Baracken in Eschborn bei Frankfurt/Main (von Arbeitenden dort gern ironisch „Telesibirsk“ genannt), über einen Standort in Wiesbaden bis ins neue ZDF-Sendezentrum in Mainz im Jahr 1984. Den festen Sendeplatz 19.00 Uhr für die Hauptnachrichten − genau eine Stunde vor der Haupt-„Tagesschau“, die auch die deutsche Primetime 20.15 Uhr bestimmt hat − gibt es seit dem 1. Oktober 1973 (vorher 19.30 Uhr).

In den 70ern wurde das pulsierende Morsezeichen-Piep-Piep am „heute“-Anfang eingeführt. Damals war jahrelang eine Backstein-Wand im Hintergrund zu sehen. Die Musik war im Orchester-Sound gehalten. In den 80ern wurde der Sound discohafter mit E-Drums. Fenster gaben damals den Blick frei auf den Innenhof des Sendezentrums, bevor die Kamera die Redakteurin oder den Redakteur im Studio fokussierte.

 

In den 80ern und 90ern flog der „heute“-Schriftzug bei der Titelmusik mal von hinten ran, mal legte er sich von oben mit der Unterseite reinfliegend in die obere Bildhälfte. Ende der 90er wurde der Jingle fanfariger mit einem von Effekten umspielten Globus.

 

Beim neuen virtuellen Studio ab 2009 sah es am Anfang der Sendung so aus, als explodierten Strahlen rund um die Uhr, die sich dann in einem Flug hinter den Moderatoren und dem Riesentisch positionierten.

 

Eine Zeit lang schauten Zuschauer vor der Titelmusik aufs Regiepult mit Bildschirmen, bevor es losging. Zuletzt − bis zu diesem Montag − flog, nach einem ersten Überblick über die wichtigsten Themen des Tages, eine Weltkarte in den Hintergrund der Moderatoren.