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WDR-Doku: Politiker-WG soll im Problemviertel mit anpacken

Raus aus dem Parlament, rein ins Leben. Diese Idee hatte der WDR für eine Dokumentation und steckte sieben Politiker unterschiedlicher Couleur in eine WG - mitten in das Problemviertel Duisburg-Marxloh.

Duisburg (dpa) - Wie bewähren sich Politiker, wenn ihre "Macher-Qualitäten" in einem sozialen Brennpunkt gefragt sind? Das wollte der Westdeutsche Rundfunk (WDR) mit einem ungewöhnlichen Experiment testen. Die Fernsehredaktion steckte sieben Politiker von CDU, SPD, Grünen, der Linken und der FDP für eine Woche in eine Wohngemeinschaft im Duisburger Stadtteil Marxloh. Begleitet von der Kamera sollten sie Lösungen suchen für die brennendsten Probleme aus der Nachbarschaft. Wie sich die vier Frauen und drei Männer im Alter von 17 bis 62 geschlagen haben, zeigt die Dokumentation "Die Politiker-WG" am Montag (24. August) um 21.00 Uhr im WDR-Fernsehen.

Die Truppe aus Kommunal- Landes- und Bundespolitikern ist in einer ehemaligen Bäckerei untergekommen. Zwar bleiben die persönlichen WG-Zimmer auch während des Experiments privat - aber bei den täglichen Besprechungen, beim Frühstück oder Abendessen im Gemeinschaftsraum sind Kameras und Mikrofone an. "Big Brother machen wir nicht. Es geht um die Inhalte - wir wollen keine Inszenierungen", betont der Redakteur Simon Pützstück. "Wir wollen es echt haben, authentisch. Darum gehen wir mitten ins Viertel."

Die Kernfragen seien "Wie schlagen sich Politiker im echten Leben?" und "Stimmt das Bild: Politiker packen nicht mit an?", wie Pützstück erklärt. Dafür hätten die Protagonisten drei Projekte auf ihrem Aufgabenzettel: Einen Jugendtreff organisieren, etwas für die Versorgung von Menschen ohne Krankenversicherung tun und ein Projekt für gute Ernährung auch mit wenig Geld auf die Beine stellen. Mit kirchlichen und sozialen Trägern vor Ort sei zunächst besprochen worden, was am dringlichsten ist.

Alle seien sich einig, dass etwas passieren müsse, nur die Wege seien unterschiedlich, sagt die WG-Bewohnerin und Sprecherin der Grünen Jugend NRW, Lisa-Marie Friede (22). "Es war erschreckend, was wir von den Menschen vor Ort, welche Not, wir erfahren haben." Es sei sinnvoll, dass die Gruppe über Parteigrenzen hinweg gemischt sei, ergänzt Klaus Franz, CDU-Bürgermeisterkandidat für Bochum und mit 62 Jahren Ältester der Runde. So habe jeder unterschiedliche Ansprechpartner, die er zu den jeweiligen Problemen um Rat fragen könne.

"Ich wollte auch etwas gegen die Politikverdrossenheit tun", sagt Ulrich Scholten (57), der SPD-Bürgermeisterkandidat für Mülheim/Ruhr. "Wir sind ja alle in der Kommunalpolitik aktiv, da schießt einem das ein oder andere Vorurteil entgegen." Und Luisa-Maximiliane Pischel (25) von den Jungen Liberalen ergänzt: "Ich wollte mit dem Vorurteil aufräumen, dass sich die FDP nicht für soziale Themen interessiert."

Mit ihren ersten Ideen gehen die WG-Politiker zu Pater Oliver vom sozialpastoralen Zentrum Petershof. Er kennt die Probleme in Marxloh wie kaum ein zweiter. Er habe zunächst an ein öffentlich-rechtliches Dschungelcamp gedacht, als er von dem WDR-Vorhaben gehört habe, sagt er. Inzwischen könne er dem Projekt durchaus was Positives abgewinnen. "Manchmal ist der Blick von außen ganz gut." Ein nächster Schritt wäre nun, Duisburger Politiker dazu zu holen.

Die Idee der WG, ein gemeinsames Kochen im Viertel auf die Beine zu stellen, findet er gut - und er hat womöglich auch ein passendes Gefährt im Hof stehen. "Ich habe neulich bei eBay "Peters Wurstparadies" ersteigert", berichtet er. Auch Ehrenamtliche könne er dafür ansprechen. Der Geistliche sagt über das Viertel: "Klassische Konzepte greifen hier nicht." Wie lange es wohl dauern könnte, bis gemeinsam gekocht wird?, wollen die Politiker von Pater Oliver wissen. "Schnell geht hier gar nichts."

Zum Beginn der Woche sei vor allem viel diskutiert, dann aber auch etwas angepackt worden, sagt Pützstück im Rückblick. Ein Ergebnis: Auf Initiative der Politiker-WG hin kam neulich zum ersten Mal ein mobiler Jugendtreff ins Viertel. Der Bus hat unter anderem eine Playstation an Bord. Ob die Jugendlichen das Angebot annehmen - das muss sich allerdings in den kommenden Wochen zeigen.