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ZDF sendet Nachrichten aus virtuellem Studio

Für rund 30 Millionen Euro ist dafür auf dem Mainzer Lerchenberg ein mehr als 2600 Quadratmeter großer Komplex mit zwei Studioflächen entstanden.

Mainz (dpa) - Die ZDF-Nachrichten starten in zweieinhalb Wochen in ein neues technologisches Zeitalter: Vom 17. Juli an sendet das Zweite seine Nachrichten in völlig neuem Design und aus einem virtuellen Studio. Für rund 30 Millionen Euro ist dafür auf dem Mainzer Lerchenberg ein mehr als 2600 Quadratmeter großer Komplex mit zwei Studioflächen entstanden. Kernstück des größeren "N1" ist ein geschwungener, dreiflügeliger Tisch. Mit seiner dunklen Oberfläche aus Nussholz und bis auf die Erde reichenden Tischplatten soll er für Moderatoren und Zuschauer der Fixpunkt in der virtuellen Welt sein, erklärt Projektleiter Robert Sarter.

Regelmäßige "heute"- und "heute-journal"-Zuschauer werden sich umgewöhnen müssen, denn mit dem neuen Studio hat sich auch das Design gewandelt. Geblieben ist allerdings die große Weltkarte, die oft hinter den Moderatoren zu sehen ist. Durch sie laufen nun jedoch fünf Linien, auf denen kleine Rechtecke entlangsausen. "Dies sollen Datenpakete sein, die den Nachrichtenstrom symbolisieren", sagt Sarter. Die Grundfarbe der Nachrichten ist blau, untermalt von einem schmalen Streifen in ZDF-orange.

Der Sender wolle die neue Technik vor allem dafür nutzen, die Nachrichten verständlicher zu machen und wieder mehr junge Zuschauer anzulocken, sagt der stellvertretende Chefredakteur Elmar Theveßen. Mit bewegten Bildern und Grafiken könne künftig beispielsweise ein Tsunami oder der Blitzeinschlag in ein Flugzeug anschaulich erklärt werden. Der Moderator verlässt dann den Tisch und stellt sich neben die virtuelle Grafik, um diese zu erklären.

"Wir haben auf klare Trennlinien zwischen realer und virtueller Welt geachtet", betont der Projektleiter des Nachrichtenstudios, Heiner Butz. Dem Zuschauer solle "nichts vorgespiegelt werden". "Wir werden die virtuellen Grafiken auch nicht als Firlefanz oder Spielerei einsetzen - sie müssen immer eine Funktion haben", sagt Theveßen.

Für Interviews ist an dem Nachrichtentisch im "heute-journal" eine eigene Position vorgesehen. "Es entsteht eine Dialogsituation, bei der sich die Gesprächspartner auch in die Augen schauen können", erklärt Butz. In mehreren möglichen Einstellungen werde zudem gezielt die "Distanz des Tisches" aufgehoben, etwa wenn sich die Moderatorin vor das Möbelstück setzt, um einen bunten "Rausschmeißer" anzukündigen - also den letzten Beitrag vor dem Wetterbericht.

Die Arbeit in dem neuen Studio üben Claus Kleber, Marietta Slomka, Steffen Seibert, Petra Gerster und ihre Co-Moderatoren bereits seit einigen Wochen. Besondere Herausforderung: Das virtuelle Studio ist in einem stechenden Apfelgrün gestrichen, außer dem Tisch gibt es keine Möbel oder Stellwände. Um das Bild am Computer zusammensetzen zu können, ist diese einheitliche Hintergrundfarbe wichtig. Für die Moderatoren ist es in dieser "Grünen Hölle" nicht immer ganz leicht, sich zu orientieren. Zudem müssen sie künftig vor laufender Kamera durchs Studio gehen - etwa zu einem Interviewpartner.

Auch für die Kameraleute sei es an einem virtuellen Set schwieriger, die exakten Einstellungen zu finden, sagt Sarter. Für bestimmte Aufnahmen werden sie daher von Roboterkameras unterstützt, die über Mikrochips ihre Position selbstständig ansteuern. Diese Roboter stammen ursprünglich aus der Autoindustrie - statt eines Schweißgerätes bewegen sie jedoch eine Kamera.

Neben "heute" und "heute-journal" sollen künftig auch das "ZDF- Mittagsmagazin", die Kindernachrichten "logo!" sowie die wöchentlichen Magazine "blickpunkt" und "ZDFwochen-journal" in dem neuen Studio produziert werden. Die Zuschauer können sich erstmals am 17. Juli in der "heute"-Sendung um 19.00 Uhr ein Bild machen.