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Leo Kirch besiegt noch nach seinem Tod die Deutsche Bank

Was für eine Horrorwoche für die Deutsche Bank: Am Mittwoch die Razzia mit Festnahmen, am Donnerstag die Warnung vor einem Gewinneinbruch. Und nun am Freitag der womöglich entscheidende Nackenschlag in dem Rechtsstreit mit Leo Kirch: Dessen Erben können nun berechtigt darauf hoffen, dass ihnen im kommenden Jahr eine dreistellige Millionensumme, vielleicht sogar ein Milliardenbetrag von der Deutschen Bank zufließt, berichtet aus München Ralf Isermann.

München, 14. Dezember (AFP) -  Leo Kirch, der 2002 sein Medienimperium mit den Sendern Sat.1, ProSieben und Premiere (heute Sky) und einer gigantischen Filmbibliothek verlor, kreidete seine Pleite bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr dem damaligen Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer an.

Breuer hatte in einem Interview die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt, kurz darauf gaben die Banken diesem kein Geld mehr und Kirch verlor seinen Konzern. "Erschossen hat mich der Rolf", sagte Kirch und gab noch im Jahr seiner Pleite den Startschuss für einen der größten deutschen Wirtschaftsprozesse. Geführt wurde dieser auf Seite der Rechtsanwälte unter anderem von Peter Gauweiler, dem CSU-Bundestagsabgeordneten. Kurz nach dem Urteil zeigte sich der langjährige Bekannte Kirchs tief berührt. "Das ist ein großer Teilsieg", sagte Gauweiler nach dem vom OLG ohne die Möglichkeit der Revision festgestellten Schadensersatzanspruch.

Allerdings: "Ich freue mich über den großen Schritt, aber bin auch traurig, weil der Herr Doktor Kirch das nicht mehr erleben kann." Was Gauweiler und sein Anwaltskollege Wolf-Rüdiger Bub da in den vergangenen zehn Jahren vor Gericht ausgefochten haben, war nicht irgendein Rechtsstreit um irgendeinen Schadensersatzanspruch. Es war das Duell des einst mächtigsten deutschen Medienmachers mit der größten deutschen Bank.

Und in diesem Bewusstsein zeigten sich Gauweiler und Bub auch im Anschluss - von einer historischen Entscheidung sprachen die beiden. Dabei lässt sich noch gar nicht in Euro und Cent beziffern, was die OLG-Entscheidung bedeutet. Denn das Gericht sah sich auch nach einer bis ins kleinste Detail geführten Beweisaufnahme nicht in der Lage, den Schadensersatzanspruch der Kirch-Erben genau zu beziffern.

Das sollen nun ab Anfang nächsten Jahres zwei Gutachter machen. Theoretisch könnten die Gutachter zu dem Schluss kommen, dass bei Kirch schon damals nichts mehr zu holen war und damit auch gar kein Schaden ersetzt werden muss. In einer offiziellen Stellungnahme vertrat die Deutsche Bank genau diese Ansicht: "Die Bank ist weiter davon überzeugt, dass die von der Klägerseite geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen und das Interview von Herrn Dr. Breuer die angeblichen Schäden nicht verursacht hat."

Hinter vorgehaltener Hand sagten aber auch Bankvertreter am Rande des Prozesses, dass sie wohl zahlen müssen - die Frage ist nur, wieviel. Gauweiler und Bub verwiesen darauf, dass ein in den Prozess eingeführtes Gutachten einen Schaden von etwa einer Milliarde Euro festgestellt hat. Dies sei der Maßstab.

Der Deutsche-Bank-Rechtsanwalt Peter Heckel hingegen verwies auf den im März geplatzten Vergleich mit den Kirch-Erben. Der damalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte mit diesen einen 812-Millionen-Euro-Vergleich ausgehandelt.

Doch der Vorstand der Bank ließ diesen platzen, was Rechtsanwalt Heckel für nach wie vor richtig hält. Er setzt darauf, dass die Deutsche Bank am Ende nicht soviel wird zahlen müssen. Doch selbst wenn es eine Zahlung unter den 812 Millionen Euro wird, ist die Frage, ob der finanzielle Gewinn dies wert war.

Denn mit dem Vergleich hätte die Deutsche Bank zumindest die juristische Baustelle Kirch im Frühjahr endgültig schließen können. So wird sie den Konzern noch im nächsten Jahr intensiv weiter beschäftigen - Kalenderwoche 50 des Jahres 2012 hat sich in der Geschichte der Deutschen Bank eine Markierung als Horrorwoche redlich verdient.

Ralf Isermann