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Microsoft-Chef opfert 18 000 Mitarbeiter für neuen Kurs

Satya Nadella setzt für die Zukunft Microsofts auf mobile Dienste und die Cloud. In anderen Bereichen baut der seit Jahresbeginn amtierende Konzernchef dagegen kräftig ab - vor allem bei Nokia.

Redmond (dpa) - Die Neuaufstellung von Microsoft kostet bis zu 18 000 Mitarbeiter ihren Job. Es handelt sich um den größten personellen Einschnitt in der Geschichte des Software-Konzerns. Den Großteil der Last tragen die Beschäftigten des zugekauften finnischen Handyherstellers Nokia - hier muss etwa jeder zweite Mitarbeiter gehen, vom Fabrikarbeiter über den Entwickler bis zum Manager. Zuletzt beschäftigte Microsoft insgesamt etwa 127 000 Menschen.

"Die Entscheidungen zum Umbruch sind schwierig, aber nötig", schrieb Konzernchef Satya Nadella am Donnerstag in einer E-Mail an die Mitarbeiter. Eine Reduzierung von Managementebenen soll schnellere Entscheidungen ermöglichen. Verantwortungen sollen klarer verteilt werden, um mit den wendigeren Start-ups aus dem Silicon Valley mithalten zu können. Vor allem aber sollen Doppelungen aus der Übernahme von Nokia wegfallen.

Die deutschen Kollegen kommen dabei glimpflich davon: Hierzulande werde "eine zweistellige Zahl von Mitarbeitern von den Stellenkürzungen betroffen sein", sagte ein Microsoft-Sprecher.

Der seit Jahresbeginn amtierende Nadella will Microsoft unabhängiger von einem geschrumpften PC-Markt und dem PC-Betriebssystem Windows machen. Dazu hat er die Devise "mobile-first, cloud-first" ausgegeben. Daten und Anwendungen sollen über das Netz von jedem Gerät aus erreichbar sein - auch von solchen, die von Konkurrenten wie Apple stammen. Wichtig ist Nadella vielmehr, dass die Dienste im Hintergrund auf Microsoft-Servern laufen.

An diese neue Marschrichtung muss sich nun Nokia anpassen. Microsoft hatte den Handyhersteller noch unter Nadellas Vorgänger Steve Ballmer für rund 5,4 Milliarden Euro übernommen. Rund 25 000 Leute waren neu ins Unternehmen gekommen - 12 500 Stellen fallen nun im Zuge der Eingliederung weg. Die meisten Jobs sollen noch bis zum Jahresende gestrichen werden und der Rest bis Mitte nächsten Jahres.

Der für Geräte zuständige Microsoft-Manager und ehemalige Nokia-Chef Stephen Elop erklärte, Entwicklungsteams würden zusammengelegt und die Produktion neu geordnet. Der Fokus solle künftig noch mehr auf günstigen Smartphones der Lumia-Reihe liegen. Es gehe darum, "die Stückzahlen bei Lumia hochzutreiben", schrieb Elop den Mitarbeitern in einer E-Mail. Das hauseigene Betriebssystem Windows Phone, das die Lumia-Smartphones antreibt, findet zwar immer weitere Verbreitung. Doch der Abstand zu den marktbeherrschenden Android-Geräten und Apples iPhone ist weiterhin gewaltig.

Konzernchef Nadella versprach den Mitarbeitern, die gehen müssen, Abfindungen und Hilfe bei der Suche nach neuen Jobs. Die Gesamtkosten für den Stellenabbau bezifferte Microsoft auf 1,1 bis 1,6 Milliarden Dollar vor Steuern, verteilt über die nächsten vier Quartale. Der Konzern gibt nächsten Dienstag die Geschäftszahlen für das abgelaufene Quartal bekannt.

EU-Arbeitskommissar László Andor mahnte erklärte in Brüssel, eine Firmensanierung sei "Teil des Lebens". "Aber sie sollte in einer sozial verträglichen Weise erfolgen." Die Stellenstreichungen dürften kein Anlass sein, um Investitionen in digitale Kenntnisse und neue Jobs zu stoppen. Andor verwies auf EU-Fördergelder, die für die Wiederbeschäftigung von Mitarbeitern bereit stünden. Er habe um ein Treffen mit Microsoft gebeten, um über finanzielle Unterstützung der EU zu reden.

Für die Finnen kam der Stellenabbau nicht überraschend. Arbeitsminister Lauri Ihalainen sagte, es sei "die befürchtete schlechte Nachricht" für die Arbeiter von Nokia, die gerade in ihre Sommerferien gefahren seien. Microsoft müsse nun Verantwortung zeigen und den Angestellten helfen. Das Arbeitsministerium stünde ebenfalls bereit, die Betroffenen zu unterstützen.

Von den 4700 Nokia-Mitarbeitern in Finnland, die mit dem Verkauf im April zu Microsoft wechselten, rechnen 1100 damit, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Allein 500 Jobs gehen mit der Schließung des früheren Forschungs- und Entwicklungszentrums von Nokia in Oulu verloren. Finnlands Ministerpräsident Alexander Stubb sagte der Presse am Donnerstag, es sei positiv, dass Microsoft in Salo und Tampere investieren und die Produktion in Espoo aufrechterhalten wolle.

Die meisten Werke stehen schon heute in Asien. Die Nokia-Produktion in Ungarn soll nach Angaben von Manager Elop schrittweise auslaufen. Hier sind 1800 Mitarbeiter in einer Fabrik in Komarom an der slowakischen Grenze betroffen.