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Nach dem Ende von dapd: Kölner Onlinezeitung ohne echte Alternative

Das Ende der dapd führt zu hektischen Fragen auch bei Medien. Wie geht es weiter auf dem Markt der Nachrichtenagenturen? Und wer kann zu einem akzeptablen Preis die Lücke schließen, die dapd hinterlässt? Ein Beispiel aus Köln.

Köln - Andreas Goral ist Kopf und Namensgeber hinter der "Atelier Goral GmbH". Goral, Jahrgang 1964, führt als Eigentümer und Geschäftsführer Kölns Internetzeitung "Report K". Seit neun Jahren sorgt ein Team von drei festen Redakteuren und einigen freien Journalisten dafür, dass es fernab der Großverlage eine journalistische Alternative in der Domstadt gibt.

So versteht sich Goral auch, Geschichten werden durchweg aus dem Kölner Blickwinkel erzählt, als erstes Medium hat "Report K" mit einem Liveticker aus der Kölner Ratssitzung berichtet. Im Monat erreicht die Onlinezeitung nach eigenen Angaben zwischen 55.000 und 65.000 Leserinnen und Leser (Unique), die zum großen Teil aus der einwohnerstärksten Stadt Nordrhein-Westfalens stammen.

"Setzen auf Wachstum, wenn wir es uns leisten können"

Goral betont, dass alle Mitarbeiter nach Tageszeitungstarif bezahlt werden und auch Praktikanten ein Honorar erhalten. "Auf Autoren, die umsonst schreiben, wie bei vielen anderen Onlineportalen verzichten wir bewusst, da wir unabhängig und journalistisch bleiben wollen", sagt Goral. Und: "Wir setzen auf Wachstum, wenn wir es uns auch leisten können. Daneben bauen wir einen eigenen Vertrieb auf, der auf Qualitätsjournalismus und damit ein Premium-Umfeld setzt, um langfristig das Portal auf eine wirtschaftlich gesunde Basis zu stellen."

 

Andreas Goral ist Eigentümer von "Report-K". Seinen Lesern will er auch online Qualität liefern.

 

Goral, der für seine Internetzeitung auf eigene, teure Marketingkampagnen verzichtet, investiert lieber in die Redaktion, in die Weiterentwicklung von "Report K". Für eine breite Aufstellung und für die Veröffentlichung von Nachrichten aus dem Bundesland konnte Goral bislang auf den Landesdienst Nordrhein-Westfalen der insolventen Nachrichtenagentur dapd zurückgreifen.

"Durch die dapd Insolvenz leidet derzeit unsere NRW- Berichterstattung ein wenig, die wir nach den lokalen Themen als zweitwichtigste Nachrichtenlage für uns sehen", sagt Goral, der das Ende von dapd bedauert. "Der dapd Landesdienst NRW war topaktuell, die Recherchen hervorragend und der Schreibstil exzellent, die Reaktion auf Anfragen oder Bemerkungen unserer Redaktion prompt und immer kompetent", so Goral.

Der Chefredakteur, der einst als Kalligraph und Designer im Auswärtigen Amt seine berufliche Laufbahn begonnen hat, lobt: "Bemerkenswert fanden wir die Herangehensweise an die geänderte Nutzungsweise von Nachrichten durch Online und Mobile, wie wir sie auch unseren Lesern bieten. Die Meldung, auch wenn sie kurz war, zuerst und dann bei wichtigen Themen eine umfassende Vertiefung im Laufe des Tages.

"Online-Leser wollen mehr"

Goral glaubt: "Online-Leser wollen nicht nur Schnippsel lesen, sondern auch umfassend informiert werden. Wir haben den Landesdienst der dapd als Bereicherung empfunden, konnten dadurch unsere journalistische Kompetenz stärken und haben dies auch als Rückmeldung von unseren Lesern erhalten. Ein echter Verlust."

Seine bisherigen Versuche, eine Alternative für den Wegfall zu finden, ist aber noch nicht vom Erfolg gekrönt. Goral kontaktierte den Vertrieb der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Ich wollte wie bei dapd die selben Leistungen bei dpa bestellen, den Landesdienst NRW mit Text und ein Kontingent von 25 Bildern im Monat".

Die Gespräche, das sagt Goral deutlich, seien äußerst harmonisch verlaufen, nur - den ganzen Landesdienst NRW durfte er zwar bestellen, aber nicht online verwenden: "Laut unseren Gesprächspartnern sei der vollumfängliche dpa-Dienst Printtiteln vorbehalten, dies sei ein Gesellschafterbeschluss, wurde mir gesagt", so Goral.

Auf das Angebot, die dpaRegioLine für NRW zu bestellen, hat Goral verzichtet: "Wie wir aus einer Arbeit des Studiengangs Online-Journalismus der FH Köln über unser Medium wissen, haben wir eine Leserschaft mit einem sehr hohen Anspruch. Aus diesem Grund wollen wir nicht nur „Textschnippsel“ bieten, sondern gerade aus NRW einen fundierte Landtags-, aber auch parteipolitische Berichterstattung. Gleiches gilt für Berichte aus der NRW-Wirtschaft", sagt er gegenüber Newsroom.de.

 

Als Kölns Internetzeitung versteht sich "Report K".

 

Gegenüber Newsroom.de will dpa zwar nicht auf den Kölner Fall eingehen. "Wir bieten regionalen Online-Nachrichtenanbietern primär unsere dpa-RegioLines an. Diese Dienste sind für die Nutzung auf Websites zugeschnitten, sie bringen Text und Bild fertig verknüpft mit und können wegen des strukturierten Formats in ein Content Management System importiert werden. All das sind Anforderungen, die in den weitaus meisten Fällen von digitalen Publishern an uns herangetragen werden", erklärt Pressesprecher Christian Röwekamp.

"Selbstverständlich bieten wir unseren Kunden aber auch an, Inhalte aus den deutschlandweit zwölf dpa-Landesdiensten im Web zu veröffentlichen. Diese Dienste sind allerdings für die Bedürfnisse von Medien optimiert, die die Inhalte nicht online publizieren wollen. Wie alle anderen Agenturen schränkt außerdem auch dpa die Anzahl der Meldungen ein, die aus diesen Diensten im Web veröffentlicht werden dürfen", erklärt Röwekamp.

Eigenes Korrespondenten-Netz keine Alternative

Könnte "Report K" nicht die Redaktion aufstocken, um die Leserwünsche zu erfüllen? "Wir müssten ein eigenes Korrespondenten-Netz in Nordrhein-Westfalen aufbauen. Für uns als alleinige Nutzer der Nachrichten wäre das nicht finanzierbar". Vorläufig "müssen wir ein schmaleres Angebot von NRW-Themen anbieten", bedauert Goral.

Der Chefredakteur hofft aber: "Vielleicht entsteht aus dem Kreis der ehemaligen dapd-Journalisten ein neues Netzwerk, das den Kontakt zu uns aufnimmt und einen neuen, innovativen Dienst anbietet."

Wer die Anschubfinanzierung dafür leisten kann, weiß Goral auch schon: "Hier wäre auch eine Chance für die Politik in NRW, die ja eine Journalismus-Stiftung gründen will, solchen Projekten den nötigen Impuls zu geben und die vielbeschworene Medienvielfalt zu erhalten, auszubauen und zu stärken."

Goral bedauert, dass er nicht auf den gesamten dpa-Landesdienst zurückgreifen kann: "Online-Medien werden in ihrer Entwicklung mit dieser Entscheidung massiv behindert. Die dapd fehlt."

Bülend Ürük

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