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Russland: Wladimir Putin löst Nachrichtenagentur RIA Novosti per Dekret auf

Handstreichartig und ohne große Diskussion hat Russlands Präsident Wladimir Putin heute die staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti aufgelöst. Selbst die Führung der Nachrichtenagentur wurde nach Newsroom.de-Informationen von Putins Entscheidung kalt erwischt. Aus Moskau Bülend Ürük.

 

Moskau - Aus RIA Novosti wird "Rossija Segodnja" ("Russland heute"). Zeitgleich hat Putin die Führung von RIA Novosti ausgetauscht und mit folgsamen Leuten besetzt. Von Putins Entscheidung hat die RIA-Führung nach unseren Informationen zuerst aus Medien erfahren, die Putin besonders nah stehen.

Chef der neuen Nachrichtenagentur wird der konservative Fernsehmoderator und Kommentator Dimitri Kiseljow vom TV-Sender Rossija, der als Putin-Gefolgsmann gilt.

Kiseljow hatte kürzlich beispielsweise unter anderem gesagt, dass Homosexuelle kein Blut spenden sollten, auch ihre Herzen sollten auf keinen Fall transplantiert sondern nach ihrem Tod verbrannt werden. Auch hat er zum Beispiel gegen den Zuzug von kaukasischen Bürgern nach Moskau gehetzt - mit dem Hinweis, zu viele Fremde würde Moskau nicht vertragen.

 

Seit heute offiziell Geschichte - die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti muss ihre Arbeit auf Anweisung von Präsident Wladimir Putin einstellen. Ihre Nachfolge-Agentur "Rossija Segodnja" soll sich ganz auf positive Berichterstattung aus Russland konzentrieren.

 

Wirtschaftlicher und mit einer noch höheren Reichweite soll die "Internationale Nachrichtenagentur Russland Heute" zukünftig agieren, erklärte Sergej Iwanow, Chef der Kreml-Administration, heute vor Journalisten in Moskau.

Obwohl sich bereits RIA Novosti komplett in Staatshand befand, konnte es regelmäßig mit nachdenkenswerten, interessanten Beiträgen über Russland punkten. Die Agentur galt als staats-, aber nicht als Putintreu. Das wurde der Führung jetzt zum Verhängnis.

RIA Novosti galt im Frühjahr 2013 als ein Rettungsanker für die im April zugesperrte deutsche Nachrichtenagentur dapd. Die Agentur erhielt von der russischen Regierung am Ende allerdings nicht die notwendigen Millionen genehmigt.

RIA Novosti gehörte bis zu ihrer Einstellung heute zu den größten Nachrichtenagenturen der Welt. Die Agentur, die aus dem Zusammenschluss zweier Dienste im Jahr 1991 entstand und sich seit 1993 in staatlicher Hand befand, beschäftigte weltweit über 2300 Mitarbeiter, darunter alleine 850 Journalisten.

Bis zum Start von "Rossija Segodnja" soll RIA Novosti noch aktiv bleiben, "Rossija Segodnja" soll zudem die Büros von RIA Novosti übernehmen.

180 Korrespondenten hat die Staatsagentur weltweit im Einsatz, ihre Beiträge werden rund um die Uhr in 14 Sprachen - neben Russisch unter anderem auch Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Persisch, Arabisch, Japanisch und Chinesisch - verbreitet. Wie es mit den Mehrsprachendiensten weitergeht - noch unklar. 

"Rossija Segodnja" soll aber weiterhin die Berichterstattung im Ausland über die staatliche Politik der Russischen Föderation und das gesellschaftliche Leben in Russland widerspiegeln. Zur neuen Media-Holding gehört zukünftig auch der Rundfunksender "Golfs Rossii" ("Stimme Russlands). Der ebenfalls als "Russia Today" (RT) sendende Fernsehnachrichtensender wird nach Newsroom.de-Informationen vorerst nicht zur neuen Medien-Holding gehören.

2014 sollte RIA Novosti die Aufgaben der Host-Agentur bei den Olympischen Winterspielen, die vom 7. bis zum 23. Februar 2014 in der subtropischen Stadt Sotschi gefeiert werden. Im extra für die Olympischen Spiele in Moskau eingerichteten Newsroom werden 60 Journalisten rund um die Uhr arbeiten und Nachrichten in allen verschiedenen Formaten aufbereiten, mehr als 80 Reporter und Fotografen werden direkt aus den Sportstätten berichten.

Auch diese Aufgabe wird nun "Rossija Segodnja" übernehmen.

Bülend Ürük