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Springer-/Funke-Deal: Bundeskartellamt hält Klambt für nicht geeignet

„Es bestehen gegenwärtig jedoch erhebliche Zweifel sowohl an der Geeignetheit des konkreten Erwerbers, als auch an der Bereitschaft von FMG, mit der Veräußerung der eigenen Titel einen von FMG unabhängig agierenden Wettbewerber zu schaffen.“

Berlin - Das schreibt das Bundeskartellamt in seiner Einschätzung zum Übernahmeantrag der Programmzeitschriften von Axel Springer durch die Funke Mediengruppe. Die 116-seitige Beurteilung, die NEWSROOM vorliegt, lässt aktuell kein anderes Urteil zu - die Funke-Manager Manfred Braun und Thomas Ziegler haben sich massiv verpokert. Der größte Mediendeal der vergangenen Jahrzehnte droht zu scheitern. Den Schaden trägt aber auch Axel Springer. Warum, erklärt Newsroom.de-Chefredakteur Bülend Ürük in seiner Analyse.

Als Käufer eines Paketes von Programmzeitschriften, zu dem die von Axel Springer herausgegebenen wöchentlichen Titel „Funk Uhr“, „Bildwoche“ und „TV neu“ sowie die von der Funke Mediengruppe herausgegebenen wöchentlichen Titel „Super TV“ und „die zwei“, die vierwöchentlichen „Titel TV 4 Wochen“, „TV 4x7“ und den zweiwöchentlichen Titel „TV piccolino plus“ gehören, hatte Funke-Manager Manfred Braun seine Freunde von der traditionsreichen Mediengruppe Klambt aus dem Hut gezogen.

Ein mittelständischer, gesunder Verlag, der sich im Besitz der Familien Rose und Muscate befindet und Zeitschriften wie "Heim und Welt" oder "Woche der Frau" herausgibt.

 

Hat sich verzockt: Manfred Braun, (Noch-)Herr über die Zeitschriften bei der Funke Mediengruppe.

 

Das Kartellamt bemängelt dann nun auch nicht, dass die geplante Veräußerung der Programmzeitschriften nicht ausreichen würde, um dem neu auf den Programmie-Markt eintretenden Klambt-Verlag eine wirtschaftlich gesunde Tätigkeit zu erlauben.

Im Gegenteil, mit seinen bis zu zehn Prozent Anteil am Markt der Programmzeitschriften würde Klambt in dem Markt, der bislang von Bauer Hamburg, Axel Springer, Funke und Burda bestimmt wird, eine vitale Rolle spielen.

Die großen Sorgen bereiten dem Kartellamt die Nebenbestimmungen, die ihr zur Beurteilung eingereicht wurden.

Was sofort auffällt - so richtig mit Leidenschaft und Herzblut scheint sich die Mediengruppe Klambt nicht auf das Abenteuer Programmzeitschriften einlassen zu wollen.

Dabei geht es noch nicht einmal um einen hohen oder niedrigen Kaufpreis, im Gegenteil, selbst diesen Betrag wollen Funke und Springer Verleger Lars Rose zur Verfügung stellen.

Zum auf der Zunge zergehen lassen - der Vertrag zwischen der Funke Mediengruppe und der Mediengruppe Klambt sieht neben einem Rückkaufverbot für fünf Jahre und einer Hold-Separate-Verpflichtung umfangreiche Finanzierungsabsprachen vor, die „alles gesprengt haben“, sagt ein mit dem Fall Vertrauter.

Denn die Finanzierung würde zu weit über 75 Prozent aus einem von der Funke Mediengruppe gewährten Verkäuferdarlehen und einem Darlehen oder einer Bürgschaft von Axel Springer bestehen.

„Der mit FMG vorgesehene Darlehensvertrag betrifft allein 15-25 % des Kaufpreises. Die alleinige Haftung für die Finanzierung würde eine vom Klambt-Verlag zu gründende Tochtergesellschaft tragen, in die die Vermögenswerte eingebracht würden und in der das operative Geschäft mit den erworbenen Titeln geführt würde (im Folgenden: Haftungsgesellschaft). Unter Berücksichtigung der vorgesehenen Nachrangigkeit des FMG-Verkäuferdarlehens kann die Laufzeit der Verträge insgesamt deutlich mehr als 20 Jahre betragen“, schreibt das Bundeskartellamt.

Aber es gibt noch weitere Passagen, die jeden vernünftigen Verlagskaufmann den Kopf schütteln lassen: „Die Tilgung des Verkäuferdarlehens ist an eine Gewinnabführung in erheblichem Umfang geknüpft. Der Zinssatz erhöht sich nach 5 Jahren signifikant. Die Vereinbarung gewährt Informationsrechte für FMG u. a. bezüglich der finanziellen Situation sowohl der Haftungsgesellschaft, als auch bezüglich der Klambt-Gruppe selbst, sowie weitere Informationen. Sensible Informationen, die aus Sicht des Klambt-Verlags ein Geschäftsgeheimnis darstellen, würden von FMG beauftragten neutralen Personen zur Prüfung vorgelegt“, heißt es in der Einschätzung des Bundeskartellamtes.

Wer kann da noch ernsthaft von selbstständiger unternehmerischer Tätigkeit, von einer Vision für die Entwicklung dieser Titel sprechen?

Niemand, der sich mit Zeitschriftenverlagen auskennt.

Das Bundeskartellamt kann aus diesen Vorschlägen aus Essen nur zu einem Schluss kommen, nämlich, „dass erhebliche Zweifel an der Geeignetheit und der Unabhängigkeit des Erwerbers bestehen“.

Das aktuelle Funke-Management, vor allem Manfred Braun, der den Deal mit Klambt eingefädelt hat, bringt mit seiner fehlerhaften Einschätzung die gesamte Mediengruppe in Gefahr. Braun hat sich verzockt.

Nur - noch eine weitere Demission wird sich die Verlegerfamilie Funke, bestehend aus den Erben Grotkamp, Holthoff-Pförtner und Schubries, nach der unnötigen, weil teuren und überhasteten und aus niedrigen Gründen, am Ende gemeinsam getroffenen Trennung von Christian Nienhaus derzeit zumindest nicht leisten können. Ein Trauerspiel.

Aber auch auf Axel Springer bleibt ein Makel, der Befreiungsschlag, die Abkehr von Traditionstiteln des Hauses hin zu neuen Medien, ob digital oder Print, droht zu scheitern. „Axel Springer muss sich bewegen. Aktuell sehe ich keine Möglichkeit, dass Funke das gesamte Paket übernehmen kann oder dass ein ernsthafter Käufer gefunden wird“, sagt ein mit dem Fall Vertrauter.

Wenn Axel Springer auf die Übernahme pocht, worauf das Berliner Medienhaus angesichts der Absprachen bestehen könnte, ist Essen in Gefahr.

Bis April haben Funke und Springer noch Zeit, eine Lösung zu präsentieren.

Bülend Ürük

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