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Amateurfußballzeitschriften - ein Nischenmarkt mit Potential nach oben

Es muss nicht immer Bundesliga, Champions League oder wie jetzt die Fußball-Europameisterschaft sein. In einer Auflagenhöhe von insgesamt 750.000 Exemplaren erscheinen jeden Monat Zeitschriften, die den Amateur-Fußballmarkt abdecken. Und die Zahl der Blätter steigt.

Hamburg - Es gibt Leser, die verschlingen jeden Satz, jede Zeile, lesen online und schalten ständig den Fernseher ein, um zu erfahren, was ihre Fußballhelden gerade so machen. Und es gibt immer noch Leser, die schalten sofort weg oder blättern weiter, sobald die Medien über Fußball berichten.

Die eingefleischten Fans sind es aber auch, die sich für den Sport vor der Haustür interessieren, die wissen wollen, wie ihre Heimatmannschaft gespielt hat. Die Konzentration aufs Lokale, sie wirkt auch bei der Sportberichterstattung. Wer einen Nachbarn hat, der in der Bezirksliga "zockt", möchte auch wissen, wie er sich auf dem Rasen gemacht hat.

Schon seit 2010 vertritt P-Kon Media die unzähligen lokalen und regionalen Amateurfußballmedien, um sie bundesweit zu vermarkten; Anfang 2012 haben die Macher das Hamburger Start-up "Myfussi" gegründet. Das Ziel - die Bereitstellung und den Aufbau von Onlineportalen im Amateurfußballbereich. "Fußballfans sind sehr leseaffin", sagt "myfussi"-Gründer Marcel Hager (35) im  NEWSROOM-Interview. Wer Europameister wird, steht für den Betriebswirt übrigens auch schon fest: "Deutschland - weil wir wieder dran sind!"

NEWSROOM: Herr Hager, der Fußball rückt ab heute wieder in den Mittelpunkt. Wie leseaffin sind eigentlich die deutschen Fußballfans?

Marcel Hager: Sowohl die Fußballfans als auch die aktiven Fußballer sind sehr leseaffin, was die Berichterstattung des regionalen Amateurfußballs angeht. Leider wird dieser Bedarf nicht überall bedient. Es gibt nicht in allen Regionen Medien, die über das wöchentlichen Kräftemessen auf Rasen, Asche und Kunstrasen berichten.

NEWSROOM: Welche Rolle spielt der Sport aus Ihrer Sicht eigentlich in der Tageszeitung?

Marcel Hager: Der überregionale Profisport spielt mit Sicherheit eine große Rolle. Der Amateurfußball wird in den meisten Tages- und Wochenzeitungen leider aber oft nur spärlich behandelt, Tages- und Wochenzeitungen kratzen meist nur an der Oberfläche. Diese Lücke wird von vielen regionalen Amateurfußball-Magazinen und Onlineportalen geschlossen.

 

Gründer Marcel Hager von "myfussi" hilft Journalisten, sich mit einer eigenen Fußballzeitschrift selbstständig zu machen. Foto: privat

 

NEWSROOM: Was können regionale Magazine für den Sport leisten?

Marcel Hager: Die regionalen Amateurfußball-Medien liefern eine tief gehende und ausführliche Berichterstattung. Die Kollegen bei den regionalen Magazinen machen, angetrieben durch viel Herzblut und Leidenschaft in den Redaktionen, einen sehr guten Job und liefern die Storys, die nicht in der Tagespresse landen. Hier liest man von den Protagonisten der Amateurligen und gibt ihnen den Stellenwert, den sonst nur Profifußballer in der Tagespresse genießen.

NEWSROOM: Wie sieht der Sport-Zeitschriftenmarkt unterhalb der bundesweiten Titel wie "kicker", "Sport-Bild" oder "11Freunde" genau aus?

Marcel Hager: Der Amateurfußball-Zeitschriftenmarkt ist sehr kleinteilig und vielfältig. Er reicht von Titeln mit einer Auflage von 2500 Stück für den kleinen Landkreis bis hin zu auflagenstarken Zeitungen, die ganze Regionen bedienen, wie den „Reviersport“. Dazwischen finden sich Zeitungen und Magazine jeder denkbaren Ausführung.

NEWSROOM: Sie sagen, dass immer wieder neue Zeitschriften erscheinen. Woher kommt der Reiz eines Printtitels für die Sportszene?

Marcel Hager: Print und Fußball passen einfach gut zusammen. Am Platz gehört das regionale Fußballblatt einfach dazu. Außerdem ist die Leserschaft sehr dankbar. Jede Region nimmt ein Magazin, in dem über die eigene Liga etwas zu lesen ist, gerne an. Auch hier ist die Digitalisierung natürlich im vollen Gange. Sie löst die Printmedien jedoch nicht ab, sondern wird zum crossmedialen Spielball. Online lebt von der schnellen Berichterstattung, die Printtitel von der Tiefe und Optik der Berichte. Das lässt sich hervorragend kombinieren und befruchtet sich.

NEWSROOM: Und wer sind die Macher der Sportzeitschriften? Sind das eher Fans, die zu Journalisten werden, oder gelernte Journalisten, die selbstständig arbeiten möchten?

Marcel Hager: Es gibt natürlich Redakteure, die direkt von der Uni kommen und sich mit ihrer Idee der regionalen Fußballberichterstattung ein finanzielles Standbein aufbauen wollen. Andere Magazine haben große Verlage mit der entsprechenden Struktur im Hintergrund.

NEWSROOM: Wie unabhängig sind die lokalen und regionalen Sportzeitschriften? Wie finanzieren sie sich?

Marcel Hager: Die meisten sind unabhängig. Dort wo große Verlage das Sagen haben sind die Wege natürlich etwas länger und die Unabhängigkeit kleiner. Die Titel finanzieren sich durch Anzeigen, teilweise kombiniert mit einem Copypreis. Es gibt auch kostenfreie Magazine, die sich ausschließlich durch Anzeigenpartner finanzieren.

NEWSROOM: Und wie professionell sind die Zeitschriften gemacht?

Marcel Hager: Professioneller als man denken mag. Auch kleine Redaktionen schaffen es, anspruchsvolle Zeitschriften auf den Markt zu bringen. Der technische Fortschritt erlaubt es. Mit einem guten Rechner und den richtigen Programmen sind die Anforderungen an die Hardware mit relativ wenig Geld zu erfüllen und auch ein kleines Team von Redakteuren, Fotografen und einem Grafiker kann ein tolles Produkt erstellen.

NEWSROOM: Die WAZ Mediengruppe hat die Übernahme vom "Reviersport" beim Bundeskartellamt angemeldet. Welche Vorteile und Nachteile bringt die Übernahme durch den Medienkonzern?

Marcel Hager: Einen finanzstarken Partner im Rücken zu haben bietet grundsätzlich gute Möglichkeiten für die weitere Entwicklung. Viele Entscheidungen werden aber eine Etage höher getroffen und dauern länger. Flexibilität und schnelle Entscheidungen lassen nach. Ein großes Schiff biegt nun mal nicht einfach so ab, sondern braucht für einen Kurswechsel etwas länger.

NEWSROOM: Gibt es noch andere Sportzeitschriften, die für Großverlage interessant sein könnten?

Marcel Hager: "Reviersport" genießt, was Verbreitung, Auflage und Inhalt angeht, eine Sonderstellung. Danach kommt erst einmal eine große Lücke.

NEWSROOM: Sie sind Herausgeber von „FussiFreunde“. Warum geben Sie die Zeitschrift ausgerechnet in Hamburg und Köln, aber nicht in Berlin oder München heraus?

Marcel Hager: Eigentlich wollen wir regionale Amateurfußballmedien mit unseren Angeboten unterstützen und ihnen keine Konkurrenz machen. In Hamburg haben wir begonnen, weil wir in Hamburg unseren Firmensitz haben. In Köln haben wir einen weiteren Titel auf den Markt gebracht, weil es dort noch kein Medium gab, das sich in dieser Weise mit dem Amateurfußball beschäftigt hat. In Regionen, in denen es bereits Titel gibt - wie die „Fußball-Woche“ in Berlin oder der „Fußball-Vorort“ in München - macht es für uns keinen Sinn, einen weiteren Titel auf den Markt zu bringen, da die Jungs ihren Job sehr gut machen. Wir arbeiten stattdessen mit ihnen zusammen, beispielsweise im Bereich der Vermarktung von Anzeigen.

Mit Marcel Hager, Geschäftsführer und Gründer bei "myfussi", sprach NEWSROOM-Chefredakteur Bülend Ürük.