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KNA

Anhörung zur Auslieferung von Wikileaks-Gründer Assange startet

Ab Dienstag entscheidet der Londoner High Court in einer zweitägigen Anhörung endgültig über die von der US-Justiz beantragte Ausweisung von Wikileaks-Gründer Julian Assange. Dem Journalisten drohen in den USA bis zu 175 Jahre Haft.

London/Berlin (KNA) Vor Beginn des Anhörungsverfahrens zur Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange in die USA am Dienstag haben Medienorganisationen den britischen High Court aufgefordert, das Ersuchen der US-amerikanischen Justiz endgültig abzulehnen. Da Assange in den USA im Fall einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe von 175 Jahren drohe, komme "das einem Todesurteil gleich", sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Mika Beuster.

 

Der aus Australien stammende Journalist ist in den USA wegen schwerer Verstöße gegen das Spionagegesetz von 1917 anklagt, weil Wikileaks 2010 geheime US-Militärdokumente und Videos zu Einsätzen im Irak und in Afghanistan veröffentlicht hatte. Diese hatten Kriegsverbrechen der US-Truppen und die Zustände im US-Sondergefängnis Guantanamo auf Kuba enthüllt. Die Daten waren Wikileaks von der Whistleblowerin und US-Armeeangehörigen Chelsea Manning zugespielt worden, die dafür 2013 zu zunächst 35 Jahren Gefängnis verurteilt worden war. 2017 wurde Manning vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama begnadigt.

 

"Die britische Justiz kann für eine gewisse Form von Gerechtigkeit sorgen, indem sie die Auslieferung von Assange verhindert", erklärte auch die Vorstandssprecherin von Reporter ohne Grenzen, Katja Gloger. Die USA sollten das seit 13 Jahren andauernde Verfahren gegen Assange umgehend einstellen.

 

Auch Politik fordert Freilassung

Am Montag hatten auch 75 Abgeordnete des Deutschen Bundestages in einem Appell die sofortige Freilassung von Assange gefordert. Sollte die Anhörung die Ausweisung Assanges in die USA bestätigen, "wäre das ein fatales Signal für mutige Journalistinnen und Journalisten in ganz Europa und Nährboden für den grassierenden antidemokratischen Backlash", sagte der Initiator des Appells, der Grünen-Abgeordnete Max Lucks, der "Frankfurter Rundschau". Nach dem US-Spionagegesetz kann Assanges Verteidigung nicht wie sonst im Medienrecht üblich damit argumentieren, die Veröffentlichung sei im öffentlichen Interesse gewesen.

 

Der DJV fordert, Assanges Arbeit nicht als Spionage, sondern als journalistische Aufklärungsarbeit zu werten. "Wikileaks hat maßgeblichen Anteil daran, dass die Weltöffentlichkeit die schmutzige Seite der US-Kriegseinsätze erfuhr. Dafür verdient Julian Assange Auszeichnungen und nicht Haft", so Beuster. Mit einem Beschluss gegen eine Auslieferung an die USA könne der britische High Court ein klares und juristisch unmissverständliches Zeichen setzen. Auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Teil der Gewerkschaft Verdi, fordert ein Ende des Verfahrens. Sie hatte Assange im April 2023 zum Ehrenmitglied erklärt.

 

Assange hatte von 2012 bis 2019 in der ecuadorianischen Botschaft in London gelebt, wo er politisches Asyl genoss. 2019 entzog ihm der damalige ecuadorianische Präsident Lenin Moreno dieses Status und ließ ihn von der Londoner Polizei verhaften. Seitdem sitzt Assange in Großbritannien in Haft. Im Januar 2021 hatte ein Gericht seine Auslieferung in die USA wegen der dort zu erwartenden Haftbedingungen zunächst abgelehnt. Dieser Beschluss wurde im Dezember 2021 von einem Berufungsgericht aufgehoben. Gegen diesen Beschluss geht Assange nun vor, wobei die jetzt beginnende, auf zwei Tage angesetzte Anhörung vor dem High Court seine letzte Chance ist, die Auslieferung zu verhindern.