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dpa

„Relotius ist eine Chance“ − Zitate zur Bedeutung des Fälschungsfalls

Der Skandal beim „Spiegel“ im Nachklang.

Hamburg/Berlin (dpa) − Der Fälschungsfall Relotius beim Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vor einem Jahr hat Folgen gehabt. Vieles wurde im Journalismus hinterfragt. Einige Aussagen von Medienmachern zur Bedeutung des Skandals:

 

„Relotius war nicht der erste Fall. Er hat aber erneut klar gemacht, dass es leider auch unter uns Journalisten Menschen gibt, die schlampig arbeiten, und − noch schlimmer − Menschen mit krimineller Energie, vor denen sich Redaktionen schützen müssen. Komplette Sicherheit gibt es aber nicht − insbesondere nicht für eine Tageszeitung, wo Geschichten oft sehr schnell und kurzfristig recherchiert, geschrieben und ins Blatt oder auf die Website gehoben werden müssen.“

Chefredakteur der „Süddeutschen Zeitung“, Wolfgang Krach

 

„Relotius ist eine Chance. Nicht weil die Reportage ein teuflisches Genre wäre, das abgeschafft gehört, oder weil jetzt alle Journalistenpreise verboten werden sollten. Sondern weil, wenn es gut läuft, wieder stärker wird, was zu schwach geworden ist: dass in den Hintergrund gedrängte Gütekriterien wieder mehr Gewicht bekommen.“

Chefredakteur der „Tageszeitung“, Georg Löwisch

 

„Mehr denn je sind wir in der Pflicht, belastbare Rahmenbedingungen für einen guten, sauberen Journalismus zu gewährleisten. Kritisch, faktenorientiert, penibel recherchiert und mit einer Haltung, wo es angebracht ist. Der Fall Relotius hat da nur noch einmal ein Ausrufezeichen hinter den Anspruch gesetzt, Qualitäts- und Kontrollstandards ständig neu zu hinterfragen und zu optimieren.“

Chefredakteur RTL, Michael Wulf

 

„Der Schaden, der durch diesen Fall entstanden ist, reichte weit über den „Spiegel“ hinaus, da es um die Glaubwürdigkeit unserer gesamten Branche geht. In letzter Konsequenz sind alle Medien betroffen, weil dieser Fall ein Klischee zu bestätigen scheint, das in Teilen der Öffentlichkeit verbreitet ist und schon vorher verbreitet war. Das Klischee lautet: Die Medien verdrehen die Wahrheit. Seit dem Fall Relotius ist es für uns Journalisten schwieriger geworden, dieses Vorurteil pauschal abzuwehren, obwohl es keine vergleichbare Affäre gibt.“

Chefreporter der „Zeit“-Chefredaktion, Stefan Willeke

 

„Es gab kurzfristig sicher eine erhebliche Irritation. Langfristig sollte die deutsche Presse in der Lage sein, durch sachliche, nüchterne und akkurate Berichterstattung das verlorene Vertrauen wiederzugewinnen.“

Herausgeber der „Berliner Zeitung“, Michael Maier

 

„Niemand ist vor krimineller Energie, Fälschungen oder Erfindungen sicher. Jeder aber kann sich mögliche Risiken vergegenwärtigen, die handwerklichen Instrumente dafür überdenken und schärfen. Vertrauen ist die entscheidende Währung zwischen Autorinnen und Autoren und Redaktionen und diese Zusammenarbeit muss selbstverständlich einen fairen und souveränen Umgang mit Zweifeln beinhalten.“

Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien