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Bewerbungsflaute: Auf der Suche nach den Volos

Bewerbungsflaute: Auf der Suche nach den Volos

Ein Volontariat, Hunderte Bewerbungen? Die Zeiten sind längst vorbei. Im Wettbewerb um Talente müssen sich Medienhäuser ins Zeug legen. Fünf Skills, um sie zu bekommen.

Berlin – Liebe Medienhäuser, das tut jetzt kurz weh, aber ich reiße das Pflaster direkt ab: Die Zeit der billigen, hochmotivierten und bis zur Selbstaufgabe leidensfähigen journalistischen Nachwuchskräfte ist vorbei, schreibt Charlotte Haunhorst im aktuellen „medium magazin“. Und weiter: 100 Bewerbungen auf ein unter Tarif bezahltes Volontariat in einem Ort ohne Bahnhof? Wird es nicht mehr geben. Kopfschütteln als Reaktion auf den Wunsch nach einer Vier-Tage-Woche? Dann macht die Person sich halt auf Tiktok selbstständig. Der fertige Volo freut sich nicht so richtig über das Angebot eines Jahresvertrages auf einer Position, die er nie wollte? Vielleicht, weil er noch drei Alternativen hat.

 

Wir klassischen Verlage straucheln. Und der Nachwuchs sieht das. Damit meine ich nicht, dass gerade wieder vielerorts Stellen abgebaut werden. Wer eine Jobgarantie will, wird nicht Journalist:in. Sondern, dass wir zu lange geglaubt haben, die Leute würden uns für einen Medien-Job auf ewig die Bude einrennen. Und dass dieser ominöse Fachkräftemangel, über den wir so gern berichten, nur andere treffen wird. Dabei ist es so: Bis 2036 werden knapp 30 Prozent aller aktuell Arbeitenden in Rente sein. Aber es kommen bei Weitem nicht mehr so viele nach. Und nein, dieses Problem wird KI nicht für uns lösen.

 

Es gibt aber auch eine gute Nachricht, liebe Medienhäuser: Wir haben noch ein paar Jahre Zeit, bevor es richtig schlimm wird. Zeit, um uns wieder darauf zu besinnen, wofür und für wen wir Journalismus machen. Und dann die richtigen Leute dafür zu holen. Dabei sollten wir auf folgende fünf Skills schauen:

 

1. Flexibilität

Das Tribal-Tattoo einer jeden Stellenausschreibung heutzutage – schlecht gealtert. Wir verstehen Flexibilität immer noch als Fähigkeit der Bewerber:innen, zu jeder Uhrzeit an jedem Ort der Welt zu sein. Dabei brauchen wir in Wahrheit mehr Flexibilität im Kopf. Das Tempo, mit dem sich unser Job wandelt, legt immer weiter zu. Wurde in meinem Journalistenschul- Auswahlgespräch 2011 noch behauptet, Online setze sich wohl eher nicht durch, bedienen wir Journalist: innen heute Kanäle wie Newsletter, Podcast, Instagram, Tiktok, um nur einige zu nennen. Und durch generative KI dreht sich der Job gerade wieder um 180 Grad. Wir brauchen Menschen, die Bock darauf haben, Journalismus für neue Plattformen und Zielgruppen zu denken. Die nicht davon ausgehen, dass einmal Journalistenschule von lebenslanger Weiterbildung entbindet. Das ist am Ende wichtiger als die Frage, ob jemand nach 18 Uhr noch ans Telefon geht.

 

Was wir sagen: „Wir erwarten, dass du nach XY ziehst“, „Wer den Job liebt, arbeitet nicht nine to five“.

Was wir sagen sollten: „Dein Job wird sich schnell verändern, insbesondere durch KI“, „Du musst Bock haben, immer wieder Neues zu lernen“.

 

2. Resilienz

Bilder von toten Kindern in Gaza, enormer Leistungsdruck oder vielleicht auch einfach nur ein Konflikt mit einem Protagonisten, der den Text doof fand – wir haben lange so getan, als müssten Journalist:innen das halt aushalten. Sonst seien sie falsch im Job. Nur wie genau man das aushält, haben wir nie erklärt.

 

Nun ist mit der Gen Z eine Generation auf dem Arbeitsmarkt, der genau das wichtig ist: Mental Health. Und die offen darüber spricht. Ich habe in den vergangenen Jahren immer häufiger in Vorstellungsgesprächen gesessen, in denen die Lücke im Lebenslauf mit einem Klinikaufenthalt erklärt wurde. In denen Bewerber:innen von sich aus angegeben haben, seit Corona Depressionen zu haben.

 

Ich kann nicht schönreden, dass man als Journalist: in eine gewisse Resilienz braucht. Weil dieser Job einen ansonsten unglücklich machen wird. Aber das entbindet uns als Arbeitgeber nicht davon, Antworten auf diese Frage zu finden: Wie hält man das aus? Gute Personalabteilungen können da meistens weiterhelfen, mit Angeboten zur Weiterbildung oder Coachings für Betroffene und Führungskr.fte. Personalabteilungen, das sind übrigens diejenigen, die wir in den letzten Jahren meist ignoriert haben, weil jede ausgeschriebene Stelle insgeheim eh bereits besetzt war. Kann nicht schaden, mit denen mal einen Kaffee trinken zu gehen.

 

Was wir sagen: „Leave the kitchen if you can’t stand the heat“, „Unter Druck entstehen Diamanten“, „Qualität kommt von Qual“.

Was wir sagen sollten: „Es ist ein toller Job, kann aber auch belasten – wie können wir dir helfen?“

 

3. Handwerk

4. Diverse Perspektiven

5. Liebe für Menschen

Zu den Skills

 

Die Autorin

Charlotte Haunhorst, 1988 geboren, Head of Digital und Mitglied der Chefredaktion beim „Handelsblatt“. Zuvor leitete Haunhorst das junge Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ jetzt.de. Beim „Medien Camp“ 2024 sprach sie über fünf Skills, die im Journalismus zukünftig gesucht werden – und die sie hier verschriftlicht.