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Der ominöse Hitler-Berg

Bezeichnung im Landkartenprogramm "Google Earth" sorgt im Isartal für Unmut.

Wackersberg (ddp-bay). Wer mit dem Landkarten-Internetprogramm "Google Earth" die schöne bayerische Voralpenlandschaft virtuell überfliegt, wird südlich von Bad Tölz auf eine seltsame Entdeckung stoßen. "Hitler- Berg" steht dort als geographische Ortsangabe direkt neben dem eigentlichen Namen der 1205 Meter hohen Erhebung "Heigelkopf" (auch: "Heiglkopf"). Der Bürgermeister der Gemeine Wackersberg, auf deren Gebiet der Heigelkopf oder auch Heiglkopf liegt, Georg Kellner, ist empört: "Ich bin jetzt 64 Jahre alt, aber die Bezeichnung 'Hitler-Berg' habe ich noch nie gehört. Was soll der Blödsinn?"

Der Sprecher von Google-Deutschland, Stefan Keuchel, hat eine ganz einfache Antwort auf diese Frage: "Das ist in der Vergangenheit die Bezeichnung dieses Berges gewesen, schlicht und ergreifend." Nach Angaben des Tölzer Journalisten und Heimatforschers Christoph Schnitzer wurde der Berg tatsächlich im April 1933 von Hitler-Anhängern umbenannt. Der Gemeinderat von Wackersberg habe damals - wie viele Orte - den "Führer" zum Ehrenbürger ernannt und ihm den Berg gewidmet, wie die "Tölzer Zeitung" damals berichtete. Auf dem Gipfel wurde im Juli 1933 ein rund zehn Meter hohes Hakenkreuz aus Eisen errichtet, das nachts beleuchtet war. Erst nach dem Ende des Dritten Reichs wurde das Symbol des Terrors 1945 von Bürgern wieder entfernt.

Aber zu diesen Umständen der zeitweiligen Namensgebung ist in "Google Earth" nichts zu finden. Normalerweise gebe es zu historischen Bezeichnungen entsprechende Erläuterungen, sagt Keuchel. Doch beim "Hitler-Berg" fehlten diese leider, räumt der Unternehmenssprecher auf ddp-Anfrage ein.

In der nahe gelegenen Kreisstadt Bad Tölz kennt man das Problem bereits seit einiger Zeit. "Wir versuchen seit Jahren, die Bezeichnung 'Hitler-Berg' wegzubringen", sagt Stadtsprecher Gerhard Grasberger, "zwischendurch hat Google auch tatsächlich mal reagiert, aber nach einiger Zeit taucht der Name wieder auf".

Keuchel räumt ein: "Das ist alles nicht ganz rund gelaufen. Das gebe ich zu." Er begründet dieses Phänomen mit den regelmäßigen Software- Updates: "Wir greifen für 'Google Earth' auf alle möglichen Quellen zurück und anscheinend steckt da immer wieder der 'Hitler-Berg' mit drin."

Möglicherweise stammen die Daten aus dem Bestand des US- Geheimdienstes "National Geospatial-Intelligence Agency" (NGA). Auf dessen Internetseiten findet sich jedenfalls die - genauso wie in "Google Earth" falsch geschriebene - Bezeichnung "Adof Hitler-Berg" mitsamt den passenden geografischen Längen- und Breitenangaben.

In den offiziellen Datensätzen des bayerischen Landesamts für Vermessung und Geoinformation ist die Bezeichnung jedenfalls nicht zu finden. Amtsmitarbeiter Wolfgang Köhler sagt auf ddp-Anfrage, er habe nachgeforscht und den Unterlagen aus den Jahren 1864, 1943, 1944 und später zufolge habe der Berg "nie anders als Heiglkopf geheißen".

Der Gemeinderatsbeschluss von Wackersberg wurde wohl nur sehr lokal wahrgenommen. Auch am Institut für bayerische Geschichte der Neuzeit der Münchner Universität und beim Museum des deutschen Alpenvereins löst die Bezeichnung "Hitler-Berg" nur Kopfschütteln aus. In den Archiven sei dieser Name nicht verzeichnet.

Google-Sprecher Keuchel will den ominösen "Hitler-Berg" jedenfalls los werden. Beim nächsten Update in spätestens zwei Wochen werde die Bezeichnung entfernt. "Nach meinem Dafürhalten muss der Name 'Hitler- Berg' für immer raus aus 'Google Earth'", sagt Keuchel. Schließlich sei diese Bezeichnung "nur in der schrecklichen Zeit des Nationalsozialismus" vor Ort in Gebrauch gewesen. Und Google liege es fern, in Verbindung mit irgendwelchen Neonazi-Tendenzen gebracht zu werden.