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Die Chefredakteurin, die ihrem Team fast alles erlaubt

Die Chefredakteurin, die ihrem Team fast alles erlaubt Nicole Basel

„Impulse“ gibt seinen Mitarbeitern ungewöhnlich viele Freiheiten. Chefredakteurin Nicole Basel sagt, wie sie den Rahmen dafür schafft und wo die Grenzen liegen.

Hamburg – Homeoffice, keine festen Arbeitsplätze: „Impulse“ gibt seinen Mitarbeitern ungewöhnlich viele Freiheiten. Chefredakteurin Nicole Basel sagt im Titelinterview von „kress pro“, wie sie den Rahmen dafür schafft und wo die Grenzen liegen.

 

Die Arbeitswelten haben sich seit Corona enorm ausdifferenziert. Sie leiten die Redaktion von „Impulse“ mit 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und setzen dabei stark auf Homeoffice und mobiles Arbeiten. Ist bei Ihnen alles erlaubt, was den Arbeitsort angeht?

Nicole Basel: Im Prinzip ja. In der Redaktion ist es tatsächlich völlig egal, ob jemand in Hamburg vor Ort ist. Es gibt Mitarbeitende, die arbeiten zeitweise aus ihrem Ferienhaus. Ich arbeite zweimal in der Woche eine Stunde aus dem Vereinsheim meines Sohnes, während er Fußball spielt. Das sind oft die zwei produktivsten Stunden der Woche.

 

Wie oft sehen Sie sich persönlich?

Mit dem gesamten „Impulse“-Team treffen wir uns viermal im Jahr vor Ort in Hamburg und mit der Redaktion einmal im Monat. Dann besprechen wir anstehende Themen, absolvieren gemeinsam Workshops oder Fortbildungen oder gehen einfach nur gemeinsam Mittag essen und verbringen zusammen Zeit.

 

In der „Impulse“-Zentrale in Hamburg gibt es keine festen Arbeitsplätze mehr. Wie funktioniert das genau?

Zuerst muss man sagen: Wir haben das schönste Büro Hamburgs. Das hat unter anderem unsere Art-Direktorin gestaltet und ist ein Gesamtkunstwerk. Besucher unseres Büros sind regelmäßig begeistert. Es war eine ganz bewusste Entscheidung von Nikolaus Förster (Anm.: Geschäftsführender Gesellschafter) zu sagen: Ja, man kann arbeiten, wo man will. Aber wir möchten ein Büro haben, das so schön ist, dass man da freiwillig hingeht, auch wenn man nicht gezwungen wird.

 

Und hat das geklappt?

Ehrlich gesagt fällt es uns schwer, richtig Leben in die Bude zu bringen, was auch daran liegt, dass wir Leute eingestellt haben, die nicht in Hamburg wohnen. Andere sind weggezogen, sind aber im Unternehmen geblieben. Das ist für mich der größte Vorteil unseres Modells: Wir konnten durch das mobile Arbeiten sehr gute Mitarbeitende halten. Und auch unsere Chancen, gute Leute zu gewinnen, haben sich enorm verbessert. Wir rekrutieren heute deutschlandweit, im Prinzip sogar international.

 

 

Was machen Sie eigentlich, wenn jemand ausdrücklich einen festen Arbeitsplatz möchte?

Vieles bei „Impulse“ entscheidet das Team, aber es war eine Chefentscheidung von Nikolaus Förster, dass es im Büro für niemanden mehr feste Arbeitsplätze geben wird. Also zum Beispiel auch nicht für unsere Personalabteilung, die mit vertraulichen Akten arbeitet. Der Gedanke dahinter: Wenn man einmal anfängt, Ausnahmen zu machen, dann gibt es bald ganz viele Ausnahmen.

 

 

Viele Medienunternehmen sind dazu übergegangen, wieder mehr Präsenzpflicht einzuführen. Können Sie das nachvollziehen?

Wenn Menschen leibhaftig zusammenkommen, kann ein anderer Spirit entstehen. Doch meine Einschätzung ist: Es wird keinen Weg zurück geben. Viele haben die Vorteile der neuen Arbeitswelt lieb gewonnen und sind nicht bereit, diese aufzugeben. Das gilt nicht nur für die Medienbranche, sondern ist ein gesellschaftliches Phänomen. Wenn Sie heute in einer Stellenausschreibung ankündigen: „Ein Tag Homeoffice ist nach Absprache möglich“, dann ist das kein Argument mehr für die Stelle. Es ist ein Grund, sich gegen das Unternehmen zu entscheiden.

 

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Mein Eindruck ist: Sie kommen Ihrem Team schon sehr weit entgegen.

So sehe ich das gar nicht. Wir versuchen, uns eine Arbeitswelt zu schaffen, die Topleistung und Zufriedenheit ermöglicht. Und wenn ein Topleister mit kleinen Kindern nicht ins Büro pendeln muss, dann kann er statt 30 Stunden pro Woche womöglich 40 Stunden arbeiten und das Team profitiert. Ich will nicht, dass Menschen aus dem Team ausbrennen. Ich will, dass sie ihre Partnerschaften pflegen und für ihre Familien da sein können. Dass sie frische Luft bekommen, Sport treiben können und sich des Lebens erfreuen, weil das alles wichtig für unser Team ist. Ich arbeite einfach viel lieber mit Menschen zusammen, denen es gut geht, als mit Menschen, die völlig fertig sind. Das heißt nicht, dass wir nicht auch mal total reinpowern. Im vergangenen Jahr haben wir eine Tour durch Deutschland gemacht und in dieser Zeit irre viel gearbeitet.

 

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Wie schafft man ein starkes Team?

In einem echten Team weiß jeder, was seine Rolle ist und was von ihm erwartet wird. Und er nimmt diese Rolle auch an. Außerdem schätzen sich die Teammitglieder gegenseitig für das, was sie tun und was sie können, und begegnen sich wohlwollend. Man fühlt sich sicher, Ideen einzubringen, weil sie nicht kleingeredet oder gar lächerlich gemacht werden. All das hat nichts damit zu tun, ob die Redaktion in einem Raum sitzt oder auf Distanz zusammenarbeitet.

 

Zum ganzen Interview mit Nicole Basel – und was 12 Personalprofis und Medienmanager sagen, wie sie die Arbeit in ihren Häusern organisieren, was sie seit Corona dabei gelernt haben und welche Tipps sie anderen geben können.