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Döpfners KI-Euphorie: „Wenn wir es richtig machen, wird Journalismus wie ein Phönix aus der Asche steigen“

Döpfners KI-Euphorie: „Wenn wir es richtig machen, wird Journalismus wie ein Phönix aus der Asche steigen“ Mathias Döpfner (Foto: Axel Springer)

Springer-Chef Mathias Döpfner hält mit seiner Begeisterung für Künstliche Intelligenz nicht hinter dem Berg. In einem Meinungsstück in der „Welt“ sagt er auch, wie dramatisch sich die Hierarchie eines Medienhauses künftig ändern könnte.

Berlin – Mathias Döpfer sieht durch generative KI eine historische Chance für die Gesellschaft und den Journalismus. „Wenn wir es richtig machen, wird Journalismus wie ein Phönix aus der Asche steigen. Wenn wir alte Strukturen verteidigen, bleibt bald nur Asche. Wenn wir es richtig machen, werden die Maschinen den Menschen dienen. Nicht die Menschen den Maschinen“, betont Döpfner in seinem Debattenbeitrag in der „Welt“.

 

KI befördert die Wiedergeburt der Zeitung
„Verlage werden im Idealfall auf ihren geistig-inhaltlichen Wesenskern zurückgeführt. Die Transformation der Musikindustrie wiederholt sich im Journalismus: Das Produkt, dort erst Schallplatte, dann CD, schließlich Chip, hier erst Papier, dann Screen, dann Chip und die eigene Retina, das Medium also, werden immer kleiner, unwichtiger, schließlich unsichtbar. Dank Digitalisierung und KI werden die Zeitung und die Zeitungsproduktion entmaterialisiert.“

 

Am Ende steht dann aus Döpfners Sicht „Inhalt pur, die Nachricht, die Zeitung“. Künstliche Intelligenz befördere so etwas wie die Renaissance der ursprünglichen Idee von Journalismus oder die Wiedergeburt der Zeitung. Döpfner geizt in seinem Meinungsstück in der „Welt“ nicht mit Superlativen: Entwicklungen wie Bard (Google) oder ChatGPT (OpenAI/Microsoft) glichen einer technologischen Monsterwelle, die entweder über Verlagen breche und sie zerstöre, oder den Journalismus stärke und auf ein völlig neues Level hebe. „Ein neues Niveau der Qualität, der Relevanz und der wirtschaftlichen Attraktivität. Oder der Untergang. Es geht um alles oder nichts.“

 

Für den Springer-Chef haben diese neuen „Antwortmaschinen“ das Potenzial, nicht nur Suchmaschinen zu verbessern oder zu zerstören, sondern auch Medien, wie wir sie kennen. „Warum soll man noch eine Zeitung oder App lesen, wenn Antwortmaschinen sofort liefern, was man wissen will?“

 

Was heißt das konkret für die Journalisten – und für die Verlage?
Die Journalisten müssten die Informationen liefern, die noch nicht verfügbar seien. „Gewinner sind die, die rausfinden, was nicht rauskommen sollte. Die sehen, was noch niemand gesehen hat“, weiß Döpfner. Der Wettbewerb um genau das, was schon immer der Wesenskern des Journalismus gewesen sei, sei wieder eröffnet. Für den Erfolg von Verlagen wird nach Döpfners Einschätzung also die Erstellung exklusiver Inhalte noch entscheidender. Und das bedeutet: Die wichtigsten in der Hierarchie eines Medienhauses seien also die Autoren.

 

„Diese Entwicklung erfordert eine grundlegende Umverteilung von Ressourcen und Geld. Eine Verlagerung von der Produktion zur Kreation. Das intellektuelle, kreative, journalistische Talent ist – wieder – der wichtigste Erfolgsfaktor eines Verlages. Das wurde zwar zwischenzeitlich hier und da vergessen, war aber eigentlich immer so.“

 

Neu sei nur ein stärkerer Fokus auf Technologie: Technologie sei kein unterstützendes Element des Mediengeschäfts. Sie sei Teil des Kerns. „Nur mit den allerbesten Technik- und Produktentwicklern und den erfahrensten KI-Experten werden Verlage ihre Ziele erreichen können.“ Techies müssten Redakteuren auf Augenhöhe begegnen. Sie müssten ein früher und integraler Bestandteil jeder Form der Produktentwicklung sein.

 

KI werde, so Döpfners leidenschaftliche Prognose, viele Elemente der traditionellen Redaktionsabläufe unterstützen und Schritt für Schritt ersetzen. Textaggregation, also das Zusammenschreiben vorhandener Informationen, Faktenüberprüfung, orthografische Fehlerkorrektur, Übersetzung, Layout, Bildauswahl, die Bearbeitung von Texten und Produktion im klassischen Sinne. „Wenn wir versuchen, diese Entwicklung zu blockieren, um Arbeitsplätze zu schützen, reiten wir ein totes Pferd – und uns, die Medienbranche, in den Untergang“, hebt Döpfner in der „Welt“ hervor. Das alles könne helfen, Zeitungen und Zeitschriften etwas länger rentabel zu produzieren als ohne KI. Gleichzeitig fordert der Verleger: „Wir müssen Geld in Geist investieren.“