Vermischtes
KNA

Ehemaliger „Donaukurier-Verleger“ kein Ehrenbürger mehr

Der Stadtrat von Ingolstadt hat Wilhelm Reissmüller symbolisch die Ehrenbürgerwürde aberkannt. Grund sind seine Mitwirkung an der NS-Pressegleichschaltung. Woher die einzige Gegenstimme kam.

Ingolstadt – Der Stadtrat hat am Dienstag dem ehemaligen Verleger und Herausgeber des „Donaukuriers“, Wilhelm Reissmüller (1911–1993), die 1976 verliehene Ehrenbürgerwürde symbolisch aberkannt. Reissmüller hatte in der NS-Zeit an der Gleichschaltung der Presse in der Donaustadt mitgewirkt und später seine Parteimitgliedschaft in der NSDAP verschwiegen. Als Inhaber des 1945 gegründeten „Donaukuriers“ konnte Reissmüller nach dem Zweiten Weltkrieg zum einflussreichen Verleger in Bayern aufsteigen.


Grünen-Stadträtin Agnes Krumwiede, die das Thema über Jahre verfolgt und den Antrag geschrieben hat, sagte nach der Entscheidung der KNA: „Ich bin erleichtert über die Entscheidung. Niemand darf mit der höchsten Ehrung einer Stadt in Verbindung gebracht werden, der die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus förderte und zudem seine Machtposition nach 1945 durch Lebenslügen aufbaute. Der ehemalige NSDAP- sowie spätere CSU-Oberbürgermeister Josef Listl und Wilhelm Reissmüller gaben sich gegenseitig Persilscheine als Anti-Nazis.“

 

SPD-Stadtrat Manfred Schuhmann betonte in der Stadtratssitzung, ihm falle die Entscheidung leicht, weil er bereits 1976 in dem Gremium gegen die Verleihung der Ehrenbürgerschaft gestimmt habe. „Es war uns damals schon einiges bekannt.“ Könne man Untaten in der NS-Zeit mit Wohltaten nach 1945 aufwiegen? Die Antwort sei eindeutig, die Ehrenbürgerwürde „hätte schon vor langer Zeit aberkannt werden müssen“, so Schuhmann.

 

„König von Ingolstadt“
Mit den heutigen Erkenntnissen über seine NS-Mitgliedschaften hätte dem der katholischen Kirche nahestehenden Verleger die Ehrenbürgerwürde nicht verliehen werden dürfen, sagte auch SPD-Stadtrat Achim Werner, der früher in der Redaktion des „Donaukuriers“ arbeitete. Es sei darüber hinaus fragwürdig, ob Reissmüller mit dem Wissen von heute überhaupt nach dem Krieg eine Lizenz für die Herausgabe der Zeitung bekommen hätte. Nur so habe Reissmüller aber in die mächtige Position als „König von Ingolstadt“ kommen können, in der er auch Wohltaten vollbracht habe.

 

Die Entscheidung des Stadtrates markiere einen wichtigen Schritt bei der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit in Ingolstadt, sagte Krumwiede: „Diese Aberkennung sehe ich auch als späte Anerkennung für alle, die damals schon ahnten und zum Teil wussten, dass Reissmüller gelogen hat, was seine NS-Belastung betrifft. Und die einiges aushalten mussten für ihren Mut zur Wahrheit und deswegen von ihm nachhaltig beschädigt wurden.“

 

Eine Gegenstimme
Vor der lang diskutierten Abstimmung war unklar, ob CSU, FDP, Freie Wähler und AfD gegen den Antrag für die sofortige Aberkennung votieren würden. Doch das war nicht der Fall. Die einzige Gegenstimme kam von Alt-Bürgermeister Sepp Mißlbeck von der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG). Er bat, auf das Ergebnis einer Studie über „Ingolstadt im Nationalsozialismus“ vom Institut für Zeitgeschichte München zu warten – die aber erst in einigen Jahren vorliegen soll.