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Entwickler Ole Reißmann über die neue Aufbruchstimmung beim Spiegel

Entwickler Ole Reißmann über die neue Aufbruchstimmung beim Spiegel Ole Reißmann.

Reißmann erklärt, wie man eine Innovationskultur im eigenen Haus schafft, der Titel jetzt auch Audionachrichten für Alexa anbietet und warum es ein Vorteil ist, dass der „Spiegel“ den Mitarbeitern gehört.

Hamburg – Ole Reißmann kümmert sich beim „Spiegel“ um die redaktionelle Entwicklung. Er sagt im „kress pro“-Interview, wie man eine Innovationskultur im eigenen Haus schafft und warum der Titel jetzt auch Audionachrichten für Alexa anbietet.

 

Herr Reißmann, woran arbeiten Sie gerade? 

Ole Reißmann: Im Zuge der Zusammenlegung von „Spiegel“ und Spiegel Online wurde eine neue Entwicklungsredaktion gegründet. In diesem Team kümmere ich mich um den Funnel, also darum, wie wir auf externen Plattformen auftreten, Nutzerinnen und Nutzer gewinnen und sie an unsere Marke binden können.

 

Das jüngste Neu-Produkt für einen externen Anbieter ist der sogenannte Newscast "Spiegel Update": Audio-Nachrichten, dreimal werktäglich, in der Länge zwischen 3 und 5 Minuten, für Smartspeaker wie Alexa. Waren Sie daran schon beteiligt? 

Ja. „Update" ist zwar kein klassisches Funnel-Produkt, aber ich war gerade da und hatte Zeit. Im Ernst: Wir in der Entwicklungsredaktion haben es gemeinsam mit den Audio-Kollegen in der Redaktion und dem Produktmanagement innerhalb von sieben Wochen auf die Beine gestellt. 

 

Das ist ziemlich schnell, oder? 

Es war schon sportlich, zumal wir es in den Sommermonaten entwickelt haben, wo viele Kollegen im Urlaub waren. Aber als Amazon angekündigt hat, das Newsangebot für den Smartspeaker Alexa neu aufzustellen, wollten wir die Gelegenheit nicht verpassen. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte man sich bei Alexa Teaser von Spiegel Online vorlesen lassen, mit dem Amazon Alexa Flash Briefing Skill. Das Angebot haben auch einige Tausende Leute täglich genutzt. Aber da gibt es noch mehr Potenzial.

 

Ist es kein Problem, wenn man seine Produkte nach den Entwicklungen bei Techkonzernen ausrichtet? 

Wir hatten schon länger vor, uns im Bereich Voice auch stärker beim Thema News zu engagieren. Der Anstoß, es so schnell umzusetzen, kam zwar von Amazon. Die erste Frage für uns bleibt aber immer: Was ist unser Ziel, nicht das von Amazon oder eines anderen Partners? Zudem haben wir „Update“ nicht nur für Alexa gebaut, sondern sind damit auf verschiedenen Plattformen wie Google Home vertreten. Als Podcast läuft die Sendung auch auf unserer Webseite und auf Spotify. Den Streamingdienst hatten wir bei der Entwicklung gar nicht so sehr im Auge, aber nun ist „Update“"dort ein Überraschungserfolg. 

 

Inwiefern? 

Spotify hat Playlisten eingeführt, in denen Musik mit News gemischt werden. Davon wussten wir bei der Entwicklung nichts, aber waren letztlich genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Jetzt haben wir für diese Playlisten ein passendes Produkt. 

 

Der „Spiegel“ gehört mehrheitlich den Mitarbeitern. Ist das ein Vorteil, wenn es um die Zukunft geht? 

Wirtschaftliche und journalistische Unabhängigkeit passen gut zusammen. Die Mitarbeiter im Haus haben sich schon immer stark in die Weiterentwicklung von journalistischen Angeboten eingebracht. Am neuen Impressum kann man ablesen, wie eng Online und Print nun zusammenarbeiten und auch ein gemeinsames Interesse haben, neue Produkte für eine starke Medienmarke zu bauen.

 

Wie entstehen denn Ideen für neue Produkte, kann jeder zu Ihnen kommen und etwas vorschlagen? 

Das sowieso. Immer gerne. Aus der Redaktion heraus kommen regelmäßig Ideen, Wünsche oder Projektvorschläge, mit denen sich dann die interdisziplinären Teams der Produktentwicklung auseinandersetzen. Zudem veranstaltet unser Innovationsmanagement aktuell zum zweiten Mal einen Innovationscampus. Bei diesem Ideenwettbewerb pitchen Mitarbeiter ihre Ideen, einige Sachen werden weiterentwickelt. Momentan arbeiten vier Teams konkret an Prototypen.

 

Wer ist in diesen interdisziplinären Teams dabei? 

Wir wollen im Entwicklungsprozess beide Perspektiven in einem Medienhaus zusammenbringen: die journalistisch publizistische und die geschäftliche. Daher sind in diesen Teams verschiedene Abteilungen vertreten: Marketing, Vertrieb, Media, Analytics und Marktforschung. Produktentwickler arbeiten im Bereich Audio, Video, Funnel, Newsletter oder App. Auf der journalistischen Seite gibt es eine fünfköpfige Entwicklungsredaktion. Aktuell haben wir sechs interdisziplinäre Teams. Auf einer wöchentlichen Entwicklerkonferenz kommen alle zusammen, in einer ruhigen Woche sitzen da 30 Leute, am Quartalsanfang oder -ende können es schon mal 50 sein. 

 

Da müssen ja ziemlich viele Rädchen ineinandergreifen, das ist für die Verlagsbranche relativ neu.

Beim „Spiegel“ haben wir Anfang des Jahres damit begonnen. In der Form war es also auch für uns neu. Aber andere machen sich ähnliche Gedanken, das merkt man auf Branchentreffen. 

 

Verzettelt man sich in diesen Teams nicht auch leicht? 

Die Gefahr sehe ich nicht. Im Gegenteil, ich halte es für besser, wenn möglichst früh möglichst viele mitgestalten können. Bezieht man diese Perspektiven nicht ein, holt es einen am Ende ein. Die Projektteams vereinbaren mit Hilfe der Management-Methode OKR (Objectives and Key Results) quartalsweise Ziele, die sie zu einem bestimmten Zeitpunkt erreichen wollen. Soweit man das schon sagen kann, funktioniert das. 

 

Das klingt ja so, als wären die Mitarbeiter alle sehr engagiert dabei ... 

Meinem Eindruck nach war das schon immer so. Mitarbeiter des "Spiegel" haben ein großes Interesse daran, sich einzubringen und ihre Ideen voranzubringen, um auch in Zukunft unabhängigen Journalismus betreiben zu können. Momentan sind wir in einer Umbruchphase. Seit klar ist, dass wir unser Angebot in einer starken Marke bündeln können, gibt es eine gewisse Aufbruchsstimmung. 

 

Was raten Sie kleineren Häusern, die für Entwicklungen keine so großen Kapazitäten haben? Zählt Bento, das junge Magazin, künftig zur Marke dazu? Arbeitet die redaktionelle Entwicklung vorrangig an digitalen Produkten? Wie steht es mit der Fehlerkultur im Haus? Warum wird es im Messenger-Bereich jetzt spannend?

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Das komplette Interview findes Sie in „kress pro“.