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Ex-"Stern"-Chef zum Gurlitt-Foto in "Paris Match": "Da haben uns die Franzosen aber gezeigt, wie's geht"

Der französischen Zeitschrift "Paris Match" ist gelungen, was weder deutschen Behörden noch Medien geschafft haben. Das Blatt hat Cornelius Gurlitt aufgespürt und ein erstes Foto des Kunstsammlers veröffentlicht.

München - Es sind nicht nur die Journalisten der Münchner Zeitungen, die seit der "Paris-Match"-Veröffentlichung nicht verstehen, warum ihnen, die sie doch vor Ort sind, dieser zweite Scoop vorgesetzt wird. Eins ist klar, in manchen deutschen Redaktionen wird es an diesem Wochenende mächtig geknallt haben.

Auf Twitter schreibt der frühere "Stern"-Chefredakteur Andreas Petzold über die exklusiven "Paris-Match"-Berichterstattung sogar leicht bekümmert: "Da haben uns die Franzosen aber gezeigt, wie's geht."

Was ist passiert?

Reporter der Illustrierten "Paris Match" haben den 79-jährigen Kunstsammler Cornelius Gurlitt in München gefunden, ihn in einem Schwabinger Einkaufszentrum fotografiert und angesprochen.

 

"Der Kampf um den Nazi-Schatz" heißt die Schlagzeile, mit der das Magazin "Focus" aktuell aufmacht. Der sensationelle Münchner Kunstfund dominiert seit Tagen die Medien in aller Welt.

 

Auf seiner Website hat das Blatt (verbreitete Auflage: 814.054 Exemplare, erscheint bei Hachette Filipacchi Médias) noch vor Erscheinen der nächsten Ausgabe am kommenden Mittwoch ein Foto des Kunstsammlers veröffentlicht.

Die Redaktion verfügt über weitere Aufnahmen, die erst mit Erscheinen der Zeitschrift veröffentlicht werden sollen.

Der Münchner Cornelius Gurlitt, der in seiner Wohnung über 1406 Gemälde unter anderem von Pablo Picasso, Marc Chagall, Otto Dix, Paul Klee oder Max Beckmann gehortet hatte, hat laut dem Bericht ein Interview "angsterfüllt" abgelehnt.

Gurlitt-Fotos stammen von Goran Gajanin

Goran Gajanin ist der Fotograf der Gurlitt-Aufnahmen. Gajanin, 40 Jahre jung, ist gelernter Industrie- und Werbefotograf, hat in einem Studio in Baden-Württemberg gelernt, dann in München assistiert.

Seit sieben Jahren arbeitet er hauptsächlich im Nachrichtengeschäft, seine Fotos erscheinen in Deutschland in Zeitschriften wie "Gala", in Yellow-Titeln vom Bauer-Verlag oder im Schweizer "Blick". Er fotografiert oft Prominente, wird für Homestories gebucht oder wandert mit den Stars.

Schon einmal hat Goran Gajanin für "Paris Match" (Chefredakteur: Olivier Royant) gearbeitet.

Wie die Exklusiv-Aufnahmen aber zustande gekommen sind, wie Goran Gajanin und die "Paris-Match"-Reporter Cornelius Gurlitt gefunden und wie sie die Bestätigung erhalten haben, dass es sich bei dem älteren Herrn auf den Bildern tatsächlich um den gesuchten Kunstsammler handelt, wollte Gajanin mit Hinweis auf seinen Exklusivvertrag mit "Paris Match" gegenüber Newsroom.de vorerst nicht erklären.

Die Bilder werden nun international über die Pariser Agentur Bestimage vermarktet.

Und warum ist es keinem deutschen Medium gelungen, Cornelius Gurlitt aufzuspüren?

Auf Twitter begründet Reporterin Anne Kostrzewa von der "Abendzeitung" den Erfolg der Franzosen so: "Klatschblätter = Geduld+Kapazitäten, tagelang auf Verdacht im Auto auszuharren. Bei mir scheitert's am Auto."

Cornelius Gurlitt schreibt dem "Spiegel", meint aber "Focus"

Derweil meldet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", dass sich Cornelius Gurlitt schriftlich bei der Hamburger Zeitschrift gemeldet habe.

Das Blatt druckt das Schreiben stolz in seiner heute erscheinenden Ausgabe, in dem der Kunstsammler die Chefredaktion bittet, den Namen Gurlitt "nicht mehr in Ihrem Blatt erscheinen zu lassen".

Die Reporter Özlem Gezer, Ulrike Knödel, Felix Bohr, Lothar Gorris, Sven Röbel, Michael Sontheimer und Steffen Winter, die den Beitrag "Das Phantom" verfasst haben, fügen hinzu: "Es klingt etwas missverständlich, aber wahrscheinlich wollte Gurlitt dem Magazin "Focus" schreiben, in der Hoffnung dass der Name Gurlitt nicht mehr genannt wird, und er hat das Heft mit dem Spiegel verwechselt."

Der "Focus" hatte den sensationellen Kunstfund, über den seit Tagen Medien weltweit berichten, aufgedeckt.

Bülend Ürük

Exklusif - TRÉSOR NAZI: PARIS MATCH A RETROUVÉ CORNELIUS GURLITT

Markus Krischer im Interview: So liefen die Recherchen des FOCUS im Fall Gurlitt

Fotoagentur Bestimage