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Newsroom – Rupert Sommer

„Google drückt uns die Luft ab“ – Burda-Manager Philipp Welte warnt vor existenzieller KI-Bedrohung

„Google drückt uns die Luft ab“ – Burda-Manager Philipp Welte warnt vor existenzieller KI-Bedrohung Philipp Welte (Foto: MVFP/Christian Rudnik)

Der Burda-Vorstand spricht von einem „Missbrauch der Marktmacht“ und einer „existenzbedrohenden Lage“ für deutsche Verlage.

München – Beim Sommerempfang des Medienverbands der freien Presse (MVFP) in warnt Philipp Welte eindringlich vor den Folgen der KI-gesteuerten Google-Suche für den unabhängigen Journalismus, berichtet Meedia. Eingeladen zum Sommerempfang hatten Horst Ohligschläger, der Vorsitzende des MVFP Bayern, sowie Bayern-Verbandsgeschäftsführerin Anina Veigel. Und vor Ort in München, wo auch Burda den Hauptsitz hat, sollte Philipp Welte den Verbandsforderungen noch einmal Gewicht geben - mit Forderungen, die er immer wieder vertritt. Er bettete seinen aktuellen Lagebericht zum Ankämpfen deutscher Verlage gegen die Herausforderungen wegbrechender Marktanteile und den Vertrauensverlust gegenüber Medienhäusern in die von ihm gern angeführte Sorge um die Demokratie im Lande ein. 
 
Einer der Lieblingsgegner des Burda-Manager sind dabei die Social-Media-Weltkonzerne, die es zulassen, dass der Diskurs vergiftet wird. „Die sozialen Massenmedien greifen unsere Demokratie in der Tiefe an. Durch Manipulation, Agitation, durch Hass und Lüge“, sagte Welte am Montagabend in München. „Wir erleben eine nie dagewesene Konzentration von ökonomischer, medialer und zunehmend politischer Macht in den Händen weniger Medien-Oligarchen.“ 
 
Dabei wiederholte er Kritik am laxen Umgang mit eigentlich nicht verhandelbaren journalistischen Standards – etwa bei der viel diskutierten Entscheidung, nicht nur von Elon Musk für die Plattform X, sondern auch für die Meta-Unternehmen die Faktenprüfung zurückzufahren. Damit werde „ein Grundprinzip des Journalismus in die Tonne getreten: die Verpflichtung auf die Überprüfbarkeit der Fakten“, so der MVFP-Vorstand. „Egal wie groß die Lüge: Alles ist ,freie Meinungsäußerung‘, sagen Marc Zuckerberg, Jeff Bezos oder Elon Musk.“ 

 

Konkret ging Welte dann aber auf die sich aktuell zugespitzte Bedrohungslage vieler deutscher Verlage ein. Sie habe sich drastisch verschärft durch die Einführung von KI-Zusammenfassungen in der gängigen Google-Suche und nun auch bei Google Discover Nun räche sich die Fixierung der Masse der Medienhäuser auf die Mechanismen zur Suchmaschinenausrichtung.

 

„Der Weg zur Sichtbarkeit und damit zur Finanzierbarkeit ist die Unterwerfung unter die Gesetze von Google. Medienunternehmen haben ganze Abteilungen für die sogenannte Search Engine Optimization aufgebaut – wer SEO konnte, war fein raus“, sagte Welt beim MVFP-Sommerfest am Kleinhesseloher See in München. „Der Deal dahinter? Inhalte gegen Reichweite – und Reichweite bringt Geld“, so Welte. Es war ein Denken, das lange Bestand hatte - und das aktuell komplett in die Irre läuft.
 
Denn man habe offensichtlich naiv auf den falschen Partner vertraut. „Wie es sich für einen feudalen Gutsherren gehört – der über 90 Prozent des Suchmarktes besitzt –, knickt Google diesen epischen Deal jetzt in großer Willkür und in atemberaubender Geschwindigkeit“, warnte Philipp Welte. „Google baut seine Suchmaschine zur Antwortmaschine um, KI-generierte Antworten ersetzen die Liste der klassischen Suchergebnisse.“
 
Schlimmer noch: „AI Overviews fassen maschinell Inhalte zusammen, die natürlich je nach Sujet in hohem Maße aus unseren Veröffentlichungen kommen“, klagte Welte. „Rund 60 Prozent der Google-Suchen enden jetzt ohne einen einzigen Klick auf einen Link.“ 

 

Sein bitteres Fazit: „Für uns Verlage bedeutet das: Alarm! Google missbraucht seine Marktmacht als Monopolist und drückt uns in der Suche und im Newsfeed die Luft ab“, so Philipp Welt. „Die Fusion von AI und Search wird zur existenziellen Bedrohung für unabhängige Nachrichten. Und es gibt zwei Verlierer, den unabhängigen Journalismus der Verlage und die liberale, pluralistische Demokratie.“ 
 
Die etwas undankbare Aufgabe, am Sommerfestabend doch noch ein wenig Hoffnung zu verbreiten, kam dann dem CSU-Politiker Florian Herrmann, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei sowie Münchner Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, zu. Er griff die bekannten Verbände-Forderungen etwa nach einer Absenkung der Mehrwertsteuer für Presseerzeugnisse, sowie die neuen Pläne für die von Wolfram Weimer angestoßene Digitalsteuer auf die Erlöse von Google, Meta und Co. auf.
 
So will sich auch Herrmann dafür starkmachen, dass nicht „die Trittbrettfahrer das Geld verdienen, sondern die echten Kreativen“. Allerdings erinnerte er die Medien daran, dass nur sie tatsächlich selbst für die Attraktivität ihrer Inhalte verantwortlich sind und dass man dem Anspruch, für Qualitätsjournalismus zu stehen, auch tatsächlich gerecht werden müsse. Im Saal - unter den in München versammelten Kollegen anwesend war auch Funke-Verlegerin Julia Becker - weiß man ja: Auch bei Burda erscheint nicht nur der „Focus“. 

 

Was die KI-Bedrohungslage angeht, verwies der Politiker auf den in München immer noch hausheilig geltenden Komiker Karl Valentin, dessen berühmtes Zitat Herrmann ein wenig abwandelte: „Ich freue mich auf die Veränderungen durch KI. Weil wenn ich mich nicht freue, kommen sie trotzdem.“