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"Grande Dame der Demoskopie" - Meinungsforscherin Noelle-Neumann im Alter von 93 Jahren gestorben

Als Kommunikationswissenschaftlerin wurde sie vor allem durch das Theorem zur "Schweigespirale" bekannt.

Allensbach (ddp). Nach längerer schwerer Krankheit ist am Donnerstag die Gründerin des Meinungsforschungsinstituts Allensbach, Elisabeth Noelle-Neumann, im Alter von 93 Jahren gestorben. Als Kommunikationswissenschaftlerin wurde sie vor allem durch das Theorem zur "Schweigespirale" bekannt. Danach vertreten diejenigen ihre Meinung offensiv, die den Eindruck haben, dass ihre Ansicht in der Öffentlichkeit zunehmend geteilt wird. Diejenigen, die merken, dass die eigene Meinung in der Öffentlichkeit an Zustimmung verliert, verfallen in Schweigen.

Innerhalb der Meinungsforschung wurde die sowohl als "Grande Dame der Demoskopie" als auch als "Pythia vom Bodensee" betitelte Wissenschaftlerin aufgrund ihrer Methoden mitunter heftig angegriffen. Eine Verfassungsbeschwerde wegen einer Aussage des CSU-Politikers Franz Josef Strauß, wonach sie "manipuliert habe", wurde nach Strauß' Tod zu Gunsten von Noelle-Neumann entschieden.

Sie wurde am 19. Dezember 1916 in Berlin als Tochter des Fabrikbesitzers Ernst Noelle geboren. Ab 1935 studierte sie in Berlin, Königsberg/Preußen und München unter anderem Geschichte und Zeitungswissenschaften. 1940 promovierte sie zur Meinungs- und Massenforschung in den USA und absolvierte anschließend ein Volontariat bei der "Deutschen Allgemeinen Zeitung".

Von 1940 bis 1942 war sie Redakteurin in der Wochenzeitung "Das Reich". Nach fristloser Kündigung durch Nazi-Propagandaminister Josef Goebbels schrieb sie anonym für mehrere Zeitungen, unter anderem für die "Frankfurter Zeitung" bis zu deren Verbot im August 1943.

1946 heiratete sie den späteren CDU-Bundestagsabgeordneten Erich Peter Neumann, mit dem sie am 8. Mai 1947 in Allensbach am Bodensee das "Institut für Demoskopie Allenbach" gründete. Zu den Aufgabenschwerpunkten des Instituts gehören Marktforschung, politische Umfragen, Medien- und Sozialforschung sowie Umfragen. Seit 1957 erarbeitet das Institut Prognosen für Bundestagswahlen, die auf Interviews in den Wochen vor dem Wahltag beruhen und die vor Bekanntgabe der Hochrechnungen veröffentlicht werden.

1961 und 1964 war Noelle-Neumann Dozentin an der Freien Universität Berlin. 1968 wurde sie zur ordentlichen Professorin an der Universität Mainz berufen. Dort baute sie das Institut für Publizistik auf, dessen Direktorin sie bis zu ihrer Emeritierung 1983 blieb. 1996 gründete sie die "Stiftung Demoskopie Allensbach zur Förderung unabhängiger Forschungsarbeiten". 1997 wurde ihr das Große Bundesverdienstkreuz verliehen.

Seit ihrer Heirat mit dem weltbekannten Kernphysiker Heinz Maier-Leibnitz im Jahr 1979 trug sie den Vierfachnamen Noelle-Neumann-Maier-Leibnitz.