Vermischtes
DPA

Hacker-Szene will Antworten auf Snowden-Enthüllungen geben

Nach den Enthüllungen von Edward Snowden war die Hacker-Szene entsetzt und wütend. Nun rufen die Computer-Experten auf ihrem jährlichen Kongress zur Gegenwehr auf.

Hamburg (dpa) - "Sie verlassen den analogen Sektor" - so steht es auf dem Aufkleber eines Teilnehmers beim Chaos Communication Congress. Auf dem jährlichen Treffen des Chaos Computer Clubs (CCC) regiert die digitale Welt. Für vier Tage zieht der 31C3 genannte Kongress tausende Hacker nach Hamburg, um zu programmieren, zu löten und zu diskutieren.

In diesem Jahr wollen sie auch ihre digitale Welt verteidigen. Die Berichte über das Streben westlicher Geheimdienste, jeden Winkel der digitalen Kommunikation zu erfassen, haben hier viele schockiert. Nun sammelt sich Gegenwehr. "Das Internet wird nicht von Geheimdiensten mit riesigem Budget beherrscht, sondern von uns", sagt Dirk Engling vom CCC zur Eröffnung.

Als Motto haben sich die Veranstalter "A New Dawn" ausgesucht - "Ein neuer Anfang". Sie wollen darüber nachdenken, wie die Privatsphäre in der digitalen Welt zu verteidigen ist. "Wir haben den Schreck überwunden, und jetzt ist der Zeitpunkt, uns zu überlegen, wie es weitergehen soll", sagt CCC-Sprecher Falk Garbsch.

Doch bevor Lösungen geplant werden können, werden zwei weitere Probleme aufgezeigt. Ein CCC-Mitglied will am Samstagabend darstellen, wie Fingerabdrücke allein mit Hilfe hochauflösender Fotos nachgebaut werden können. Mit einer Software für mehrere hundert Euro habe der Hacker es geschafft, den Fingerabdruck von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zu kopieren, berichtet "Zeit Online". Fingerabdruck-Scanner böten angesichts solcher Möglichkeiten keine echte Sicherheit, erklärt der CCC.

Der Mobilfunk-Experte Tobias Engel will zudem Details zu einer Sicherheitslücke im Handynetz vorstellen. Die Lücke erlaube es Angreifern, Menschen jederzeit zu orten und ihre Telefonate und SMS mitzulesen. Hacker oder Spione können sich dafür eine Schwachstelle in dem SS7-Protokoll zunutze machen.

Das Protokoll nutzen die Telekommunikationsanbieter, um zwischen ihren Netzen zu kommunizieren. Es sorgt etwa dafür, dass ein Anruf an die gewählte Nummer korrekt weitergeleitet wird. Eine weitere Schwachstelle in SS7 war bereits im Vorfeld des Kongresses öffentlich geworden. Die Deutsche Telekom und Vodafone reagierten und teilten mit, die Lücke in ihren Netzen geschlossen zu haben.

Die Berichte und die schnelle Reaktion machen deutlich, wie wichtig vielen Menschen die Sicherheit ihrer Kommunikation ist. Für den CCC, der schon lange vor Überwachung und Verlust der Privatsphäre warnt, ist das eine Chance. Die Congress-Teilnehmer haben wohl mehr Ahnung von Computern und der dahinter liegenden Technik als die meisten  Menschen. Ihre Fähigkeiten sind gefragt. "Wir sind nicht mehr die Underdogs, die wir mal waren", sagt Aktivistin Geraldine de Bastion zur Eröffnung. "Wir werden zum Mainstream." Damit gehe auch eine Verantwortung einher.

Die Warnungen der Hacker finden Gehör, weiß auch Mobilfunk-Fachmann Engel. "Man merkt ein Umdenken." Es werde mehr Wert auf Sicherheit gelegt. "Es ist auch die Verantwortung der Hackerszene, dafür zu sorgen, dass das so bleibt."

Von Jessica Binsch, dpa