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* hin – * her: Wie Sie richtig gendern können (wenn Sie das überhaupt möchten)

* hin – * her: Wie Sie richtig gendern können (wenn Sie das überhaupt möchten) Foto: Adobe Stock/Frank Harms

Acht Tipps im „medium magazin“ von Jeanne Wellnitz.

Berlin – Journalismus soll präzise und verständlich sein. Faires Formulieren fällt da oftmals schwer. Acht Tipps, wie es elegant gelingen kann, gibt Jeanne Wellnitz im „medium magazin“:

 

Beim Blick auf die Debatte um das Gendern in den Medien lassen sich laut der Journalistin Christine Olderdissen drei Phasen erkennen. Die Projektleiterin von genderleicht.de und Autorin des Duden-Sachbuchs „Genderleicht – wie Sprache für alle gelingt“ hat Folgendes beobachtet: Zuerst seien in den Redaktionen alle ganz aufgeregt und erfreut gewesen: Da ist ein neues Thema! Es folgte eine Flut an Pro-Contra- Beiträgen in Zeitungen und Diskussionsrunden in Radio und Fernsehen. Die Schlagzeilen hatten immer dasselbe Muster: „Gendern – wichtig oder unnötig?“, „notwendig oder nervig?“, „Modeerscheinung oder Sprach(r)evolution?“.

 

Dann folgte Phase zwei. Aus den Redaktionen hieß es: Wir gendern jetzt auch! Erst wurde intern diskutiert, dann folgten Leitlinien. Häufig wurde auch das Lesepublikum gefragt: Wie finden Sie das? Voran gingen dabei die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen, die gemeinschaftlich im Sommer 2021 verkündeten, künftig diskriminierungssensibler zu berichten. 62 von 97 befragten Medien orientieren sich an diesem Vorbild und versuchen das generische Maskulinum zu vermeiden.

 

Nun befinden wir uns laut Olderdissen in Phase drei, der Zeit der Läuterung. Der Tenor in Medienhäusern laute: Ja, gendern ist uns wichtig – das ergibt sich allein schon aus dem Pressekodex, der vorsieht, dass Medien sorgfältig, ernsthaft und wahrhaftig arbeiten und Diskriminierung vermeiden sollen. Aber sie schließt auch die Haltung ein: Nein, wir wollen nicht überall den Genderstern einsetzen! Da das Deutsche eine genusbasierte Sprache ist, wäre dieses Verfahren ohnehin recht kompliziert. Das sieht auch Christine Olderdissen so. Es ginge schließlich um Wertschätzung und um Präzision, sagt die Genderexpertin. Um das zu erreichen, sollte es also nicht darum gehen, alles einheitlich durchzugendern, sondern verschiedene Strategien miteinander zu kombinieren. Akribische Textarbeit, Raffinesse, Kreativität und Feinschliff sind also gefragt. Hier sind acht Inspirationen, wie dies gelingen kann:

 

1. Ausgewogenheit

Sind die Hauptfiguren gleichwertig dargestellt? Oder kommen nur Männer – wir kennen sie alle, die Experten – im Text zu Wort? Verändert sich das Thema aus der Perspektive eines anderen Geschlechts? Es gibt viele Fragen, die Sie sich routinemäßig schon vor der Textproduktion stellen können. Checklisten dazu gibt es auf genderleicht.de und bei den Neuen deutschen Medienmacher*innen.

 

2. Der Rollentausch

Mit dem Gender Swap oder Flip-Test lassen sich etablierte Strukturen auflösen. Durch einen testweisen Rollentausch fällt auf, wie klischeehaft bestimmte Wörter, Wendungen oder Fragen sind. Etwa bei  dem Äquivalent zum ausgestorbenen Begriff „Fräulein“. Wie hätten Männer reagiert, wenn man sie mit „Herrlein“ oder „Männlein“ angesprochen hätte? Gibt es zum „Familienvater“ auch eine „Familienmutter“? Gehört zur „Powerfrau“ der „Powermann“? Wir sehen: Die Kraft muss der Frau erst zugeschrieben werden, sie wird zur Powerfrau, dem Manne scheint sie inhärent. Auch Interviewfragen können auf diese Weise überprüft werden. Unternehmerin Fränzi Kühne hat es in ihrem Buch „Was Männer nie gefragt werden“ deutlich gemacht: Politiker und Wirtschaftsbosse  Barrieremüssen nie Fragen nach Kind und Familie beantworten oder werden befragt, was sie gedenken, zu einer Aufsichtsratssitzung anzuziehen. Sie sind überrascht, wie es sich anfühlt, auf dieser Ebene in Interviews ausgefragt zu werden, die im Wirtschaftsteil erscheinen sollen und nicht in einem Boulevardblatt.

 

3. Erstellen Sie eine Liste mit Wortalternativen

4. Setzen Sie Zeichen!

5. Es gilt das gesprochene Wort

6. Nutzen Sie neutrale Wörter – aber nicht flächendeckend!

7. Vielfältige Bildsprache

8. Achtung, Hyperkorrekturen!

Zu den Tipps

 

Zur „Journalisten-Werkstatt Gendersensible Sprache“