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dpa

Hoffen auf Februar − Reporter in Myanmar seit einem Jahr in Haft

An diesem Mittwoch ist es ein Jahr her, dass zwei Reuters-Reporter in Myanmar unter fadenscheinigen Gründen verhaftet wurden. Trotz Protesten aus aller Welt sitzen sie immer noch hinter Gittern. Was macht Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi?

Rangun (dpa) − Die Leute, die Wa Lone schon länger kennen, schildern ihn als jemanden, der sich nicht entmutigen lässt. Im Gefängnis von Myanmars ehemaliger Hauptstadt Rangun bringt der Reporter der Nachrichtenagentur Reuters seinen Mithäftlingen jetzt Englisch bei. Er pflegt einen kleinen Garten, und er hat in seiner Zelle ein Kinderbuch geschrieben: „Jay Jay, der Journalist“. Es geht um einen Schüler, der in seinem Dorf einen Umweltskandal aufdeckt.


Wa Lones eigene Welt sieht derzeit anders aus. An diesem Mittwoch ist es genau ein Jahr her, dass der 32-Jährige zusammen mit seinem Kollegen Kyaw Soe Oo (28) in Rangun verhaftet wurde. Die beiden Myanmarer − wie die Mehrheit ihrer Landsleute Buddhisten − hatten wegen eines Massakers der Armee an zehn Jungen und Männern der muslimischen Minderheit der Rohingya recherchiert. Insgesamt starben Tausende. Mehr als 700 000 Rohingya wurden aus dem Land vertrieben.

Nach allem, was man heute weiß, wurden Wa Lone und Kyaw Soe Oo in eine Falle gelockt. Man drückte ihnen Papiere in die Hand und verhaftete sie dann, weil sie in deren Besitz waren − und angeblich Militärgeheimnisse enthielten. Ein Polizist gab das auch zu.

 

Die beiden Reporter berichteten, dass die Polizei ihnen die Freilassung versprochen habe, wenn sie über ihre Recherchen nichts schrieben. Im April wurden sieben Soldaten wegen des aufgedeckten Massakers tatsächlich zu je zehn Jahren Haft verurteilt.

 

Trotzdem verhängte ein Gericht gegen die Journalisten im September je sieben Jahre Gefängnis − weil sie sich in den Besitz von „Staatsgeheimnissen“ gebracht und diese verraten hätten. Grundlage dafür war ein Gesetz aus der Kolonialzeit, als Myanmar noch Birma hieß. Die heutige Regierungschefin, Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, erklärte dazu: „Sie wurden nicht verurteilt, weil sie Journalisten sind, sondern weil sie gegen das Gesetz verstoßen haben.“

Alle internationalen Proteste änderten an der Strafe nichts. Der Umgang mit den beiden Journalisten ist für viele ein Beweis dafür, wie sich das südostasiatische Land nach einigen Jahren der Hoffnung nach dem Ende der Militärdiktatur wieder zurückentwickelt. Die Botschaft: Über die Armee darf nichts Kritisches geschrieben werden, auch wenn die Fakten stimmen. Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen nannte den Prozess eine „Farce“.

 

Auch die Enttäuschung über Aung San Suu Kyi (73), in deren demokratisch gewählter Regierung das Militär wichtige Posten besetzt, ist groß. Der US-Diplomat Bill Richardson, ein langjähriger Weggefährte, sagt: „Sie war jemand, der für Demokratie und Menschenrechte stand, auch für Pressefreiheit. Jetzt bringt ihre Regierung Journalisten und Regierungskritiker genauso enthusiastisch hinter Gitter wie die Militärregierungen früher.“

 

Das Urteil hat nach Meinung der Nichtregierungsorganisation Free Expression Myanmar (FEM) auch dazu geführt, dass sich die Medien in Myanmar nun gleich selbst zensieren. Ihre Vorsitzende Yin Yadanar Thein sagt: „Die Journalisten hier haben gelernt, dass es gleichgültig ist, wie professionell du arbeitest, wie angesehen dein Medium ist und wie wichtig deine Story: Wenn du übers Militär schreibst, wanderst du ins Gefängnis − für lange, lange Zeit.“

 

Trotzdem wird nun versucht, die beiden Reuters-Journalisten aus dem Gefängnis herauszubekommen. Die Hoffnung ruht darauf, dass das Urteil in der Berufung gekippt wird. Ihre Agentur erklärt dazu: „Die Tatsache, dass die beiden wegen einer Straftat im Gefängnis sind, die sie nicht begangen haben, stellt Myanmars Einsatz für Demokratie, Rechtsstaat und Meinungsfreiheit jeden Tag aufs Neue in Frage.“ Am 24. Dezember geht es vor Gericht weiter. Die Anwälte hoffen auf ein Urteil bis Februar.

 

Wa Lone ist in seiner Haftzeit inzwischen Vater einer Tochter geworden. Von „Jay Jay, der Journalist“ wurden fast 5000 Exemplare an Klöster, Schulen und Büchereien überall in Myanmar verteilt. Vor ein paar Tagen hat er den zweiten Teil zu Ende gebracht. Das Buch soll in den ersten Monaten 2019 erscheinen. Dieses Mal gibt es darin auch eine weibliche Hauptfigur, ein Geschenk für seine neugeborene Tochter.