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Julia Bönisch: Was bei Stiftung Warentest besser läuft als bei der „Süddeutschen“

Julia Bönisch: Was bei Stiftung Warentest besser läuft als bei der „Süddeutschen“ Julia Bönisch

Julia Bönisch managt seit März 2020 bei der Stiftung Warentest die digitale Transformation und verantwortet alle dort erscheinenden Publikationen. Im Titelinterview mit „kress pro“ sagt Bönisch auch, was bei der „Süddeutschen“ vor ihrem Abschied schieflief.

Berlin – Auszug aus der Titelgeschichte im aktuellen „kress pro“:


Dass Sie nach Ihrem Weggang von der „Süddeutschen Zeitung“ bei der Stiftung Warentest gelandet sind, hat viele in der Branche überrascht. Sie auch?

Julia Bönisch: Wie 96 Prozent der erwachsenen Deutschen kannte ich die Stiftung natürlich, aber ehrlich gesagt: Als künftigen Arbeitgeber hatte ich sie nicht unbedingt auf dem Zettel. Als die Anfrage kam, habe ich mir das Ganze sehr interessiert angeschaut. Stiftung Warentest ist eine enorm starke, wirtschaftlich gesunde Marke mit vielen guten Leuten, die hier arbeiten. Außerdem hat der Jobzuschnitt mit der Kombination aus Journalismus und Management für mich super gepasst.

 

Ihre Stelle wurde neu geschaffen. Wer war zuerst da: Sie oder die Position?

Die Verantwortlichen hier waren sich einig, dass die digitale Transformation im Haus weiterentwickelt und vorangetrieben werden muss. Für diese Aufgabe wurde jemand gesucht. Es gab also eine Vakanz, aber die Details waren noch nicht fest definiert. Das Jobprofil haben wir im Grunde gemeinsam entwickelt, als ich da war. Das hat sich als sinnvoll und fruchtbar erwiesen.

 

Sie sind zuständig für die digitale Transformation und Publikationen, damit auch Teil der vierköpfigen Geschäftsleitung. War das für Sie, gerade nach den Erfahrungen bei der SZ, eine Bedingung, um den Job zu machen?

Ich musste das nicht fordern, weil die Stelle in der Hierarchie bereits so eingestuft war. Aber ja, ich hätte das sonst nicht gemacht. Wenn man digitale Transformation ernst nimmt, und das tun wir hier, dann ist das ein tiefgreifender, dauerhafter Prozess, der fast alle Teile einer Organisation betrifft und die Unternehmenskultur vollständig erfasst. Das können Sie nicht von unten oder von der Seitenlinie aus erfolgreich gestalten. Und was genauso wichtig ist: Dass Vorstand und Geschäftsleitung an einem Strang ziehen, sonst geht's nicht voran.

 

Wie digital war die Stiftung Warentest aufgestellt, als Sie im März 2020 antraten – schon flott auf Fahrt oder wie ein schwerer Dampfer am Ufer liegend?

In gewisser Weise: beides. Es hat mich beeindruckt, wie eingeübt der Umgang mit Zahlen und der analytische Blick auf die Dinge sind. Etwas zu wenig ausgeprägt fand ich die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen und auszuprobieren. Was sich ein Stück weit aus der Geschichte des Hauses erklärt mit Werten wie Vertrauen, Verlässlichkeit, Perfektion. Denn Tests und Urteile der Stiftung, die müssen stimmen. Eine solch antrainierte Null-Fehler-Kultur fördert per se nicht die Experimentierfreude. Aber wenn wir interne Prozesse verändern und weiterkommen wollen, dann müssen wir Fehler zulassen.

 

Ist es eher Vor- oder Nachteil, einen Job wie die digitale Transformation als Neue von außen anzupacken?

Klar vorteilhaft. Jemand wie ich bringt einen anderen Erfahrungshorizont und Kompetenzen mit, die im Zusammenspiel mit dem bestehenden Team wichtig sind. Hinzu kommt, dass die Neue ganz andere Fragen stellt und beliebte Sätze wie „Das haben wir schon immer so gemacht“ nicht akzeptiert.

 

Klingt ein bisschen nach Kulturschock – für beide Seiten?

Ja, aber im positiven Sinne. Journalisten haben oft ein großes Ego und stellen eigene Gewohnheiten nicht so gerne infrage. Ich muss jetzt mal ein bisschen schwärmen: Bei der Stiftung steht die Teamleistung über allem, das erzeugt auch eine sehr gute Grundstimmung. Und ich habe keinerlei Misstrauen gespürt im Sinne von: Da kommt jetzt die externe Transformatorin, die den ganzen Laden auf den Kopf stellen will. Im Gegenteil, da gab es großes Wohlwollen. Sie haben erzählt, dass Sie das erste halbe Jahr fast ausschließlich damit zugebracht haben, die Organisation, ihre Produkte, den Wettbewerb zu analysieren.

 

Wieso das – und warum so lange?

Die digitale Transformation kann man nicht neben dem Tagesgeschäft und unter Zeitdruck machen. Daran hapern oder scheitern viele Vorhaben. Mir war das damals bei der SZ nicht bewusst, heute sehe ich das total klar. Die digitale Transformation zu managen, das ist ein Vollzeitjob.

 

Wie Julia Bönisch dabei genau vorgegangen ist, lesen Sie hier.