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Kugelsicherer Abschied: "Financial Times Deutschland" versteigert Schutzweste für den guten Zweck

Andrzej Rybak war der Kriegsreporter der Wirtschaftstageszeitung, die am Freitag zum letzten Mal erscheint. Martin Motzkau hat ihn in Hamburg getroffen.

Hamburg (dapd) - Andrzej Rybak muss lachen, als er sich die schwarze Schutzweste samt der beiden Keramikplatten um seinen Oberkörper anlegt. Bei 40 Grad im Irak sei selbst das kleine Polster für den Halsbereich unerträglich, erzählt der 53-jährige Krisenreporter der "Financial Times Deutschland" ("FTD"), während er den hinteren Teil mit Klettverschluss am Brustschutz befestigt. Im Hintergrund werfen Kollegen immer wieder neugierige Blicke in sein Büro am Hamburger Baumwall.

Eigentlich hat Rybak gar keinen Grund zu großer Freude. An diesem Freitag, 7. Dezember, erscheint zum letzten Mal eine Ausgabe der "FTD". Danach wird die Zeitung nach fast 13 Jahren eingestellt. Die Redaktion entschloss sich, einige Andenken und Requisiten für den guten Zweck auf dem Onlineverkaufsportal Ebay zu versteigern. Das Geld soll an die Organisation "Reporter ohne Grenzen" gehen. Eine Erstausgabe der "FTD" hat bereits für mehr als 1.000 Euro einen neuen Besitzer gefunden. Insgesamt nahm die Redaktion bis zum Donnerstagvormittag bei ihrer Online-Auktion 24.700 Euro ein.

2003 zu Beginn des Irakkrieges im Einsatz

Auch die Schutzweste, der dazugehörige olivgrüne Helm sowie zwei Kartuschen für Gasmasken steuerten einen Erlös bei. Am Mittwochabend ging das rund 5 Kilogramm schwere Überlebensset für 331 Euro an einen neuen Besitzer. Mit dieser Ausrüstung war Rybak 2003 während der ersten Kriegstage im Irak, um von der Front zu berichten. Die Weste diente ihm damals nicht nur als Schutz. Er habe sie in der Nacht auch als Kopfkisten benutzt.

An eine besonders kritische Situation erinnert sich der in Warschau geborene Reporter noch sehr genau. Gemeinsam mit einem weiteren Journalisten war er damals mit einem in Kuwait gemieteten Wagen in der Nähe von Basra unterwegs. Ohne es zu bemerken überquerten sie die vorderste Frontlinie und wurden von den Milizen von Saddam Hussein angegriffen. Außer zwei Einschlusslöchern in dem Wagen passierte nichts. "Der Vermieter hat nichts gemerkt", lacht Rybak heute über diese gefährliche Begegnung.

Schluss nach fast 13 Jahren bei der "FTD"

Die Zeit im Irak war für ihn nicht der erste Einsatz in einem Krisengebiet. Schon 1995 berichtete der Journalist, der mit seinem Dreitagebart und seiner Frisur dem Actionhelden Chuck Norris ähnelt, als Korrespondent für die "Woche" aus Tschetschenien. Acht Jahre später habe er ohne lange zu überlegen zugesagt, als es um die Berichterstattung im Irak ging, erinnert sich Rybak. Später war er noch in Afghanistan und im Kongo als Reporter unterwegs. Rückblickend auf seine bisherige Zeit als Journalist sagt der 53-Jährige: "Der Irakkrieg war etwas ganz Besonderes."

Mit dem Aus der "FTD" geht für den Kriegsreporter nun ein weiterer Einsatz zu Ende. Es sei eine ganz tolle Redaktion gewesen, beschreibt Rybak seine Zeit bei der Zeitung, für die er fast 13 Jahre gearbeitet hat. Seine eigene Zukunft ist bislang ungeklärt.

Dass er künftig weiter als Kriegsreporter arbeiten wird, glaubt der Familienvater nicht. Die Wahrscheinlichkeit so einen Job zu bekommen, sei eher gering, sagt er. Trotzdem schaut er zuversichtlich in die Zukunft: "Irgendwie werde ich mich schon durchschlagen." Im Irak ist ihm das vor fast zehn Jahren gelungen. Damals allerdings noch mit der Schutzweste der "FTD".

Martin Motzkau