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Machtverschiebung im Zeitungsreich: Wie SWMH zerschlagen wurde

Machtverschiebung im Zeitungsreich: Wie SWMH zerschlagen wurde Horst Röper (Foto: IMAGO / Future Image)

Was der Umbau für Stuttgarter Zeitung, Süddeutsche Zeitung und den Pressemarkt bedeutet. Publishing-Experte Horst Röper im Interview zum SWMH-Deal.

Stuttgart – Die Nachricht Ende Mai kam überraschend und war doch von langer Hand geplant: Die Aufspaltung der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) sortiert die Machtverhältnisse in einem der größten und bislang undurchsichtigsten Presseverbünde neu. Als Sieger gehen die Neue Pressegesellschaft Ulm und die Medien Union aus Ludwigshafen vom Platz. Für die einstigen SWMH-Flaggschiffe in Stuttgart, aber auch für den bisherigen Prestigetitel Süddeutsche Zeitung brechen dagegen noch unsicherere Zeiten an. Und die am Verbund beteiligten kleinen Verlage sind sauer, wie kress pro, das Magazin für Führungskräfte in Medien, in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. 

 

Die SWMH ist schwerpunktmäßig in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, aber auch in Nordbayern und Ostdeutschland im Regionalzeitungsgeschäft aktiv. Dazu kommt seit 2008 die Süddeutsche als einziges überregionales Blatt. Die Gesellschafterstruktur der SWMH ist komplex: Die eine Hälfte der Anteile an der SWMH hält die Medien Union (Rheinpfalz) der Familie Schaub. Die andere Hälfte gehört nominell der Gruppe Württembergischer Verleger (GWV). Hier ist wiederum die Neue Pressegesellschaft Ulm (NPG) der Familie Ebner (Südwest Presse) zwar nur mit 12,5 Prozent beteiligt, hat aber trotzdem das Sagen. Denn es gibt zwar mehr als 30 weitere beteiligte kleinere Verlage, doch viele von ihnen haben meist nur Mini-Anteile von weniger als einem Prozent.

 

Wie kress pro berichtet, sollen die kleinen Mitgesellschafter der GWV beim Deal aber außen vorgelassen worden sein, was nun zu entsprechend schlechter Stimmung führe. Zwar habe die NPG den GWV-Mitgliedern angeboten, sich an der NPG zu beteiligen. Diese Anteile sollen laut kress pro aber so teuer sein, dass es wohl kaum zu einer Beteiligung kommt – was auch das wahre Ziel der NPG sei.

 

Der Verlagsexperte Horst Röper hat über Jahrzehnte mit seinem Formatt-Institut die Entwicklungen in der deutschen Zeitungslandschaft kritisch begleitet. Im Interview mit dem KNA-Mediendienst analysiert er den SWMH-Deal und dessen überraschend schnelle Freigabe durch das Bundeskartellamt.

 

Hat Sie die schnelle Freigabe des SWMH-Deals durch das Bundeskartellamt gewundert?

Horst Röper: In der Tat hat mich das überrascht, was zeigt, dass die ganze Maßnahme wahrscheinlich von langer Hand geplant und das Kartellamt vorab informiert war, sodass sie es offenbar schnell geregelt bekommen haben.

 

Kartellamtspräsident Andreas Mundt hat in der Pressemitteilung zur Entscheidung allerdings auch sehr deutlich sein Missfallen geäußert und erklärt, das Ganze sei natürlich wettbewerbsrechtlich problematisch, dem Kartellamt seien aber die Hände gebunden. Ist dem so?

Ja, aber das ist nicht neu, sondern liegt an den Regelungen, die der Bundestag bei der letzten Novelle des Kartellrechts eingeführt und damit das Bundeskartellamt in Teilen zu einem zahnlosen Tiger gemacht hat. Mundt hat das auch damals schon in der parlamentarischen Beratung dieser Novelle des Kartellgesetzes klar gemacht.

 

Heißt das im Umkehrschluss, das hochgelobte besondere Kartellrecht für die Presse nützt bei der laufenden Konsolidierung im deutschen Zeitungsmarkt eigentlich gar nichts mehr?

Ganz so weit würde ich nicht gehen, aber der Fall zeigt exemplarisch, dass diese Grenzen zu weit gesteckt sind. Hier meine ich vor allem den gemeinsamen Umsatz, den Verlage, die an einer solchen Fusion beteiligt sind, erreichen müssen: Die 20 Millionen Euro sind für die lokalen Zeitungsmärkte, mit denen wir es in Deutschland hauptsächlich zu tun haben, sehr hoch. Und daran scheitert dann eben auch das Bundeskartellamt und bleibt außen vor.

 

Im konkreten Fall ging es darum, dass die Südwest Presse eine ihrer Lokalausgaben, die in Horb erscheinende Neckar Chronik, im Vorfeld an einen Dritten verkauft hat. Ähnlich war es 2024 bei der Übernahme der Sächsischen Zeitung aus Dresden durch den Madsack-Konzern. Auch hier verkaufte Madsack im Zuge der Fusion zwei kleinere Titel. Steht da nicht immer der Verdacht im Raum, dass es sich eher um Strohmann-Geschäfte handelt?

Bei der Neckar Chronik müsste man sich die Hintergründe genauer angucken. Aber generell teile ich die Einschätzung, dass wir es hier oft mit Strohmann-Geschäften zu tun haben. Da gibt es ja eine lange Tradition im deutschen Zeitungsmarkt – der WAZ- und heutige Funke-Konzern hat sich dieses Instruments oft bedient. Der Verdacht ergibt sich auch bei der Neckar Chronik, weil es dort um ein sehr lokales Geschäft geht und dieser Verkauf dann auch noch sehr schnell zustande gekommen ist. Das spricht aus meiner Sicht nicht gerade dafür, dass da wirklich ein Unternehmer mit eigenständigem Interesse dahintersteckt.

 

Wer profitiert denn jetzt vom Umbau der SWMH?

Die beiden Großen, die immer schon in der SWMH das Sagen hatten, haben den Laden jetzt unter sich aufgeteilt. Das sind zum einen die Neue Pressegesellschaft Ulm mit der Südwest Presse, also die Familie Ebner und ihre Miteigner. Ebner ist zwar nominell gar nicht so stark, aber die in der Gruppe Württembergischer Verleger zusammengeschlossenen kleinen Verlage, die neben Ebner an der NPG beteiligt sind, sind viel zu schwach. Viele von ihnen kritisieren jetzt ja auch offenbar den Deal. Und auf der anderen Seite steht die Medien Union Ludwigshafen der Familie Schaub mit der Rheinpfalz.

 

Und was unter dem alten Namen SWMH übrig bleibt, müsste eigentlich Südostdeutsche Medienholding heißen. Denn da verbleiben ja nur die Süddeutsche Zeitung aus München und die Verlagsgruppe Coburg-Hof-Suhl mit ihren Titeln in Nordbayern und Südthüringen. Macht dieser Verbund überhaupt Sinn? Und warum lassen Schaub und Ebner die Süddeutsche ziehen, die sie als Prestigeobjekt 2008 für angeblich rund 700 Millionen Euro sehr teuer eingekauft hatten?

Gute Frage! Letztlich haben wir es hier mit einem anderen Geschäftsprinzip zu tun. Die Ebner-Gruppe hat sich immer stark auf Baden-Württemberg und vor allem auf Regionalzeitungen orientiert. Da passte die Süddeutsche Zeitung nie wirklich rein. Und der Verbund aus Süddeutscher und den kleinen Zeitungen im Nordbayerischen und in Thüringen macht natürlich auch nicht viel Sinn.

 

Und was wird aus Stuttgart? Hier war eigentlich immer die SWMH-Zentrale. Doch nun sieht es ja so aus, als spiele die Musik demnächst in Ulm …

Stuttgart spielt natürlich nicht mehr die große, überragende Rolle, die Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten zusammen mal gehabt haben. Aber der Abbau der Eigenständigkeit der beiden Titel ist ja längst vollzogen – verbunden mit erheblichem Personalabbau. Dazu kam spätestens seit dem Kauf der Süddeutschen ein schleichender Bedeutungsverlust. Jetzt geht es letztlich nur noch um die verbliebenen Teile der Hauptredaktion in Stuttgart. Da werden innerhalb der Neue-Pressegesellschaft-Gruppe nicht weiterhin zwei Hauptredaktionen agieren. Das haben wir bei anderen Unternehmen ähnlicher Größenordnung auch erlebt: Die leisten sich keine zwei Hauptredaktionen und damit zwei unterschiedliche Titel – da wird zusammengelegt.

 

Das wäre also der Vorteil für Ebner und Ulm. Was hat Schaub von dem ganzen Deal?

Die wirtschaftliche Lage bei Schaub ist weiterhin ausgezeichnet. Mit der alten SWMH ist die Medien Union ja nie wirklich glücklich geworden, weil es da immer eine große Gruppe von Miteignern gab, die ihnen vielleicht nicht feindlich, aber doch eher skeptisch gegenüberstand. Die Medien Union ist kerngesund und neben dem Regionalzeitungsgeschäft auch schon immer im Fachzeitschriftenbereich sehr stark. Der leidet längst nicht so wie der klassische Tageszeitungsmarkt – und hier bekommen sie jetzt das ganze Portfolio des Süddeutschen Verlags dazu. Sie haben sich sozusagen Rosinen herausgepickt.

Interview: Steffen Grimberg, Leiter KNA-Mediendienst

 

Thomas Schaub und Florian Ebner haben die Südwestdeutsche Medienholding zerschlagen. Die kleinen Anteilseigner wurden dabei übergangen. Wie das Ganze ablief, was vom Konzern übrig bleibt und was die Neuordnung für die „Süddeutsche Zeitung“ heißt. Sieben Fragen und sieben Antworten.

Zur Geschichte

 

Must-Reads im aktuellen „kress pro“:

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  • Die Erfolgsstory von Zetland: Das dänische Medienunternehmen verdient mit Audioinhalten Geld und erreicht viele junge Menschen.
  • Mit KI das Neugeschäft ankurbeln: Um kleineren Werbetreibenden den Einstieg zu erleichtern, generiert Radio Gong mit dem „Ad Maker“ KI-gestützt Werbespots.
  • Der große Toolreport 2025: Mit welchen digitalen Tools und Dienstleistern wichtige Medienhäuser arbeiten und was sie empfehlen.
  • „Kein anderes regionales Medienhaus ist so aufgestellt wie wir“: Bezahlinhalte allein reichen nicht, sagt DuMont-COO Oliver Eckert. Er will die Regionalmedien daher zu einer Plattform mit starken Communitys weiterentwickeln.