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Mediengipfel in Lech: Qualitätsmedien stehen vor großen Umwälzungen

Oscar Bronner, Herausgeber der Tagsezeitung "Der Standard", warnte in seiner Eröffnungsrede zum zweitägigen Kongress, dass bisherige Qualitätsmodelle in Zukunft möglicherweise nicht mehr finanzierbar wären.

Lech - Eine Runde internationaler und österreichischer Medienmacher diskutierte Donnerstagabend zum Auftakt des Mediengipfels in Lech die Zukunftsperspektiven des Qualitätsjournalismus.

Hat Qualitätsjournalismus in den USA, in Europa und Österreich Zukunft? Diese Frage diskutierte in Lech unter der Leitung von "Standard"-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid ein prominentes Podium - Oscar Bronner ("Der Standard"), Andreas Pfeifer (ORF), Peter Kropsch (APA), Hermann Petz (Moser Holding), Erna Cuesta (ATV), Birol Kilic ("Neue Welt") und Carl Eduard Meyer (news aktuell). Bronner bekannte in seinem Prolog zur Diskussion, dass die Medienbranche vor großen Umwälzungen stehe. Qualitätsmedien seien künftig immer schwerer finanzierbar, da einerseits die Weltwirtschaftskrise zu den extremsten und schnellsten Einbrüchen am Anzeigenmarkt geführt hätte und andererseits das Internet herkömmliche Modelle immer stärker unter Druck bringe.

Oscar Bronner, Herausgeber der Tagsezeitung "Der Standard", warnte in seiner Eröffnungsrede zum zweitägigen Kongress, dass bisherige Qualitätsmodelle in Zukunft möglicherweise nicht mehr finanzierbar wären. "Kein Medium kann beispielsweise bei der Geschwindigkeit mit dem Internet mithalten. Der praktisch kostenlose Zugang ist gerade für junge Menschen eine große Verlockung, es wird ähnlich wie im TV gezappt im Internet vorwiegend gescrollt, der Zugang zu Information ist schier grenzenlos." Sehr schnell entstehe dabei der "teuflische Eindruck" man sei informiert. "Allerdings", so Bronner, "bleibe ich optimistisch, denn man entdeckt rasch, dass dieser Eindruck oftmals täuscht." Gerade Qualitätszeitungen hätten gegenüber dem Internet viele Vorteile. Die Zeitung sei immer griffbereit, könne dem Leser reflektierte Inhalte und relevante Informationen anbieten. Allerdings steige der Kostendruck enorm, Qualität zu finanzieren würde immer schwieriger. "Sparen allein wird zu wenig sein", zeigte sich Bronner in Lech überzeugt. "Die Verleger werden sich trauen müssen, die Zeitungen teurer zu machen."

Auch Peter Kropsch, Geschäftsführer der Austria Presse Agentur (APA), betonte, dass auch Nachrichtenagenturen weltweit auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen seien. Damit wolle man den zentralen Basisdienst - die unabhängige redaktionelle Leistung - weiterhin auf gesunder wirtschaftlicher Basis leisten.

Andreas Pfeifer, Ressortleiter Außenpolitik im ORF, betonte, dass der Kampf um Qualität angesichts notwendiger Sparprogramme täglich zu führen sei. "Die Glaubwürdigkeit ist dabei unser größtes Kapital. Wir versuchen täglich die Komplexität aktueller Vorgänge verständlich darzustellen, um notwendigen gesellschaftlichen Konsens als Basis für den Diskurs zu ermöglichen. Die zunehmende Fragmentierung der Gesellschaft weckt zunehmend den Wunsch nach sozialer Orientierung. Und am Ende dieser Prozesse vertraut man Menschen und nicht den virtuellen Informationen, die nicht überprüfbar sind."

Erna Cuesta, Kulturedakteurin von ATV, betonte ebenso, dass Fernsehen glaubhafte Leitfiguren anbieten müsse. Sie warnte vor der Trägheit insbesondere von öffentlich rechtlichen Anstalten. Man könne auch kostengünstiger Qualitätsinhalte anbieten, die in Summe gerade vor dem Hintergrund der Informationsexplosion zunehmende Bedeutung hätten.

Carl Eduard Meyer, Geschäftsführer von news aktuell, betonte, dass klassische Medien mit den Möglichkeiten des Internets rasch zusammenwachsen müssten. Wenn Modelle wie Google klassische Nachrichtensysteme unter Druck brächten, dann brauche es rasch intelligente Antworten. "Wir müssen schnell lernen, die Vorteile der einzelnen Medien zu erkennen und diese zu bündeln. Print und Online müssen zusammengeführt werden."

Hermann Petz, Vorstandsvorsitzender der Moser Holding, bekannte sich zum Qualitätsjournalismus, um den Menschen Orientierung in einer zunehmend komplizierteren Welt anzubieten. Journalisten würden den permanenten Nachrichtenstrom selektieren, interpretieren und analysieren. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, dass Qualität auch im Lokalzeitungsbereich hochgehalten werde.

Birol Kilic, ein in Wien lebender Auslandskorrespondent türkischer Abstammung, warnte einerseits davor, dass aufgrund des großen Arbeitsdrucks immer öfter Informationen ungefragt übernommen würden und andererseits davor, dass Lobbyismus und unabhängiger Journalismus auf demokratiepolitisch notwendigem Abstand bleiben.

Die Diskussion kann ab sofort im Live Stream on Demand auf www.pressezone.at angesehen werden..