Vermischtes
AFP

Mehr als 80 Journalisten seit 1993 in Russland ermordet

Ranghohe Tschetschenen hinter Mord an Politkowskaja vermutet.

Moskau (AFP) - In den vergangenen 14 Jahren sind nach Schätzungen des Internationalen Journalistenverbands (IFJ) mehr als 80 Journalisten in Russland wegen ihrer Berichterstattung ermordet worden. Bei mehr als 80 von den 289 Journalisten, die seit 1993 in Russland getötet wurden, gebe es einen direkten Zusammenhang mit ihrer Arbeit, sagte IFJ-Rechercheur John Crowfoot am Montag zum Auftakt der einwöchigen Konferenz des Verbands in Moskau. Crowfoot hatte die Daten zu den Toden gemeinsam mit der Stiftung zur Verteidigung von Glasnost und dem Komitee für Journalismus in außergewöhnlichen Situationen zusammengetragen.

Die Schätzungen liegen wesentlich höher als die Zahlen des New Yorker Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ), das 44 Morde an kritischen Journalisten seit 1991 auflistet. Allerdings rechnet Crowfoot auch die Fälle mit ein, bei denen ein Zusammenhang mit der Berichterstattung angenommen wird, aber nicht eindeutig bewiesen ist. Der IFJ hatte sein Projekt nach der Ermordung der russischen Kreml-Kritikerin Anna Politkowskaja im vergangenen Oktober begonnen. Deren früherer Chefredakteur Dmitrij Muratow sagte auf der Tagung, er befürchte, die Ermittlungen litten zunehmend unter "politischem Druck".

Ähnliche Befürchtungen äußerte auch der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung Nowaja Gaseta, Sergej Sokolow. Deren Reporter Wjatscheslaw Ismaijlow, der für das Blatt die Hintergründe von Politkowskajas Ermordung recherchiert, ist davon überzeugt, dass der Mord von zwei ranghohen tschetschenischen Vertretern in Auftrag gegeben wurde. Um die Reporter zu schützen, bis ihre Recherche abgeschlossen ist, nannte das Blatt noch keine Namen, vertraute sie aber der BBC, der französischen Zeitung Libération sowie dem CPJ an.

Politkowskaja war eine der letzten unabhängigen Journalisten, die noch über den Tschetschenien-Konflikt berichteten und sich dabei nicht davor scheuten, schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen der russischen Behörden und ihrer verbündeten Milizen anzuprangern.