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Mexikanisches Drogenkartell feilt an seiner PR-Strategie

Verbrechersyndikate haben naturgemäß ein Imageproblem. Um das Bild seines Drogenkartells zu verbessern, lässt sich ein mexikanischer Gangsterboss von Journalisten beraten. Die Reporter sagen, sie seien zu dem Treffen gezwungen worden. Geld nahmen sie trotzdem.

Mexiko-Stadt (dpa) - Der Verbrecherboss war verzweifelt. Jahrelang war sein Drogenkartell "Los Caballeros Templarios" tief in der Gesellschaft des mexikanischen Bundesstaats Michoacán verwurzelt. Im Herbst 2013 schlug die Stimmung allerdings um. Schwerbewaffnete Bürgerwehren befreiten Dorf für Dorf von den selbst ernannten Tempelrittern, und immer mehr Menschen wandten sich von den Kriminellen ab. Also musste professionelle Unterstützung her.

Wie ein am Montag veröffentlichtes Video zeigt, traf sich der Drogenhändler Servando Gómez Martínez alias "La Tuta" Ende vergangenen Jahres mit zwei Journalisten, um über die Öffentlichkeitsarbeit der "Caballeros Templarios" zu diskutieren. Das Image des Verbrechersyndikats hätte damals nicht schlechter sein können: Seine Kämpfer zogen marodierend durch ihre Hochburg Michoacán, pressten selbst Kleinbauern hohe Schutzgeldzahlungen ab und vergewaltigten Frauen und Mädchen.

Die Selbstverteidigungsgruppen hingegen ernteten Applaus und wurden zeitweise selbst von den staatlichen Sicherheitskräften geduldet. Nun wollte der Kartell-Boss von dem Korrespondenten des größten mexikanischen Fernsehsenders Televisa, Eliseo Caballero, und dem Besitzer der Nachrichtenagentur Esquema, José Luis Díaz Pérez, wissen, wie er den Kampf um die Köpfe und Herzen der Menschen gewinnen könne.

Ein Video von dem Treffen wurde jetzt dem Radiosender MVS zugespielt. In dem 25-minütigen Film sind die drei Männer zu sehen, wie sie an einem Tisch sitzen und über mögliche PR-Strategien des Kartells beraten. Am Ende gibt "La Tuta" den Journalisten Geld. Nach der Veröffentlichung des Videos suspendierte Televisa Caballero vorübergehend vom Dienst.

Die Bürgerwehren betrieben eine sehr offene Medienpolitik, analysieren die Journalisten. Beispielsweise würden sie Reporter auf ihre Patrouillen mitnehmen. Eine solche Strategie komme für die Tempelritter allerdings nicht infrage, da sie dabei möglicherweise ihre Verstecke preisgeben würden.

Das Kartell müsse deshalb einen anderen Ansatz verfolgen, sagt Fernsehjournalist Caballero in dem Video. "Du brauchst eine Presse-Strategie, um zu verhindern, dass (die Bürgerwehren) das öffentliche Bild beherrschen. Verbreitet Botschaften, schickt E-Mails, schickt Fotos - was auch immer." Wenig später fädelte der Televisa-Korrespondent offenbar ein Interview des US-Senders Mundo Fox mit "La Tuta" ein, das im Dezember 2013 ausgestrahlt wurde.

Der Chef der Tempelritter ist der Medienstar unter den mexikanischen Capos. Im Gegensatz zu anderen Drogenbossen, die die Öffentlichkeit scheuen und von denen es kaum aktuelle Fotos gibt, taucht Gómez Martínez immer wieder in Videos im Internet auf. Darin stellt er sein Verbrechersyndikat als eine Schutztruppe für die einfachen Leute dar. "Wir sind Diener", sagt er in einem Video. "Wir kämpfen für die Interessen der Menschen von Michoacán."

Das Bild von der gottesfürchtigen Schutztruppe ließ sich Ende vergangenen Jahres aber nicht mehr länger aufrechterhalten, also suchte "La Tuta" den Rat von Experten. Im Interview des Radiosenders MVS räumten Caballero und Díaz Pérez ein, sich mit dem Kartell-Chef getroffen zu haben. Allerdings seien sie gezwungen worden. "Solchen Leuten "Nein" zu sagen, ist schwierig", sagte Caballero. "Es ist nicht leicht, in so einer Situation zu sein." Er habe Angst gehabt, sagt Díaz Pérez.

Ihren Geschäftssinn verloren die beiden Journalisten allerdings auch gegenüber einem der gefährlichsten Männer des Landes nicht. Am Ende des Treffens bat Caballero "La Tuta" um Kameras im Wert von 6000 US-Dollar, Díaz Pérez wollte von dem Kartell-Chef einen Geländewagen.