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Newsroom – Marc Bartl

Muss der „Spiegel“ den „Nannen Preis“ für seine Reichelt-Enthüllung zurückgeben?

Muss der „Spiegel“ den „Nannen Preis“ für seine Reichelt-Enthüllung zurückgeben? Ex-Bild-Chef Julian Reichelt

Vor zwei Wochen hat der „Stern“ berichtet, dass Chatprotokolle Zweifel an den Aussagen einer Hauptquelle des „Spiegel“ im Fall Reichelt aufzeigen. Die Recherchen sind inzwischen Thema beim „Stern Preis“, ehemals „Nannen Preis“.

Berlin – Im vergangenen Jahr hatte der Beirat des „Stern Preises“, ehemals „Nannen Preis“, die „Spiegel“-Enthüllung „Warum Julian Reichelt gehen musste“ als „Geschichte des Jahres“ ausgezeichnet. Insgesamt acht Autoren freuten sich über die renommierte Auszeichnung. In die Geschichte waren auch die Recherchen des Ippen-Investigativteams eingeflossen, weil Verleger Dirk Ippen eine Publikation der Vorwürfe gegen den ehemaligen „Bild“-Chef Julian Reichelt abgelehnt hatte.

 

Reichelt hatte damals im Vorfeld einen Brief an das Wettbewerbsteam des stern Preises geschickt, in dem er schwere Vorwürfe erhob.

 

Kürzlich hat nun der „Stern“ Chat-Verläufe veröffentlicht, die aus Sicht der Autoren ein neues Licht auf die Reichelt-Affäre werfen. Die Chatnachrichten, auf die sich die „Stern“-Autoren Uli Rauss und Johannes Röhrig beziehen, sollen Julian Reichelt und eine Kollegin 2018 ausgetauscht haben. „Sie geben neue Einblicke in die Affäre rund um Sex und Macht an der Spitze des Boulevardblattes. Einige Chats lassen Zweifel an den bisher erhobenen Vorwürfen aufkommen“, teasten Rauss und Röhrig ihre brisante Stern Plus-Story an.

 

„Der ,Stern‘-Beirat beobachtet und prüft das“, teilte nun eine Sprecherin dazu mit. Die Geschichte entwickele sich – man wolle nicht zu vorschnellen Urteilen kommen, hieß es weiter.

 

„kress pro“ hatte bereits im Juli 2022 über Zweifel an der ausgezeichneten „Spiegel“-Geschichte berichtet, weil bereits damals Chatprotokolle Zweifel an den belastenden Aussagen der „Spiegel“-Quelle geweckt hatten und handwerkliche Schwächen aufgefallen waren.

 

Es gibt in der Vergangenheit einen Präzedenzfall. Im Jahr 2011 hatte die Jury des Nannen-Preises dem „Spiegel“-Redakteur René Pfister den renommierten Reportagepreis aberkannt. Der Journalist hatte in seinem Text über den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer eine Szene im Keller des Ferienhauses des Politikers geschildert, in der eine Spielzeugeisenbahn eine Rolle spielt. Dieses szenische Element war zwar authentisch, Pfister selbst hatte sie aber nicht selbst gesehen, sondern sie war ihm nur geschildert worden.