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Nach dem Abpfiff: Bayern München bevorzugt - Warum ARD und ZDF ihre Aufgabe verfehlen

Wird der FC Bayern München bei der Berichterstattung in Deutschlands Medien bevorzugt? Für Newsroom.de-Autor Ole Heinrich steht fest, dass ARD und ZDF mit dem Verein von Schweinsteiger und Lahm sympathisieren. Eine Herzensangelegenheit.

Dortmund - In einem Gastbeitrag für Newsroom.de analysiert Ole Heinrich, dass Borussia Dortmund trotz Trainer Jürgen Klopp gegen die mediale Übermacht von Bayern München nicht ankommt, die Öffentlichkeitsarbeit vom BVB sei weiterhin eine Ein-Mann-Show und ganz auf den Dortmunder Sympathieträger zugeschnitten.

Für Ole Heinrich ist es ein Fehler, dass der BVB beispielsweise noch immer keinen Dortmunder Fußballkommentator bei ARD oder ZDF etablieren konnte.

 

Unser Autor Ole Heinrich kritisiert die Begeisterung vieler Medien für den FC Bayern München. Vereinen wie Borussia Dortmund fehle die mediale Lobby, so Fußball-Experte Heinrich. Foto: NEWSROOM

 

 

Die Bundesligasaison 2013/2014 ist abgeschlossen. Das Pokalfinale ist entschieden. Zeit, sich noch einmal vor der Weltmeisterschaft in Brasilien mit dem journalistischen Abschluss der Bundesligasaison zu beschäftigen. Der BVB scheint sich als zweite Konstante der Liga zu etablieren, aber was spielt das aus journalistischer Sicht für eine Rolle?

Einen tiefen Einblick gab dabei eher ungewollt die Berichterstattung der ARD vom Pokalfinale am vergangenen Samstag.

Zuerst soll hier aber noch einmal auf einen in der breiteren Öffentlichkeit leider weniger beachteten Artikel von Peter Ahrens und Maximilian Rau zum Konflikt zwischen Jürgen Klopp und dem ZDF-Moderator Jochen Breyer nach der Champions League Niederlage gegen Real Madrid verwiesen werden, der allein schon in der Vielzahl der Berichte und Kommentare untergehen musste.

Beachtlicherweise wurden hier tatsächlich mal die Kollegen in Form der ZDF-Sportredaktion hinterfragt, die den neuen Weg der begleitenden Berichterstattung weg von der Spielanalyse à la Netzer/Delling hin zum lockeren Talk mit ehemaligen Bayernstars, wie den „Werbe-Titan“ Oliver Kahn oder Mehmet Scholl, Spieler und bis 2013 angestellter Trainer des FC Bayern (also teilweise parallel zur Co-Moderation bei der ARD).

Vorbei die Zeit der eher unbekannten Kommentatoren, die kompetent, unterhaltsam und fußballbegeistert neuen Wind in die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender gebracht haben, wie Urs Mayer mit Jürgen Klopp (damals Trainer in Mainz, führte dabei vermutlich das vorher dort unbekannte Wort „überragend“ in die Sportberichterstattung ein).

Ein lobenswerter, kritischer Spiegel-Online-Bericht, der nicht in das Horn des Kollegenschutzes blies, der einen Interviewpartner, der nicht richtig „funktionieren“ will, gleich als schlechten Verlierer abkanzelt.

Was hat dies nun mit der ARD-Berichterstattung vom vergangenen Samstag zu tun?

Diese brachte die ganze Situation im deutschen Fußball noch einmal auf den vermeintlichen Höhepunkt. Der Emporkömmling BVB wagte es, die Pokalfeier des FCB in Frage zu stellen.

Gleichzeitig sicherte sich die Presse mit der in Fragestellung des ganzen Pep/Bayern-Spielsystems in den Tagen zuvor für eine drohende Niederlage ab. Schließlich ist man ja neutral!

Im Laufe des Spiels löste sich die Haltung aber schnell auf. Kommentator Steffen Simon („kein hochklassiges Spiel“) sprach bereits beim 0:0 mehrfach von dem 17. Titel der Bayern, korrigierte dies im Laufe des Spiels zwischenzeitlich auch mal in „möglichen“ Titel. Der BVB interessierte dabei nicht (es wäre der 4. gewesen). Überhaupt ging es im Wesentlichen um den FC Bayern.

Die Leistung der Dortmunder wurde der Vollständigkeit halber ab und an nebenbei ergänzt. Und dann noch die vielen Ausfälle der Bayern. Auch diese fanden natürlich ausgiebige Erwähnung; dass dem BVB mindestens ähnlich viele Stützen bereits seit Beginn der Saison abhanden gekommen sind war eher nebensächlich. Dem Kommentator Simon muss man dabei keine Parteilichkeit unterstellen, viel mehr aber eine Fixierung auf den FC Bayern.

Der Höhepunkt war daher das nicht gegebene Tor, genauer die Reaktionen darauf.

Schnell legte sich der Kommentator der ARD auf ein Tor fest. Mehmet Scholl hingegen wich der Frage geschickt aus, die ihm nicht unmittelbar sondern erst später gestellt wurde und wies nur darauf hin, dass Mats Hummels im Abseits stand. Eine Aussage, die die ARD erst nach der Niederlage korrigierte. Ein ähnliches Verhalten konnte auch regelmäßig von Oliver Kahn bei Champions-League-Spielen des BVB feststellen. Möglichst kein Lob verteilen, strittige Schiedsrichterentscheide verteidigen und den FC Bayern erwähnen - das scheint zuweilen die Aufgabe des Oliver Kahn zu sein.

Was heißt das jetzt für die beiden Mannschaften?

Der BVB musste feststellen, dass er zwar sportlich recht nah an die Bayern herangekommen ist, in Sachen Einfluss auf die Presse doch noch Welten zwischen dem Ruhrgebietsverein und dem FC Bayern liegen. So konnte der BVB bis heute weder einen ehemaligen Dortmund-Star für sich in der Öffentlichkeit wirklich etablieren (möglich zum Beispiel Jürgen Kohler, Andreas Möller und Stefan Reuter) noch von kleineren Co-Moderationen von Dortmundern auch als bekennende ehemalige Dortmunder profitieren (wie Patrick Owomoyela oder Jens Lehmann). Es gibt also keine öffentliche Unterstützung von dieser Seite.

Ohnehin ist die Öffentlichkeitsarbeit eher eine Ein-Mann-Schau von Jürgen Klopp. Eine Rolle, die er wie kein zweiter ausfüllt.

Bei jedem Disput über die Presse mit dem FC Bayern wurde aber nicht nur eingefleischten Dortmund-Fans schnell klar, das reicht nicht aus.

Während die Bayern den BVB mit bekannten Personen des Vereins und vereinsnahen ehemaligen Spielern angreifen konnten, um sich danach sofort aus der Diskussion zurückziehen, stand Klopp mehr oder weniger alleine da.

Zusätzlich kann sich der BVB auch kaum der Loyalität der überregionalen Presse sicher sein. Aufgrund der hohen Vereinsdichte in Nordrhein-Westfalen ist diese stets um äußerste Neutralität bemüht. Selbst wenn es gegen einen nicht westdeutschen Verein geht. Der WDR-Radio-Bericht am Abend nach der Pokalniederlage erwähnte Ergebnis und Spielzeit samt Torschützen. Dazu kam ein Kommentar von Jogi Löw, der den FC Bayern als verdienten Sieger erwähnte. Kein Kommentar zum BVB, den Jogi Löw ja auch machte, keine Erwähnung des nicht gegebenen regulären Treffers, der immerhin zum Sieg gereicht hätte.

Es gibt also neben dem Spielfeld noch sehr viel zu tun für den BVB.

Für den Pressesprecher Sascha Fligge, ehemaliger Redakteur der Ruhrnachrichten, eine kaum lösbare Aufgabe.

Vielleicht gelingt es dem Verein ja mal einen ehemaligen Spieler wie in Zukunft beispielsweise Sebastian Kehl als inoffiziellen Markenbotschafter in den Medien zu platzieren anstatt ihn als X-ten Jugendtrainer umzuschulen. Und natürlich läuft nichts ohne den sportlichen Erfolg mit weiterhin attraktivem Fußball.

Der FC Bayern hingegen hat seine Hausaufgaben seit je her gemacht und ist hier seiner Konkurrenz einfach um Klassen voraus. Unverblümt beschwert sich Karl-Heinz Rummenigge im Haussender Sport1, dass Mats Hummels im Abseits gestanden hätte, obwohl zu diesem Zeitpunkt diese Auffasung eigentlich schon unzweifelhaft zu Gunsten des BVB geklärt worden ist. Dazu kein Einwand der Sport1-Redaktion. Diese Medienbeherrschung ist natürlich auch das Ergebnis eines konstanten sportlichen Erfolgs.

Und was heißt dies für den Journalismus? Die neutrale Berichterstattung ist, wie schon von Peter Ahrens und Maximilian Rau erkannt, überraschenderweise nicht bei den öffentlich-rechtlichen Programmen zu suchen, sondern tatsächlich beim privaten Fernsehen. Man erinnere sich an den Aufschrei und Argumentationen nachdem die Sportschau ihre TV-Rechte zum ersten Mal an einen privaten Sender verloren haben. Aus heutiger Sicht kann klar gesagt werden: ARD und ZDF verfehlen klar ihre Aufgabe!

Ole Heinrich

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