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Nach Wahlergebnissen Appell an Werbungtreibende: „Zieht Budget von sozialen Plattformen ab“

Nach Wahlergebnissen Appell an Werbungtreibende: „Zieht Budget von sozialen Plattformen ab“ Carsten Dorn (Foto: Score Media Group/Falco Peters Photography)

Carsten Dorn vom zentralen Vermarkter der wichtigsten Regional­zeitungen, reagiert auf die jüngsten Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen. Im Interview fordert Dorn: „Wir alle müssen in größeren Zusammen­hängen und Wert­schöpfungs­ketten denken – und auch entsprechend handeln.“

Berlin – Carsten Dorn, nimmt im Gespräch mit Peter Turi Media­agenturen, Werbung­treibende und Medien in die Verantwortung für eine funktionierende plurale Gesellschaft. Dorn leitet seit 2018 Score Media, mit mehr als 400 Tages­zeitungs­titeln und deren Portalen und E-Paper-Angeboten einer der größten Cross­media-Vermarkter in Deutschland. Auszug aus dem Auftaktinterview der „Themenwoche Zeitungen“ von Peter Turi:

 

… Was bedeutet es für die Gesellschaft und die Branche, dass Ost­deutschland rechts­außen wählt?
Carsten Dorn: Das ist natürlich keine gute Entwicklung, weder für unsere Gesellschaft noch für unsere Demokratie. Für die Branche wünsche ich mir, dass ein Ruck durch alle Beteiligten geht. Wir alle haben hier Verantwortung. Media­agenturen und Werbung­treibende können ihren Beitrag leisten, indem sie Teile ihrer Media­budgets von der ein oder anderen sozialen Platt­form abziehen und in nationale Medien geben. Wir haben in Deutschland eine Vielzahl an Qualitäts­medien mit marken­sicheren und wirkungs­vollen Umfeldern – auch digital.

 

Welche Verantwortung haben die Medien?
Der Job der Medien ist es, mit ausgewogener und valider Bericht­erstattung die Menschen zu informieren, aufzuklären und Dinge einzuordnen. Dazu braucht es eine solide finanzielle Grund­lage. Wir sind hier alle gefordert. Es ist wie mit dem stationären Geschäft ums Eck: Wenn keiner einkaufen geht und beispiels­weise nur digital shoppt, wird der lokale Handel Pleite gehen und die Innen­städte entsprechend ihr Gesicht verändern. Wir alle müssen in größeren Zusammen­hängen und Wert­schöpfungs­ketten denken – und auch entsprechend handeln.

 

Es fällt auf, dass da, wo Rechts­außen-Parteien gewählt werden, weniger Zeitungen gelesen werden, also auch in Teilen von Ost­deutschland. Sehen Sie auch diesen Zusammenhang?
Dieser Zusammen­hang ist wissenschaftlich mehrfach belegt. Erst im Früh­jahr dieses Jahres ist Maxim Flößer, ein freier Redakteur beim SWR, in seiner Master­arbeit für die Uni Stuttgart der Frage nach­gegangen, ob Menschen in Nachrichten­wüsten – also in Gemeinden ohne Lokal­zeitung – in Baden-Württemberg stärker für die AfD stimmen. Das ernüchternde Ergebnis: In Gemeinden ohne Lokal­zeitung erzielte die AfD durch­schnittlich 1,6 Prozent­punkte mehr als in Gemeinden mit mindestens einer Lokal­zeitung. Ich kann die Studie nur jedem zur Lektüre empfehlen.

 

Was war zuerst das: die Politik­verdrossenheit oder die Zeitungs­abstinenz?
Der Zusammen­hang steht außer Frage, Henne-Ei lässt sich hier aber nicht klar bestimmen. Die Politik­verdrossenheit hat sicherlich ein sehr viel­schichtiges Ursachen­geflecht. Die Themen werden komplexer, die Probleme und Heraus­forderungen größer. Die Flüchtlings­wellen, die Corona-Jahre, der Ukraine­krieg, die ungelösten Energie­fragen, die zunehmenden Wetter­extreme verunsichern sehr, während die Politik weder klare Antworten noch schnelle Lösungen hat. Natürlich kann es die in vielen Bereichen auch nicht geben. Mehr Klarheit in der Stoß­richtung und auch mehr Einigkeit der regierenden Parteien wären aber mehr als wünschens­wert. Das alles schafft Unmut und Zukunfts­angst, die sich im Social Web ungefiltert entladen.

 

Was kann man dagegen tun?
Wir dürfen nicht müde werden, die Menschen für Qualitäts­journalismus zu begeistern, ihnen den Wert bewusst machen. Hier sind sicher auch Einrichtungen wie Schule und Unis, aber auch Arbeit­geber gefragt. Der Zugang zu Qualitäts­medien muss nieder­schwellig sein, die Medien-Kosten dürfen die Gesellschaft nicht spalten. Und Werbung­treibende müssen jene Medien unter­stützen, die genau diese Funktion erfüllen. Das passiert natürlich alles auch schon.

 

Im kompletten Interview mit Peter Turi verrät Carsten Dorn auch, welche Anzeigensegmente den Zeitungsverlegern und -vermarktern Freude machen und was Score Media konkret tut, damit Zeitungen als Werbe­träger attraktiv bleiben. Hier geht es zu allen Artikeln aus der Themenwoche Zeitungen.