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Newsroom – Wolfgang Messner, Markus Wiegand

Neue Machtverhältnisse beim „Spiegel“: Warum Steffen Klusmann aufpassen muss

Neue Machtverhältnisse beim „Spiegel“: Warum Steffen Klusmann aufpassen muss Markus Brauck

Was Wirtschaftschef Markus Brauck (Foto) fordert.

Hamburg –Bei der mächtigen Mitarbeiter-KG des „Spiegel“ haben neue Köpfe wie Wirtschaftschef Markus Brauck (Foto) das Sagen. Was Brauck jetzt von „Spiegel“-Chefredakteur Steffen Klusmann fordert und erwartet.

 

Auszug aus dem aktuellen „kress pro“:

Es gehört zu den Eigenarten des „Spiegel“, dass die MitarbeiterKG die Mehrheit am Unternehmen hält (50,5 Prozent). Damit kommt es regelmäßig zu der kuriosen Situation, dass ein „Spiegel“-Redakteur gleichzeitig der Untergebene des Chefredakteurs und sein Vorgesetzter ist.

 

Nach den Wahlen der Mitarbeiter-KG hat Markus Brauck die schizophrene Rolle inne. Der Wirtschaftschef wurde neben Katrin Elger von der Redaktion ins fünfköpfige Führungsgremium gewählt und teilt sich die Rolle des Vorsitzenden mit Carsten Türke, der stellvertretender Personalleiter ist und von den Verlagsmitarbeitern gewählt wurde. Manuel Wessinghage (Verlag) und Anika Zeller (Dokumentation) komplettieren das einflussreiche Gremium.

 

Markus Brauck wird als einer der Chefs der Wirtschaftsredaktion des „Spiegel“ kein enges, aber ein intaktes Verhältnis zu Chefredakteur Steffen Klusmann nachgesagt. Auf dieser Grundlage setzen beide ihre Zusammenarbeit nun auch in der neuen Konstellation fort. Dabei verbindet sie eine wichtige Gemeinsamkeit: Beide haben ein Interesse, dass nach dem Sparkurs im Coronajahr wieder in journalistisches Personal investiert wird. Schließlich sorgen Inhalte im umkämpften Digitalmarkt für Abos. Gerade auf der Verlagsseite der KG ist das derzeit nicht unbedingt Konsens.

 

Der 50-jährige Brauck hat in seinem Wahlkampf den bisherigen KG-Geschäftsführer und Ex-Betriebsratschef Michael Fröhlingsdorf ausgestochen, indem er den Finger in die Wunde gelegt und für mehr Qualität bei den Inhalten geworben hat: „Ökonomisch haben wir uns zum ersten Mal seit Langem wieder Spielräume zurückerobert, und das war wichtig, um unsere Unabhängigkeit nicht zu gefährden – aber der Preis dafür ist hoch, und vermutlich werden wir erst in den kommenden Jahren sehen, wie hoch. Das Sparprogramm und die ständige Arbeitsverdichtung setzen der Redaktion zu“, schrieb Brauck in seiner Kandidatenvorstellung. Darin definierte er auch ziemlich klar, welchen Wunsch er an die Chefredaktion hat: „Sie muss das Beste der Spiegel-Online- und der Heftkultur zu einer zukunftsfähigen Kultur zusammenbringen, deren Leitbild der Respekt vor der journalistischen Leistung sein muss. Sie muss zudem genauer definieren, was das Unverzichtbare und Unvergleichliche am ,Spiegel' ist – auf allen Kanälen. Wir können nicht gleichzeitig ein bisschen ,Stern‘, ein bisschen ,Zeit‘, ein bisschen ,Bild‘ und ein bisschen ,SZ‘ sein.“

 

Die Chefredaktion um Steffen Klusmann muss aufpassen, nicht in einen Gegensatz zur Mitarbeiter-KG als Hauptgesellschafterin zu geraten. Wie schnell das beim „Spiegel“ manchmal gehen kann, musste Klusmanns Vorgänger Klaus Brinkbäumer erfahren, der „kress pro“ nach seinem Abgang als Chefredakteur erstaunlich unverblümt sagte, wie die Machtverhältnisse beim Nachrichtenmagazin so liegen: „Manche KG-Geschäftsführer und in Wahrheit sogar die meisten stillen Gesellschafter fühlen sich bei allen Fragen mächtig und kompetent, auch wenn sie Letzteres, wer weiß, womöglich nicht bei jedem Thema sind. In der KG werden dann auch noch persönliche Kränkungen aufgearbeitet und individuelle Karrieresprünge vorbereitet. So etwas kann für kein Unternehmen der Welt gesund sein.“

 

Derzeit deutet allerdings wenig auf Zwist beim „Spiegel“ hin. Wirtschaftlich läuft es gut und durch den Transfer des Recherche-Duos Frederik Obermaier und Bastian Obermayer von der „Süddeutschen“ hat der „Spiegel“ seine Investigativkompetenz deutlich gestärkt.

 

Die Titelthemen im aktuellen „kress pro“:

  • Wie Heise wächst und wächst: Verleger Ansgar Heise führt einen Hidden Champion der deutschen Medienszene. In den vergangenen zehn Jahren hat er den Umsatz fast verdoppelt.
  • Ranking: Zeitung, Zeitschrift, Digital – die besten Redaktionssysteme.
  • Newsletter-Strategie: Wie die „Badische Zeitung“ mit ihren personalisierten Inhalten schon 150.000 Abonnenten erreicht.